Gesundheitspolitik

Rezeptdatenhandel: Staatsanwaltschaft ermittelt

Verdacht von Verstößen gegen das Bundesdatenschutzgesetz

BERLIN (lk). Wegen des Verdachts von Verstößen gegen das Bundesdatenschutzgesetz im Zusammenhang mit dem Handel von Rezeptdaten ist jetzt die Staatsanwaltschaft München II aktiv geworden: "Wir ermitteln", bestätigte Oberstaatsanwalt Ken-Oliver Heidenreich gegenüber DAZ.online. Bislang hatten die Staatsanwälte die Aufnahme eines Ermittlungsverfahrens lediglich geprüft.

Vorwurf: Daten unverschlüsselt gesammelt

Nicht bekanntgeben wollte die Staatsanwaltschaft München II, gegen welche Personen die Untersuchungen angelaufen sind. Den Aktivitäten der Staatsanwaltschaft München II vorausgegangen waren mehrere Strafanzeigen. Laut Heidenreich beziehen sich die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft München II auf den Zeitraum "bis Mai 2010". In einem Fall untersucht die Staatsanwaltschaft wegen des Verdachts von Straftaten gemäß §§ 44 Abs. 1, 43 Abs. 2 Nr. 1 und 3 Bundesdatenschutzgesetz. Damit drohen dem Betroffenen Geld- oder Freiheitsstrafen bis zu zwei Jahren.

Im Februar hatte das Nachrichtenmagazin "Der Spiegel" über angebliche Verstöße gegen den Datenschutz bei der Firma Pharmafakt GFD, Gesellschaft für Datenverarbeitung mit Sitz in Karlsfeld, berichtet. Die Firma ist eine Tochtergesellschaft der Verrechnungsstelle Süddeutscher Apotheken (VSA). Gesellschafter von VSA und GFD sind die Apothekerverbände der Länder Bayern, Baden-Württemberg und Sachsen. Die Pharmafakt GFD wertet Rezeptdaten der Rechenzentren aus und verkauft das Ergebnis an die Pharmaindustrie – was rechtens ist, solange die Daten verschlüsselt verwendet werden.

Laut "Spiegel" sollen die Rezeptdaten aber in unverschlüsselter Form gesammelt und gespeichert worden sein. In einer Stellungnahme räumte VSA im Februar ein, dass unverschlüsselte Daten von der VSA an die GFD geflossen seien, und gab zu den Vorwürfen folgende Erklärung ab: "Der Wunsch nach einer unverschlüsselten und verschlüsselten Datenlieferung kam nicht von der VSA, sondern dem damaligen Geschäftsführer der GFD. Diesem Ansinnen ist die VSA aus zweierlei Gründen nachgekommen: Zum einen bestätigte uns der damalige GFD-Geschäftsführer, dass die Daten nicht zur Deanonymisierung verwendet würden. Zum anderen gingen wir zum damaligen Zeitpunkt – wie oben beschrieben – von der Rechtmäßigkeit der Datenverarbeitung aus. Wir stellen insbesondere klar, dass die GFD keine personenbezogenen Daten von Versicherten weitergegeben hat und damit der Versichertendatenschutz zu jeder Zeit voll gewährleistet war. Mit Gründung eines Trustcenters wurden sämtliche Prozesse bereits ab Sommer 2010 in Abstimmung mit Rechtsexperten und der Datenschutzbehörde auf den neuesten datenschutzrechtlichen Stand gebracht. Die VSA behält sich rechtliche Schritte gegen unwahre Behauptungen und Falschaussagen vor und wird jegliche Vorwürfe mit Nachdruck entkräften."

Auch Bayerische Datenschützer schalten sich ein

In die Untersuchung der Vorgänge hat sich inzwischen auch das Bayerische Landesamt für Datenschutz eingeschaltet. Wegen der damit verbundenen Maßnahmen sind auf dem Markt für Rezeptdaten bereits erhebliche Störungen und Einschränkungen aufgetreten.



AZ 2012, Nr. 29, S. 1

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