DAZ aktuell

Koloquinte ist "Heilpflanze des Jahres 2012"

MÜNCHEN (cae). Der Verein zur Förderung der naturgemäßen Heilweise nach Theophrastus Bombastus von Hohenheim, gen. Paracelsus e.V. (NHV Theophrastus) hat nun zum zehnten Mal von einer Jury eine "Heilpflanze des Jahres" wählen lassen. Es ist die Koloquinte oder Bittermelone (Citrullus colocynthis), die schon im Altertum als Drastikum bekannt war, aber heute als obsolet gilt. Der NHV Theophrastus erhofft sich von der Wahl Impulse für die pharmakologische Erforschung der Koloquinte.
Foto: NHV Theophrastus
Die Blüten der Koloquinte welken schnell …

Die Koloquinte ist mit der Zaunrübe (Bryonia dioica) nah verwandt. Beide Pflanzen sind rankende Stauden und Kürbisgewächse (Cucurbitaceae) und enthalten als Hauptwirkstoffe sowohl in der Wurzel als auch in den Früchten bitter schmeckende Cucurbitacine. Die Koloquinte ist in den Steppen und Halbwüsten Nordafrikas und Vorderasiens beheimatet und wurde früher als Arzneipflanze in Südeuropa, zeitweise sogar in Deutschland angebaut. In ihrer dicken Wurzel oder Rübe speichert sie neben Nährstoffen viel Wasser und kann deshalb lange Trockenzeiten überleben.

Ihre großen herzförmigen Blätter erscheinen für eine Wüstenpflanze untypisch, doch sind sie zum Schutz vor Verdunstung rau behaart. Ihre Früchte erreichen etwa die Größe eines Apfels; sie sind anfangs grün und wie Wassermelonen (Citrullus lanatus) gemustert, bis sie sich gelb färben. Die im Fruchtfleisch enthaltenen Samen sind stärkehaltig und ergeben ein Mehl, aus dem Mehl im Orient u. a. Fladen gebacken werden.

Mors in olla


Der manchem Pharmazeuten und Lebensmittelchemiker wohlbekannte Schreckensruf "Mors in olla – der Tod ist im Topf" stammt aus dem 2. Buch der Könige im Alten Testament (2. Könige 4,39 – 40). Dort hatte ein Mann auf dem Felde unwissentlich Koloquinten gesammelt, die er vermutlich für Wassermelonen hielt, und als Zutat in einen Gemüseeintopf gegeben und diesen seinen Gästen zum Essen vorgesetzt. Diese konnten das Gericht wegen seines bitteren Geschmacks nicht essen und riefen: "Der Tod ist im Topf!" – Wenn nur jedes Gift sich so durch seinen Geschmack offenbaren würde!


Foto: NHV Theophrastus
… und an ihrer Stelle wachsen apfelgroße, anfangs grüne Früchte.

Die Bevölkerung des Orients verwendet noch heute Koloquinten äußerlich bei Gelenkschmerzen oder bei Bisswunden durch giftige Tiere; die Früchte werden aufgeschnitten und sogleich auf die entsprechenden Körperteile gelegt. Deutschland importiert nur in geringem Maße Koloquinten zu therapeutischen Zwecken (insbesondere in der Homöopathie). Sie werden z. B. im Süden Marokkos wild gesammelt und dort geschält, entkernt und getrocknet, bevor sie in den Handel kommen.

Während die Koloquinte als Drastikum obsolet ist, verweisen einige volksmedizinische Anwendungen auf Indikationen, die sie für die weitere Forschung interessant erscheinen lassen: Sie könnte u. a. leberschützende, entzündungshemmende und antiallergische Inhaltsstoffe haben.

Internet

Zusammenstellung der bisherigen "Heilpflanzen des Jahres": www.nhv-theophrastus.de





"Die Koloquinte verdient es, aus ihrem Mauerblümchendasein befreit zu werden, denn die als Drastikum und giftig geschmähte Pflanze kann mehr als nur abführen. "

NHV Theophrastus



DAZ 2011, Nr. 44, S. 50

0 Kommentare

Das Kommentieren ist aktuell nicht möglich.