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- AZ 49/2012
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Gesundheitspolitik
Spahn weist Lobby-Vorwürfe zurück
Politikberatung mit Max Müller
Spahn bestätigte dem "Focus", er sei von 2006 bis 2010 stiller Teilhaber der Firma "Politas" gewesen, einem Unternehmen, das Kunden unterschiedlicher Branchen berät, wie sie gute Kontakte zur Politik pflegen können. Gegründet hatte sie Spahn gemeinsam mit seinem Freund Markus Jasper, seinerzeit zugleich sein Büroleiter. Die Informationen, die Spahn dem "Focus" zukommen ließ, hat Spahn auch auf seiner Webseite veröffentlicht. Darin nicht erwähnt ist allerdings Max Müller, laut "Focus" bei der Politas-Gründung der Dritte im Bunde. Sein Name lässt Apotheker stutzig werden. Müller ging 2008 zu Celesio und leitete vier Jahre das Berliner Büro – bis letzten April.
2008 war auch das Jahr, in dem es in der Gesundheitspolitik ein großes Apotheken-Thema gab: Wird das Fremd- und Mehrbesitzverbot in Deutschland Bestand haben? Die Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs wurde mit Spannung erwartet – Spahn gehörte zu jenen Politikern, die meinten, man müsse sich für den Fall, dass die Verbote kippen, vorbereiten. Er wollte kein "Wildwest" im Kettensystem haben, sondern den bestehenden Apotheken die Chance geben, in diesem Wettbewerb zu bestehen, so Spahn damals. Auch bei einem Celesio-Symposium im Februar 2008 waren solche Worte von Spahn zu hören. Kurz darauf stieg sein Geschäftspartner Müller offiziell in die Lobbyarbeit bei Celesio ein.
Spahn selbst kehrte "Politas" im Mai 2010 den Rücken – das Unternehmen wurde damals mangels Erfolg verkauft. Seit November 2009 war er bereits gesundheitspolitischer Sprecher seiner Fraktion. Heute erklärt Spahn, er habe seinem langjährigen Freund und Mitarbeiter Jasper seinerzeit bei der Finanzierung des Unternehmens und seinen Bemühungen, in die Selbstständigkeit zu treten, helfen wollen. Dabei habe er äußerst großen Wert darauf gelegt, dass im Auftritt nach innen und außen klar zwischen beiden Tätigkeiten Jaspers unterschieden werde. Da Spahn lediglich als Treuhänder beteiligt war, tauchte er daher auch nicht offiziell als Eigentümer der Gesellschaft auf. Allerdings hatte er eine 25-Prozent-Beteiligung bis zu seinem Ausscheiden. Spahn unterstrich schon gegenüber dem "Focus": "Einen Interessenskonflikt hat es zu keinem Zeitpunkt gegeben." Auf seiner Webseite räumt er nun allerdings ein: "Bei der Zusage im Jahr 2006, einen Freund zu unterstützen, habe ich mir über mögliche Folgen und die öffentliche Wirkung nicht ausreichend Gedanken gemacht. Heute würde ich anders handeln."
Auch gegenüber der AZ betonte Spahn seine Unabhängigkeit. In die operative Arbeit der Gesellschaft sei er "zu keinem Zeitpunkt eingebunden" gewesen. Alleine die finanzielle Hilfe für einen seiner engsten Freunde könne hier Anlass zu Spekulationen bieten. Aber Spahn sieht sich in keinem Gewissenskonflikt: "Meine politische Arbeit ist durch Abstimmungen, Initiativen, Gesetze und Anträge für jeden Bürger in diesem Land unmissverständlich nachvollziehbar" sagte er der AZ. "Ich positioniere mich aus eigener Überzeugung und nach ausführlichen Gesprächen mit allen Beteiligten. Gerade die Apotheker sollten das wissen, denn wir pflegen ja seit Jahren einen offenen, wenngleich in Teilen auch mal konstruktiv-kritischen Dialog".
Schon immer gegen Fremd- und Mehrbesitz?
Was die Zusammenarbeit mit Müller betrifft, hält sich Spahn bedeckter. Allerdings will er sich nicht vorhalten lassen, 2008 ein besonders offenes Ohr für Celesio gehabt zu haben. Fritz Oesterle, damaliger Chef des Pharmahandelskonzerns, war seinerzeit fest überzeugt, bald werde es Apothekenketten in Deutschland geben – und warb hierfür auch in der Politik. Spahn betont nun, dass er sich sowohl in der Vergangenheit als auch jüngst mehrfach für das Beibehalten des Fremd- und Mehrbesitzverbotes ausgesprochen habe. Die seinerzeitige Debatte sei geprägt gewesen von der anstehenden Entscheidung des Europäischen Gerichtshofes. Dementsprechend habe er im Vorfeld dafür geworben, sich auf alle Szenarien vorzubereiten – das gehöre für ihn zu einer verantwortungsvollen Politik. Heute zeigt er sich erleichtert: "Dank des eindeutigen Urteils war eine weitere Debatte über alternative Szenarien aber nicht mehr notwendig. Und ich sage dazu auch – zum Glück!"
Auch wenn sich Spahn auf der sicheren Seite fühlt – in der SPD-Fraktion sieht man seine frühere Nebentätigkeit kritisch. Fraktions-Geschäftsführer Oppermann erklärte: "Man kann nicht gleichzeitig Obmann und Lobbyist sein." Der Fall Spahn sei auch ein Musterbeispiel, warum eine Verschärfung der Transparenzrichtlinien nötig sei. Keine Aussage trifft Oppermann zum SPD-Abgeordneten Carsten Schneider, Sprecher des Seeheimer Kreises in der SPD-Bundestagsfraktion. Auch ihm wird im "Focus" vorgehalten, sein Expertenwissen früher entgeltlich zur Verfügung gestellt zu haben.
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