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- AZ 33/2012
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Gesundheitspolitik
Protest gegen 25-Cent-Vorschlag in Kiel
Die Aktion wurde von der Apothekerkammer und dem Apothekerverband Schleswig-Holstein gemeinsam veranstaltet. "Das ist keine Demo, sondern eine Kundgebung", sagte Dr. Thomas Friedrich, Geschäftsführer des Apothekerverbandes Schleswig-Holstein, um die Zahl der Teilnehmer zu erklären. Mehr Protestteilnehmer waren bei einer Vorlaufzeit von einem Tag wohl auch kaum zu erwarten. Doch es sollte schnell gehen, bald nach den Hintergrundgesprächen in der vorangegangenen Woche und immerhin noch zwei Tage vor dem Ende der Stellungnahmefrist für das Vorschlagspapier des Bundeswirtschaftsministeriums. "Wir wollen ein deutliches Zeichen nach innen und nach außen setzen", erklärte Gerd Ehmen, Präsident der Apothekerkammer Schleswig-Holstein. Die vorgeschlagene Erhöhung um 25 Cent sei auch ein Affront gegen die meist weiblichen Mitarbeiter der Apotheken. Außerdem passe dies nicht zu den Belastungen durch die neue Apothekenbetriebsordnung, die dauerhaft finanziert werden müssten.
Lage der Apotheken
In der anschließenden Pressekonferenz mit dem Titel "Almosen oder Lobbygeschenk?" erläuterten Vertreter der Apothekerkammer und des Apothekerverbandes die Hintergründe des Protests. Es passe nicht zum apothekerlichen Selbstverständnis, auf die Straße zu gehen, das müsse schon gute Gründe haben, erklärte Ehmen. Die gleichen Politiker, die mehr Qualität fordern, könnten den Apotheken nicht die dafür nötigen Mittel bereitstellen. Doch es gehe nicht nur um das Portemonnaie, sondern auch um die Versorgung, erklärte Ehmen. Er sehe die gesundheitliche Versorgung in der Fläche insgesamt in Gefahr.
Dr. Peter Froese, Vorsitzender des Apothekerverbandes, erläuterte die vielfältigen Belastungen, denen Apotheken als normale Wirtschaftsbetriebe ausgesetzt sind. "Wir sind nicht in einem Schutzbereich", so Froese. Hinzu kämen die Belastungen durch die Rabattverträge und andere bürokratische Erschwernisse. "Die Bürokratie verleidet uns im täglichen Einsatz oft die Freude am Beruf," erklärte Froese. Publikumsgerecht wurden die Zusammenhänge in einem "Spiel" veranschaulicht, das die Belastungen seit der Einführung des Festaufschlages im Jahr 2004 nachzeichnet. Alle diese Belastungen hätten die Apotheken ohne Ausgleich verkraften müssen. Nun würden weniger als 3 Cent pro Jahr als Ausgleich angeboten. "Dies ist nicht einmal ein Viertel dessen, was wir brauchen", so Froese. Schon jetzt würden etwa 30 Prozent der Apothekenleiter nicht einmal so viel verdienen wie ein angestellter Apotheker. Etwa 50 bis 70 der gut 700 Apotheken in Schleswig-Holstein würden sogar rote Zahlen schreiben und die Zahl dieser Apotheken entwickle sich "mit rasant steigender Tendenz", so Froese.
Diskussion mit der Presse
In der Pressekonferenz verwies ein Journalist auf das Argument der Krankenkassen, diese hätten nicht die Aufgabe, Strukturveränderungen zu finanzieren. Dazu entgegnete Froese, angesichts vieler Probleme in der Arzneimittelversorgung hätten die Kassen durchaus Strukturverantwortung. Sie hätten auch eine Verantwortung, die ordnungsgemäße Arzneimittelversorgung sicherzustellen und weiterzuentwickeln.
Auf die Frage, was die Apotheker tun würden, wenn es bei den 25 Cent bleibe, antwortete Ehmen, die Apotheker müssten deutlich am Ball bleiben, dürften es aber nicht übertreiben. Die Apotheker sollten es nicht so weit treiben, dass es zulasten der Bevölkerung gehe. Ehmen forderte eine sachliche Debatte und erklärte: "Sachlich bleiben heißt deutlich werden, nicht immer freundlich."
Im Land für den Bund
Die Aktion in Kiel wird durch Material für die Apotheken in Schleswig-Holstein unterstützt. Die Apotheken haben Plakate mit dem Kampagnenmotiv und Flyer mit dem "Spiel" zur Erläuterung der Belastungen für Apotheken erhalten. Damit engagieren sich die Apotheker in Schleswig-Holstein deutlich für das bundesweit relevante Ziel einer besseren Honorierung. Doch bei der Pressekonferenz erklärte Froese, dass auch in anderen Bundesländern eigene Aktionen stattfinden. Er nannte Bayern und Hessen, die als Flächenländer ebenfalls besonders von Versorgungsproblemen bedroht seien.
Die ABDA hatte dagegen bisher mehr auf Gespräche im Hintergrund gesetzt. Vonseiten der Organisatoren in Kiel hieß es dazu, die ABDA sei keineswegs gegen solche Aktionen in den Ländern. Ehmen machte gegenüber der AZ deutlich: "Die Länder haben mehr Freiheiten." So zeichnet sich wohl bei den ABDA-Mitgliedsorganisationen zwischen Landes- und Bundesebene die neue Diktion ab, dass auf Landesebene deutlichere Signale gesetzt werden können als in Berlin.
AZ 2012, Nr. 33-34, S. 1
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