Gesundheitspolitik

Kein Null-Retax wegen fehlender Arztunterschrift

SG Hannover urteilt über Retaxations-Streitigkeiten

Berlin (jz/ks). Erfolg für einen Apotheker aus Niedersachsen: Krankenkassen dürfen Rezepte wegen einer fehlenden Arztunterschrift nicht endgültig retaxieren, wenn sie dem Willen des Vertragsarztes entsprechen. So entschied das Sozialgericht Hannover in einem aktuellen Urteil. Eine vorübergehende Beanstandung ist zwar zulässig – stellt sich im Rahmen des Beanstandungs- und Einspruchsverfahrens jedoch heraus, dass die Verordnung inhaltlich in Ordnung war und der Arzt nur versehentlich nicht unterschrieb, muss die Kasse zahlen. (Sozialgericht Hannover, Urteil vom 1. November 2011, Az. S 19 KR 362/10)

Geklagt hatte ein Apotheker aus Nienburg, dem die DAK-Gesundheit die Vergütung für ein von ihm beliefertes Rezept, bei dem die Arztunterschrift fehlte, vorenthielt. Auch nachdem er der Kasse eine Bestätigung der Arztpraxis und eine Erklärung des Versicherten, in der dieser den Erhalt der Infusionslösung bestätigte, zukommen ließ, weigerte sich die DAK-Gesundheit, zu zahlen. Eine nachträgliche Korrektur der Abrechnung könne nicht akzeptiert werden, so die Kasse.

Beanstandung: ja, Zahlungsverweigerung: nein

Die Hannoveraner Richter gaben dem klagenden Apotheker recht: Er habe einen Anspruch auf Zahlung des Vergütungsbetrages in Höhe von 2.639,29 Euro. Zwar sei die Kasse berechtigt gewesen, die wegen der fehlenden Arztunterschrift fehlerhafte Verordnung im Rahmen der Abrechnung zunächst zu beanstanden. Der zwischen den Parteien geltende Arzneiliefervertrag – abgeschlossen zwischen dem Verband der Angestellten-Krankenkassen und dem Deutschen Apothekerverband – berechtige zur Zurückweisung der Abrechnung, wenn sich auf der Verordnung keine ärztliche Unterschrift befinde.

Ein darüber hinausgehendes Zurückweisungsrecht eröffnet der Arzneiliefervertrag nach Auffassung der Sozialrichter jedoch nicht. Dabei berücksichtigte die Kammer auch, dass Vergütungsregelungen für eine routinemäßige Abwicklung von zahlreichen Behandlungs- und Leistungsfällen im Allgemeinen restriktiv anzuwenden sind – weil es andernfalls regelmäßig zu einer "mit den Erfordernissen einer Massenverwaltung nicht zu vereinbarenden Erschwerung des Abrechnungsverfahrens kommen könnte", so die Richter.

Im Falle einer fehlenden Arztunterschrift auf einer Verordnung sei ein erschwertes Abrechnungsverfahren jedoch nicht zu befürchten. Der Arzneiliefervertrag sehe selbst vor, dass die Krankenkasse die bei der Rechnungsprüfung der übersandten Verordnungsblätter aufgetretenen Unrichtigkeiten berichtigt und beanstandet. Auch andere Beweisschwierigkeiten bestünden nicht, dass der Apotheker im Laufe des Beanstandungsverfahrens die notwendigen Nachweise erbracht habe.



AZ 2012, Nr. 12, S. 2

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