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- DAZ 46/2011
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Aus Kammern und Verbänden
Die Basis rumort
Habe man im Herbst 2009 einer schwarz-gelben Gesundheitspolitik aufgrund des Koalitionsvertrages noch hoffnungsvoll entgegengesehen, seien die Apotheker mittlerweile "völlig desillusioniert und frustriert" ob der massiven Leistungskürzungen und Regulierungswut, sagte Lorenz. Es sei daher höchste Zeit, dass der Berufsstand vehement eine Korrektur des AMNOG fordert. Es könne und dürfe nicht sein, dass Apotheken zugunsten höherer Honorare für Ärzte, Kranken häuser und "munter ansteigen der" Verwaltungsausgaben der Krankenkassen finanziell "ausbluten". Die Bundesregierung müsse, wenn sie eine hochwerti ge, flächendeckende Arzneimittelversorgung will, für eine angemessene und leistungsgerech te Apothekenvergütung sorgen.
ApBetrO: Fördermaßnahme für Filialverbünde
Als Apotheker müsse man sich derzeit häufig fragen, was diese Regierung eigentlich antreibt, beklagte Lorenz. Seit ihrem Amtsantritt reihe sich "ein Affront gegen die Apotheker an den anderen". So hat sich die versammelte Apothekerschaft erst Anfang Oktober beim Deutschen Apothekertag in Düsseldorf in Anwesenheit von Gesundheitsstaatssekretärin Annette Widmann-Mauz (CDU) dezidiert gegen die Einführung der "Apotheke light" ausgesprochen. Dieser Wunsch sei jedoch ungehört verhallt – der Referentenentwurf für die neue Apothekenbetriebsordnung rüttle vielmehr "heftigst an den Grundfesten des deutschen Apotheken wesens".
Dass es künftig neben Hauptapotheken "gründlich abgespeckte Filialapotheken" geben soll, sei kein Entgegenkommen des Ministeriums, sondern eine "Fördermaßnahme für Filial verbünde". Auch dürfe es nicht sein, dass Vor-Ort-Apotheken und Versandapotheken unterschiedlichen Beratungspflichten unterliegen. Lorenz vermisst im Verordnungsentwurf auch eine Klarstellung zum Umgang mit den von der Bundesregierung "angeblich kritisch beäugten Pick-up-Stellen". Politiker von Union und FDP haben auf dem Deutschen Apothekertag zugesagt, den von der ABDA unterbreiteten Vorschlag zur Lösung dieses Problems (einen Genehmigungsvorbehalt mit Bedarfsprüfung) zu prüfen. "Das Resultat dieser Prüfung scheint im BMG noch nicht angekommen zu sein", so Lorenz.
Geteilte Meinungen beim Qualitätsmanagement
Die geplanten Regelungen zum Qualitätsmanagement begrüßte Lorenz. Der Entwurf schreibt eine generelle QM-Verpflichtung nicht vor. Lediglich Apotheker, die Defekturarzneimittel und parenterale Arzneimittel herstellen oder patientenindividuell verblistern, benötigen einen solchen Nachweis. Dies hält Lorenz für vertretbar, da nur ein Qualitätsmanagement ohne Zertifizierung mit regelmäßiger Selbstüberprüfung und der Teilnahme an externen Qualitätsprüfungen vorgesehen ist.
Die vom Deutschen Apothekerverband (DAV) vertretene Forderung, QM-Systeme allgemein verpflichtend einzuführen, teilt der Apothekerverband Brandenburg ausdrücklich nicht. Zwar seien nur sechs weitere Mitgliedsorganisationen des DAV der gleichen Meinung, "allerdings kann ich es nicht verstehen, wie die Mehrheit des eigenen Berufsstandes in dieser Zeit sich selbst weitere Kosten und Fesseln auferlegt", sagte Lorenz.
Positive Aspekte im Entwurf der ApBetrO
Positiv bewertete Lorenz das Abrücken des Bundesgesundheitsministeriums von der ursprünglich geplanten Freigabe der Rezeptsammelstellen. Diese werden weiterhin nur nach einer Bedarfsprüfung genehmigt. Und auch die Entscheidung des Ministeriums, Videoboxen ("CoBox") nicht als externen Raum einer Betriebsstätte anzusehen, begrüßte sie: "Potenzielle Nachahmer des gescheiterten Konzepts wird dies hoffentlich abschrecken."
Daneben zeigte sich Lorenz erfreut, dass das ABDA-KBV-Konzept ins Versorgungsstrukturgesetz aufgenommen werden soll. Damit rücke endlich auch die pharmazeutische Versorgung ins Blickfeld und nicht nur die ärztliche. Das Modell setzt auf eine verstärkte Zusammenarbeit zwischen Apotheker und Arzt und könnte den Krankenkassen laut ABDA und KBV jährlich etwa 2,1 Milliarden Euro Ersparnis bringen. Lorenz zeigte Verständnis für Apotheker, denen es angesichts der AMNOG-Folgen nicht leichtfällt, diesen Weg mitzugehen – jedoch sei es unstrittig, dass es nach dem AMNOG-Niederschlag mehr denn je darum gehe, nach "neuen Wegen zu fahnden, die pharmazeutische Verantwortung des Apothekers herauszustellen und dessen Arbeit auch angemessen zu honorieren", betonte Lorenz.
Hoffnung ruht jetzt auf Ministerpräsident Platzeck
Für den weiteren Werdegang der Apothekenbetriebsordnungs-Novelle setzt Lorenz ihre Hoffnung auch auf den brandenburgischen Ministerpräsidenten Matthias Platzeck (SPD): Bevor die Verordnung in Kraft treten kann – womit laut Lorenz nicht vor dem Frühsommer 2012 zu rechnen ist – müssen auch die Länder (d. h. der Bundesrat) dem Entwurf zustimmen. Während der jährlichen Gesprächsrunde mit den Mit gliedern des Landesverbandes der freien Berufe hat Lorenz bereits im September 2010 den brandenburgischen Ministerpräsidenten und den anwesenden Staatssekretär Dr. Heinrich-Daniel Rühmkorf (Die Linke) gebeten, auf die bevorstehende Novellierung ein "waches Auge" zu haben, um Liberalisierungsbestrebungen und Qualitätseinbußen zu verhindern. Durch eine "glückliche Fügung" trifft sich die diesjährige Gesprächsrunde am 15. November – Lorenz kann also die Anliegen der Apotheker zur ApBetrO-Novelle rechtzeitig vorbringen.
Frontalen Angriff gegen Politik führen
Der Unmut der Brandenburger Apotheker war in der Mitglieder versammlung deutlich zu spüren: In einer offenen Diskussion schlugen sie verschiedene Aktionen vor, um die Öffentlichkeit auf die tatsächliche wirtschaftliche Situation der Apotheker aufmerksam zu machen – denn viele hätten noch immer das Bild des "reichen Apothekers" im Kopf. Der Vorstand zeigte sich diesbezüglich sehr offen. Lorenz gab jedoch auch zu bedenken, dass man durch solche Aktionen nicht den Patienten treffen solle.
Auch zum Verhältnis zwischen ABDA und der Politik äußerten sich die anwesenden Apotheker äußerst kritisch: "Zur ABDA habe ich momentan kein Vertrauen mehr", sagte einer, und ein anderer meinte: "Wir müssen einen frontalen Angriff führen", denn das Verhältnis zwischen der ABDA-Führung und der Politik sei offenbar gebrochen. Lorenz verneinte dies, bezeichnete die derzeitige Beziehung allerdings als "gespannt". Sie vermutete, dies liege daran, dass die Apothekerschaft auf dem Apothekertag in Düsseldorf gegenüber den anwesenden Politikern zum ersten Mal "Tacheles" sprach und auch Forderungen stellte.
Retaxationen = Abzocke?
Die zunehmende Flut der Retaxationen wurde ebenfalls thematisiert. Äußert verärgert sprachen die Mitglieder von einer "Abzocke der Kassen". Schließlich hätten die Apotheker mit der Abgabe des Medikaments ihre Leistung erbracht und hätten somit Anspruch auf die Gegenleistung. Es wurde vorgeschlagen, an die zuständige Behörde heranzutreten, um anzuregen, auch den Ärzten mal "auf die Finger zu hauen". Denn das Problem wäre nicht so gravierend, wenn die Ärzte bei der Verordnung genauer arbeiteten.
Sechsmonatiger Beitragserlass in 2012
Nachdem die Mitglieder den Vorstand entlastet hatten, berieten und beschlossen sie den Haushalt 2012. Der Vorschlag des Vorstandes, für das kommende Jahr zwei Monatsbeiträge zu erlassen – der Verband hat derzeit Rücklagen in Höhe von 1,9 Millionen Euro – ging den anwesenden Mitgliedern nicht weit genug. Es wurde vorgeschlagen, weitere Beiträge zu erlassen oder gar ein ganzes Jahr lang mit der Beitragszahlung auszusetzen. Um die Rücklagen nicht überzustrapazieren und ausreichende Reserven für eventuelle Öffentlichkeitsaktionen zu behalten, wurde letztendlich eine Beitragsaussetzung von sechs Monaten beschlossen.
Auf Vorschlag des Vorstandsmitglieds Olaf Behrendt wird sich eine Arbeitsgruppe nun näher mit der Beitragsordnung beschäftigen. Die Arbeitsgruppe soll bis zur nächsten Mitgliederversammlung einen Vorschlag erarbeiten, der eine generelle Änderung der Beitragsordnung vorsieht – das hält Behrendt für sinnvoller als "jedes Jahr einen Erlass zu beschließen". Schon in der Vergangenheit hatte der Verband immer wieder Beiträge ausgesetzt.
Wirtschaftliche Lage "alles andere als erfreulich"
Ursula Hasan-Boehme, Geschäftsführerin der Treuhand Hannover Steuerberatungsgesellschaft, konnte den Apothekern keine Hoffnungen für das kommende Jahr machen. Sie müssen sich nach aktuellen Zahlen der Treuhand auch im Jahr 2012 auf schwierige Zeiten einstellen. Die "typische Apotheke" mit einem Jahresumsatz von 1,2 bis 1,5 Millionen Euro könnte in ihrer Existenz bedroht sein. Ob sich der derzeit negative Trend im kommenden Jahr fortsetzt, hängt Hasan-Boehme zufolge hauptsächlich von der Verhandlungsposition der Apotheken in den nun anstehenden Rabattverhandlungen mit dem Großhandel ab. Hasan-Boehme empfahl, sich gut auf die Verhandlungen vorzubereiten, Angebote verschiedener Lieferanten ein zuholen, Gebühren und Rabattausschlüsse infrage zu stellen, regelmäßige Kontrollen durchzuführen und auch nachzuverhandeln.
Tipp zum Warenlager
In der Umstellungsphase der Großhandelsmargen zum Jahreswechsel sei es außerdem nicht ratsam, Artikel bis zu 36,80 Euro zu "horten" – bis zu diesem Preis ist die neue Großhandelsspanne günstiger als die bisherige – , sondern es müsse stets geprüft werden, ob die Ware auch wieder absetzbar sei. Apotheker sollten auch das Risiko durch Änderungen in Rabattverträgen beachten.
Tipps für Rabattverhandlungen mit dem Großhandel
Apotheker Axel Toussaint von der Unternehmensberatung proAPO gab weitere Tipps für die anstehenden Rabattverhandlungen mit pharmazeutischen Großhändlern. Dabei seien folgende Punkte stets klar zu vereinbaren:
- der Rx-Rabatt inklusive Skonto mit einem fest vereinbarten Zahlungstermin,
- der Packungsrabatt,
- der Rabatt für nicht-verschreibungspflichtige Artikel,
- die Stückvergütung im Handverkauf,
- das Überweiser-Skonto für Rx-Arzneimittel und
- die konkreten Bedingungen für Retouren und Touren.
Diese Konditionen sollten unbedingt schriftlich festgehalten werden, um eine spätere Einforderung möglich zu machen.
Bei den Verhandlungen sollten Apotheker zudem bedenken, dass der Großhandel im Jahr 2012 fast die gleiche Rabattmasse zur Verfügung hat wie in diesem Jahr – auch wenn er versucht, das Rabattniveau zu senken. Der Rx-Rabatt wird künftig drei Komponenten haben:
den Grundrabatt, der umsatzabhängig ist,
den Packungsrabatt je nach Rx-Stückzahl oder Durchschnittspreis und
das Skonto, das wahrscheinlich geringer oder entsprechend dem bisherigen Zahlungsziel ausfallen wird.
"Erpresserischer Druck" durch Krankenkasse
Neben anderen Schwierigkeiten in den Vertragsbeziehungen zu Krankenkassen – wie der Unzufriedenheit bezüglich der Erfüllung von Rabattverträgen – sah sich der Apothekerverband Bran denburg im Dezember 2010 dem "sehr erpresserischen Druck" der AOK Nordost ausgesetzt, be richtete Geschäftsführer Michael Klauß: Obwohl im Sommer 2010 eine neue Impfstoffvereinbarung geschlossen worden war, hatte die AOK Nordost im Dezember des vergangenen Jahres "gedroht, eine Ausschreibung analog der Situation in Sachsen-Anhalt herbeizuführen".
Unter diesem Druck hat der Verband im Januar 2011 eine Vereinbarung für diese Saison geschlossen. Dadurch wurde die Ausschreibung verhindert, und alle brandenburgischen Apotheken blieben lieferberechtigt. Allerdings wurde mit dem AMNOG eine sogenannte Referenzpreisregelung für Impfstoffe eingeführt: "Die Krankenkassen erhalten die Differenz aus dem deutschen Abgabepreis und dem Durchschnittspreis in Europa vom Hersteller als Rabatt", erklärte Klauß. Bis heute sei unklar, wie diese neue Regelung nachträglich in die Vereinbarung eingepasst werden soll. Jedenfalls – da ist man sich mit der AOK einig – dürfe dies nicht zu neuen Belastungen der Apotheken führen. Sollte es zu Rechtsstreitigkeiten kommen werde sich die Kasse mit den Herstellern direkt auseinandersetzen.
Für das kommende Jahr könnte das jetzige Modell – ergänzt um die Referenzpreisregelung – beibehalten werden, meinte Klauß. Die AOK könnte jedoch auch eine Ausschreibung auf Herstellerebene oder auf Apothekenebene durchführen.
jz
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