Management

Serviceorientierung in der Apotheke

Mit individuellen Servicewelten "Wow"-Effekte erzielen

Exzellenter Service, der zum Alleinstellungsmerkmal führt und den Kunden begeistert: Das ist oft der einzige Weg, um sich vom Wettbewerb zu differenzieren. Es genügt jedoch nicht, eine einzige Servicestrategie zu etablieren und zu leben. Vielmehr ist es notwendig, bei dem einen Kunden durch emotionale Serviceerlebnisse Vertrauen aufzubauen, beim nächsten das Bedürfnis nach Fürsorge zu beachten und beim dritten schließlich mit extravaganten und fantasievollen Ideen zu überzeugen.

Nutzen, Qualität, Service: Sicherlich gibt es bei jedem der drei großen Bereiche einer kundenorientierten Vorgehensweise Aspekte, die von allen Kunden gleich empfunden werden. Wenn der Apotheker und sein Team zum Beispiel einen Bringservice per Autorkurier "frei Haus" anbieten, erwartet der Kunde die zeitnahe und pünktliche Lieferung der richtigen Medikamente. Überdies jedoch gibt es auf Kundenseite durchaus auch unterschiedliche Erwartungen:

  • Während sich der eine Kunde darüber freut, Zeit gespart zu haben, weil er sich nun nicht selbst ins Auto setzen muss, um die drei Kilometer zur Apotheke zu fahren,

  • erlebt der andere Kunde einen "glücklichen" Moment, weil er die frei werdende Zeit nutzen kann, um Besorgungen zu erledigen, Freizeit zu verleben oder sich um die kranken Kinder zu kümmern.

Diese verschiedenen Serviceerwartungen kann der Apotheker nutzen, um seine Angebote kundenorientiert anzupreisen: "Unser Kurierdienst hilft Ihnen, Zeit zu sparen" oder "Unser Kurierdienst trägt dazu bei, Ihr Leben zu vereinfachen". Entscheidend aber ist: Bezogen auf die fünf Servicewelten (siehe Infokasten) sollte der Apotheker den Nutzen ein und desselben Serviceangebotes kundenspezifisch vermarkten.

Individuelle Serviceoasen einrichten

Wie lassen sich für jeden der Kundentypen spezifische Servicewelten kreieren? Dazu ein Beispiel:

  • Das Apothekenteam richtet im Frei- und Sichtwahlbereich einen Handverkaufsaufsteller ein, in dem Produkte unter dem "Sicherheits- und Fürsorgeaspekt" angeboten werden. Dort findet der Kunde etwa Produkte, mit denen er Krankheiten in exotischen Urlaubsländern vorbeugen kann.

  • Ein anderes Display wird genutzt, um Produkte anzubieten, die sich mit dem Servicebereich "Kraft und Energie" beschäftigen. Hier findet der interessierte Kunde das Pulsmessgerät und andere Produkte, mit denen er an seiner Fitness arbeiten kann.

  • Und warum sollte der Apotheker nicht eine Ecke mit Produkten einrichten, die der Kunde als Geschenk für gute Freunde nutzen kann, etwa die exklusive Hautcreme?

Fantasie und Kreativität sind gefragt. Wenn der Apotheker zum Beispiel mit dem benachbarten Wellness-Anbieter kooperiert, kann er als besonderen Service in der Servicewelt "Power & VIP Services – Ziel: Kraft und Energie" Wellness-Gutscheine für Stammkunden anbieten, also für Very Important Persons. Der Kooperationspartner wiederum empfiehlt die Apotheke an seine Kunden oder legt pharmazeutische Produkte aus. So werden aus Dienstleistungswüsten Serviceoasen.

Besondere Ereignisse nutzen

Selbstverständlich muss der Apotheker sein begrenztes Raumangebot berücksichtigen. Er kann wahrscheinlich nicht permanent und kontinuierlich alle Servicewelten einrichten und nicht alle Zielgruppen zugleich mit Serviceangeboten verwöhnen. Dies bietet sich jedoch auf Aktionswochen an, wenn zum Beispiel im Rahmen des Stadtfestes umfangreichere Services präsentiert werden können, bei denen es sich lohnt, den damit verbundenen höheren Aufwand zu betreiben.

Hinzu kommt: Der Apotheker organisiert in seiner Apotheke Serviceschwerpunkte im wöchentlichen oder monatlichen Wechsel. Konkret: Während die eine Woche ganz im Zeichen der Servicewelt "Easy Services – Ziel: Erleichterung und Vereinfachung" steht, geht es in der nächsten Woche um Serviceleistungen, die zum Ziel haben, im Kunden Glücksgefühle zu wecken, und inspirierend wirken sollen ("Happy & Inspiring Services").

Wissen über Stammkunden für Serviceprozesse

Der Aufwand, der mit der Kreation jener Servicewelten verbunden ist, lohnt sich insbesondere bei einem Stammkunden: Diesem wird etwas angeboten, von dem das Apothekenteam weiß, dass es ihm aufgrund seiner Mentalität einen hohen Nutzen bringen wird. Dies sollte bei einem Stammkunden, zu dem in aller Regel bereits eine intensive Beziehung aufgebaut werden konnte, durchaus möglich sein.

Aufgrund der lang anhaltenden Kundenbeziehung ist die Wahrscheinlichkeit groß, dass die Stammkunden schon einmal an einer Kundenbefragung teilgenommen haben. Und darum sind in der Datenbank der Apotheke Informationen vorhanden, die eine Einschätzung erlauben, zu welchem Servicetyp ein Stammkunde gehört. Und natürlich kennen der Apotheker und seine Mitarbeiter ihre langjährigen Kunden gut genug, um einschätzen zu können, welche kundenorientierte Servicestrategie zu deren jeweiligem Persönlichkeitsprofil passt.

Kreative und innovative Serviceprozesse implementieren

Bei der Ausgestaltung der Servicewelten können Apotheker und Team nun sehr individuell vorgehen: Die langjährige Kundin Frau Müller etwa kann noch enger an die Apotheke gebunden werden, indem das Team das Vertrauensverhältnis im Beschwerdefall verbessert. Dazu übernimmt ein Apothekenmitarbeiter die Aufgabe, die Kundin per E-Mail über den aktuellen Stand der Beschwerde auf dem Laufenden zu halten. Die Kundin tummelt sich gerne und viel im Netz – das ist in der Kundenkartei vermerkt und darum allen Apothekenmitarbeitern bekannt.

Weiteres Beispiel: Im Gespräch mit dem Kunden, von dem bekannt ist, dass er ein dominantes Wesen hat, nutzt der Apotheker stets kurze und klare Formulierungen. Zudem stellt er das Ergebnis sowie die Effektivität seiner pharmazeutischen Dienstleistungen in den Vordergrund. Er argumentiert logisch und präzise, kommt schnell auf den Punkt und untermauert Aussagen mit Belegen und Beweisen.

Besonderes Service-Bonbon: Der Apotheker bietet dem Kunden an, ihn zu einem bestimmten Thema mit den neuesten Informationen zu versorgen. Ist der Kunde ein begeisterter Jogger, schickt er ihm die Info zu, dass ein neues Pulsmessgerät auf den Markt kommt, das von der Stiftung Warentest sehr gut bewertet worden ist. Dies kommt dem Dominanzstreben des Kunden entgegen und gibt ihm das Gefühl, etwas Besonderes zu sein.

Und den eher sicherheitsorientierten Kunden begeistert das Team schließlich mit Bonusprogrammen und "Rundum-Sorglos-Paketen", während es den preisbewussten Kunden über Sonderangebote informiert.


Die fünf großen Servicewelten


Es lassen sich die folgenden Servicewelten unterscheiden:

  • Happy & Inspiring Services – die Serviceleistungen haben zum Ziel, im Kunden Glücksgefühle zu wecken und sollen inspirierend wirken

  • Power & VIP Services – Ziel: Kraft und Energie
  • Easy Services – Ziel: Erleichterung und Vereinfachung
  • Care Services – Ziel: Fürsorge und Sicherheit
  • Trust Services – Ziel: Vertrauen und Sympathie

Fazit

Es lohnt sich, den Kunden nicht nur so viel Service wie möglich zu bieten, sondern die entsprechenden Angebote kundenindividuell zu gestalten.


Dr. Michael Madel, freier Autor und Kommunikationsberater



AZ 2012, Nr. 8, S. 6

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