Recht

Auch "wissend klingende" Eigendiagnose ist kritisch zu bewerten

(bü). Deutet ein Patient (der von Beruf Rettungssanitäter ist) die starken Schmerzen auf seiner linken Körperseite als eingeklemmten Nerv, und glaubt der ihn untersuchende Orthopäde dem "selbstbewusst und sachkundig" auftretenden Mann, ohne ihn an einen Facharzt zu verweisen, so muss der Arzt den Angehörigen des Mannes Schadenersatz leisten, wenn der drei Stunden nach dem Praxisbesuch zu Hause mit einem Herzinfarkt zusammenbricht und stirbt. Der Arzt hat eine wichtige weitere Untersuchung unterlassen, so dass es sich um einen Behandlungsfehler handele. Er hätte den – wenn auch selbstbewusst vorgetragenen – Eigenbefund sorgfältiger prüfen müssen. Stellt sich heraus, dass der Patient den Infarkt wohl überlebt hätte, wenn der Orthopäde einen Internisten hinzugezogen hätte, so seien die Angehörigen zu entschädigen.

(Über die Höhe muss die Vorinstanz entscheiden – eine Geldstrafe wegen fahrlässiger Tötung in Höhe von 90 Tagessätzen ist gegen den Arzt bereits verhängt worden.)


(OLG Koblenz, 5 U 857/11)



AZ 2012, Nr. 39, S. 4

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