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Gesundheitspolitik
Honorar: Zeichen stehen auf Streik
Als Reaktion auf die Abfuhr bei Bundesgesundheitsminister Daniel Bahr (FDP) kündigte der Vorsitzende des Landesapothekerverbandes Baden-Württemberg (LAV) und DAV-Chef, Fritz Becker, Warnstreiks in den Apotheken des Landes an. Magdalene Linz, Kammerpräsidentin in Niedersachsen, lehnt Apothekerstreiks hingegen ab.
"Bereits in wenigen Tagen soll es zu Warnstreiks kommen", so der LAV letzten Donnerstag. Becker schloss auch länger andauernde Arbeitsniederlegungen nicht aus: "Sollte den Apothekern keine adäquate Honoraranpassung zugestanden werden, dann wird bei uns eine Urabstimmung durchgeführt, ob gestreikt werden soll." Nach dem erfolglosen Gespräch im BMG am vergangenen Mittwoch sagte Becker: "Wir sind mehr als enttäuscht." Die Antwort werde nun aus den Apotheken kommen. "Die Basis ist wütend und bodenlos enttäuscht und in ganz Deutschland gleichermaßen betroffen", so Becker.
Linz lehnt dagegen Streikmaßnahmen ab: "Ein kompletter Streik wäre kontraproduktiv: Wir müssen die Menschen auf unser Problem aufmerksam machen, aber wir dürfen sie nicht gegen uns in Stellung bringen." Sie könne zwar "den Aufruhr unter den Kollegen absolut nachvollziehen", aber "mit wem wollen Sie denn ins Gespräch kommen, wenn Sie die Apotheken schließen?", fragt Linz.
Unterdessen gestaltet sich die interne Abstimmung in der Bundesregierung weiterhin wegen des Widerstandes des Bundesfinanzministeriums (BMF) schwierig. Ein für letzten Freitag angesetztes Gespräch auf Staatssekretärebene wurde kurzfristig vom Bundeswirtschaftsministerium abgesagt, weil das BMF keinen Staatssekretär, sondern "nur" einen Abteilungsleiter ohne Prokura schicken wollte. Damit zieht sich das Verfahren der Ressortabstimmung in diese Woche.
LAV-Chef Becker begründete den Streikaufruf damit, dass die beteiligten Ministerien trotz solider Datenlage und trotz intensiver Gesprächsführung keinen akzeptablen Entwurf für eine auskömmliche Honorierung vorgelegt hätten. Der Verband fordere gemeinsam mit der ABDA für die etwa 21.300 selbstständigen Apothekerinnen und Apotheker mit ihren rund 148.000 Mitarbeitern eine Honorarerhöhung von etwa einem Euro pro verordnetem Arzneimittel.
Becker erklärte, die Zeit für eine deutliche Honorarerhöhung der Apotheken sei längst überfällig: "Was wir zur Erfüllung unseres Sicherstellungsauftrags brauchen, das muss uns das System auch zugestehen. Ein Angebot, mit dem nach über acht Jahren nicht einmal die Inflation ausgeglichen wird, ist für uns definitiv nicht akzeptabel." Becker forderte die beteiligten Ministerien auf, den derzeitigen Entwurf schnell nachzubessern. "Wir drehen hier keine rhetorischen Schleifen. Nun ist Zeit, Farbe zu bekennen, ob die Politik die ortsnahe Apotheke will oder nicht", so Becker mit Blick auf die anhaltende Welle von Apothekenschließungen in Deutschland.
Hessen fragt Streikbereitschaft ab
Wie es um die Streikbereitschaft der Apotheker tatsächlich bestellt ist, wollen Kammer und Verband in Hessen genau wissen. Sie haben an alle Apothekenleiter des Landes einen Fragebogen verschickt. Bis Mittwoch sollen die "Lieben Kolleginnen und Kollegen" antworten, ob sie bereit zu Kampfmaßnahmen sind: "Wir möchten von Ihnen wissen, ob bzw. welche Maßnahmen je nach Ausgang der Verhandlungen aus Ihrer Sicht ergriffen werden sollten. Nur wenn sich eine breite Mehrheit der hessischen Apotheker dazu bereit erklärt, entsprechende Aktivitäten zu unterstützen, ist es sinnvoll, diese ggf. auch vorzubereiten", schreiben Kammer und Verband. Auswählen können die Apotheker zwischen verschiedenen Optionen: Nur der Apothekenleiter macht einen Tag Dienst, einen Tag nur Dienst durch die Notdienstklappe, eine Großdemonstration an zentralem Ort oder eine Unterschriften-/Protestaktion bei den Kunden.
Abwarten will zunächst die Apothekengewerkschaft Adexa: Sie will sich Demonstrationen und anderen Maßnahmen anschließen, falls die laufenden Abfragen eine klare und breite Protestbereitschaft der Apothekenleiter ergeben. Darüber haben ABDA-Präsident Heinz-Günter Wolf und Adexa-Vorsitzende Barbara Neusetzer bei einem Gespräch am vergangenen Donnerstag Einvernehmen erzielt. "Unglücklich" ist Adexa allerdings, dass im Zusammenhang mit Protestmaßnahmen gegen die geplante Honorarerhöhung um 25 Cent der Begriff "Streik" verwendet wird. Der Begriff Streik sei für Tarifauseinandersetzungen zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern reserviert und darum handele es sich hier nicht, hieß es.
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