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Pflegeberufe stehen Verblisterung skeptisch gegenüber
Unter dem Gesichtspunkt der Stärkung der Unabhängigkeit und Selbstbestimmung von Heimbewohnern sei nicht zu vernachlässigen, dass die Selbstversorgungsmöglichkeiten so lange als möglich erhalten werden sollten. Dies treffe auch auf den Wunsch zu, die eigenen Medikamente selbst zu verwalten und einzunehmen. "Dementsprechend sollte für jeden Bewohner individuell entschieden werden, ob das Heim die Medikamentenversorgung übernimmt", heißt es dort.
Die Charta der Rechte hilfe- und pflegebedürftiger Menschen proklamiere die Möglichkeit für Pflegebedürftige, ihre Medikamente über ihre gewohnte Apotheke zu beziehen, auch wenn sie in einer stationären Einrichtung lebten. Im Sinne der gesellschaftlichen Teilhabe und Erhaltung der größtmöglichen Autonomie der Bewohner sei demnach sicherzustellen, dass dies auch nach Einführung der Verblisterung in einer stationären Einrichtung gewährleistet sei, fordert der DBfK. Ebenso stelle dies auch einen Aspekt der Lebensqualität von Heimbewohnern dar. Insofern sei von den Einrichtungsträgern bei der Einholung der Zustimmung zur Verblisterung auch diese Alternative anzubieten, selbst wenn dies einen erhöhten organisatorischen Aufwand bedeute.
Geringere Fehlerquote?
In Zweifel zieht der DBfK die Behauptung, Verblisterung minimiere grundsätzlich die Fehlerquote bei der Arzneimitteltherapie. Denn die meisten Fehler träten beim Teilen von Tabletten und bei Arzneimitteländerungen auf. Problematisch sei, dass gerade diese Gesichtspunkte auch bei der Umsetzung des Blisterverfahrens eine Herausforderung darstellten. Aufgrund unterschiedlicher technischer Voraussetzungen übernehme nicht jede Apotheke das Teilen von Tabletten.
Daneben müssten Arzneimitteländerungen zunächst schriftlich vom Heim an die Apotheke übermittelt werden, bevor sie dann in das EDV-System eingespeist werden könnten. "Jeder dieser Verfahrensschritte erhöht die potenzielle Fehlerwahrscheinlichkeit", so der DBfK. Umso bedeutender sei es, bei der Planung und Umstellung des Versorgungssystems auf diese Schnittstellen einen besonderen Fokus zu richten und dementsprechende Kontrollen zu verankern.
Zeitersparnis wird angezweifelt
Die immer wieder ins Feld geführte Zeitersparnis für die Pflegekräfte zieht der Berufsverband ebenfalls in Zweifel: Eine vom Bundesverband Patientenindividueller Arzneimittelverblisterer (BPAV) in Auftrag gegebene Studie zeige zwar, dass durch Verblisterung wöchentlich im Durchschnitt knapp 15 Minuten pro Bewohner eingespart werden könnten. So seien für das gesamte Medikamentenmanagement nur noch drei Minuten anstatt 18 Minuten pro Bewohner in der Woche aufzuwenden. Allerdings sei dabei nur die maximale Auslagerung des Medikamentenmanagements (inklusive der Teilung von Tabletten) im Vergleich bewertet worden. Zudem sei der verbleibende erhebliche Zeitaufwand von nicht verblisterungsfähigen Medikamenten (Bestellung, Wareneingang, Lagerung, manuelles Stellen etc) und das Fehlermanagement in dieser Untersuchung nicht berücksichtigt worden, schreibt der DBfK.
Erfahrungsberichte dagegen wiesen darauf hin, dass aufgrund der Vorbereitung von nicht verblisterungsfähigen Arzneimitteln sich die meist im Vorfeld der Einführung erwartete hohe Zeitersparnis auf ein geringeres Maß beschränkte als gemeinhin angenommen. Der Anteil der nicht verblisterungsfähigen Arzneimittel liege je nach Pflegeheim zwischen 30 und 60 Prozent. Überdies seien die Koordination und der Datenaustausch zwischen Heim und Apotheke als zusätzlicher Zeitfaktor nicht zu unterschätzen. Besonders das Management von Fehlern oder kurzfristigen Medikationsänderungen bänden viele Zeitressourcen.
"Bedauerlicherweise liegen darüber hinaus keine unabhängigen Studien vor. Doch es liegt nahe, dass ein Zeitaufwand von drei Minuten pro Woche unzureichend ist, um die gesamte Vorbereitung, Kontrolle und Durchführung der Medikamentengabe inklusive des Schnittstellenmanagements mit der Apotheke zu realisieren", so der DBfK.
Eine Frage der Haftung
Juristische Probleme sieht der DBfK zudem noch bei der Haftung für Fehler bei der Verblisterung. Hier mangele es noch an verbindlichen Regeln. Auch die Schadensersatzansprüche der Patienten seien "noch unzulänglich". "Dies bedeutet insgesamt eine erhebliche Reduzierung des Verbraucherschutzes", befürchtet der DBfK.
Das Fazit des DBfK: Nur unter den richtigen Rahmenbedingungen könne die Verblisterung eine Entlastung für die Pflegenden darstellen. Eigeninteressen der Industrie dürfen keine Rolle spielen, entsprechende Einflussnahme sei konsequent auszuschließen. Entscheidend bei der Einführung sei, dass zu den Voraussetzungen und Bedingungen detaillierte Richtlinien verfasst würden, damit alle Akteure und nicht zuletzt die Pflegebedürftigen selbst davon wirklich profitieren und Fehlerquellen minimiert würden. Dazu gehöre an erster Stelle die Wahrung der Autonomie derBewohner. Zudem sei eine enge Kooperation der Pflegenden mit den behandelnden Ärzten und der Apotheke unabdingbar.
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