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DAZ aktuell
Wirkstoff Fingolimod ausgezeichnet
Mit den Interferonen sowie dem Glatirameracetat gibt es wirksame Therapieformen der multiplen Sklerose, dennoch besteht nach Prof. Dr. Bernd Kieseier, Düsseldorf, noch deutlicher Bedarf für Neuerungen bei der MS-Therapie. "Wir wünschen uns weitere innovative Wirkstoffe, um die Progression der Erkrankung besser aufhalten zu können und auch, um die Belastungen der Behandlung zu minimieren", erklärte der Neurologe anlässlich der Preisverleihung in Düsseldorf. Als einen wesentlichen Fortschritt bezeichnete Kieseier die Entwicklung von Fingolimod (Gilenya®), das seit März dieses Jahres zugelassen ist und die Therapiemöglichkeiten bei der MS erweitert. Fingolimod ist entsprechend der Zulassung in Europa indiziert bei Patienten mit schubförmiger MS, die trotz Behandlung mit einem Interferon beta-Präparat eine hohe Krankheitsaktivität ausweisen oder an einer rasch voranschreitenden Verlaufsform der multiplen Sklerose leiden.
Fingolimod stellt eine chemisch optimierte Nachbildung der natürlichen Substanz Myriocin dar, die 1990 in einem Pilz entdeckt wurde. Der Wirkstoff ähnelt strukturell den physiologisch vorkommenden Sphingosinen und speziell dem Sphingosin-1-Phosphat (S1P), S1P wirkt als extrazelluläres Signalmolekül und bindet an Sphingosin-1-Phosphat-Rezeptoren (S1P-Rezeptoren), die differenziert von verschiedenen Zellen exprimiert werden und unterschiedliche Funktionen in den Organsystemen haben.
Zurückhalten autoreaktiver Immunzellen
Fingolimod wirkt als S1P-Rezeptor-Modulator. Es bindet an die S1P-Rezeptoren auf der Oberfläche von T-Lymphozyten, führt zu deren Internalisierung und verhindert so deren Auswanderung aus Lymphknoten. Damit reduziert Fingolimod selektiv zirkulierende autoreaktive zentrale Gedächtniszellen, die offenbar eine entscheidende Rolle bei der Pathogenese der multiplen Sklerose spielen. Durch das Zurückhalten der autoreaktiven Immunzellen werden entzündliche Prozesse im Gehirn gehemmt. Fingolimod bewirkt dabei jedoch keine Immunsuppression, da es weder die T-Zell-Aktivierung unterbindet noch die Funktion der T- und B-Gedächtniszellen beeinträchtigt. Die klinische Wirksamkeit wurde laut Kieseier in umfassenden kontrollierten Studien dokumentiert. "Es wurde in den Studien gezeigt, dass Fingolimod eine signifikante Reduktion der Schubrate gegenüber Placebo und auch im Vergleich mit einer aktiven Therapie mit Interferon beta-1a bewirkt und das unabhängig von der Vorbehandlung", berichtete der Mediziner in Düsseldorf. Darüber hinaus wurde die Progression von Behinderungen gebremst: So minderte die Behandlung mit Fingolimod den Anteil der Patienten mit bestätigter Behinderungsprogression laut Kieseier über einen zweijährigen Behandlungszeitraum im Vergleich zu Placebo um 37%. Als besonders bemerkenswert hob der Neurologe hervor, dass in Studien ferner belegt wurde, dass unter Fingolimod der für die multiple Sklerose typische Gehirnvolumens-Verlust vermindert wird und zudem die Rate steroidpflichtiger Schübe mit und ohne Notwendigkeit der Hospitalisierung signifikant reduziert wird.
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