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DAZ aktuell
Bundeskartellamt hat Apotheken im Blick
Im Apothekenmarkt ist seit einigen Jahren bekanntlich viel in Bewegung. Das Marktverhalten der Apotheker hat sich gewandelt, nachdem etwa der Versandhandel mit Arzneimitteln zugelassen wurde und die Preisfreigabe für rezeptfreie Arzneimittel erfolgte. Im letzten Jahr prüfte das Bundeskartellamt allerdings auch niederländische Apotheken: Es befasste sich mit der Frage, ob eine Zusammenlegung der Europa Apotheek Venlo und von DocMorris kartellrechtlichen Bedenken begegnen würde. Dabei konstatiert die Behörde grundsätzlich, dass stationäre Apotheken und Versandapotheken zwei austauschbare Alternativen sind. Dass ausländische Versandapotheken Boni und Zuzahlungserstattungen bieten, hält sie nicht für kritisch. Es handele sich dabei um eine "Art Gegenleistung der Versandapotheken", um die Nachteile des Versandweges bei verschreibungspflichtigen Arzneimitteln auszugleichen. Auch einem konkreten Zusammenschluss der holländischen Versandapotheken würde die Behörde nichts entgegensetzen: Dieser führe zu addierten Marktanteilen von weit unter fünf Prozent beim Rx-Einzelhandel – wobei ein starker Wettbewerbsdruck seitens der teilweise in Einkaufsgemeinschaften zusammengeschlossenen stationären Apotheken sowie weiterer Versandapotheken bestehe. Auch bei OTC begegne der gemeinsame Marktanteil von rund 15 Prozent in Anbetracht dieser Wettbewerber keinen Bedenken. Das Vorhaben wurde daher bereits im September 2010 im Vorprüfverfahren freigegeben. Ob Celesio (DocMorris) und Medco (Europa Apotheek) es tatsächlich verwirklichen wollen, steht auf einem anderen Papier.
A-Plus-Apotheken im Visier der Kartellwächter
Befasst hat sich die Behörde zudem mit der gemeinsamen Preiswerbung von Apotheken. Bereits im Tätigkeitsbericht 2007/2008 hatte das Bundeskartellamt seine Grundsätze über die Ausübung des Aufgreifermessens in Bezug auf diese Werbung bekannt gemacht. Daraufhin waren mehrere Beschwerden über gemeinsame Apothekenwerbung wegen eines möglichen Verstoßes gegen das Verbot wettbewerbsbeschränkender Vereinbarungen eingegangen. Während die meisten Fälle in die Zuständigkeit der jeweiligen Landeskartellbehörde fielen, führte die gemeinsame Preiswerbung der im Raum Aschaffenburg ansässigen Apotheken der A-Plus-Apothekenkooperation zu Auswirkungen in Hessen und Bayern. Bei der Prüfung stellte sich heraus, dass die vom Bundeskartellamt aufgestellten Kriterien von den Aschaffenburger Apothekern nicht eingehalten worden waren. Die gemeinsame Werbung musste daraufhin eingestellt werden, bis die Werbeaktionen an die Aufgreifkriterien des Bundeskartellamtes angepasst worden sind.
Nichts Neues im Boykott-Verfahren
Nicht unerwähnt bleiben im aktuellen Tätigkeitsbericht auch die im Juli 2009 verhängten Geldbußen gegen die ABDA, drei Landesapothekerverbände und Privatpersonen, die aus Sicht der Behörde zum Boykott des Pharmagroßhändlers Gehe aufriefen. Insgesamt 1,2 Millionen Euro fordert die Behörde – die Hälfte davon allein von der ABDA. Zu den betroffenen Privatpersonen zählt unter anderem (Noch-) ABDA-Pressesprecher Thomas Bellartz, der seinerzeit Leiter des Berliner Büros der "Pharmazeutischen Zeitung" war. Nachdem Celesio im April 2007 DocMorris übernommen hatte, war der Aufruhr in der Apothekerschaft und ihren Organisationen groß. Auch in der "PZ" sei zum Abbruch bestehender Bezugsbindungen zu Gehe aufgerufen worden. "Zwar bleibt es Verbänden unbenommen, sich auch in Verbandspublikationen kritisch zu standespolitisch wichtigen Themen zu äußern. Die Grenzen der Meinungs- und Vereinigungsfreiheit sind jedoch überschritten, wenn es zu kartellrechtswidrigen Boykottaufrufen kommt", so das Bundeskartellamt. Die mit dem Bußgeld belegten Verbände und Personen sahen dies anders und legten Einspruch beim Bundeskartellamt ein. Und dort laufen die Verfahren auch jetzt noch – gewartet wird auf eine Entscheidung der zuständigen Beschlussabteilung der Behörde: Sie kann den Einsprüchen entweder abhelfen oder die Verfahren an die zuständige Staatsanwaltschaft beim Oberlandesgericht Düsseldorf abgeben. Wann eine Entscheidung fallen wird, kann man bei der Behörde derzeit noch nicht sagen.
Mehr Wettbewerb in der Hilfsmittelversorgung
Was das Gesundheitswesen insgesamt betrifft, so begrüßt das Bundeskartellamt in seinem Tätigkeitsbericht die Tendenz, wettbewerbliche Elemente zu stärken. Aus Sicht der Behörde wäre aber in der konkreten Ausgestaltung eine noch breitere Anwendbarkeit des Wettbewerbsprinzips wünschenswert gewesen. Positiv sei, dass mit dem Arzneimittelmarktneuordnungsgesetz der Anwendungsbereich kartellrechtlicher Vorschriften im Gesundheitswesen vergrößert wurde. So wird etwa in § 69 Absatz 2 SGB V unter anderem die "entsprechende" Anwendung des Kartellverbots festgeschrieben. Ausgenommen bleiben Leistungsbereiche, in denen der Gesetzgeber ein kollektiv abgestimmtes Verhalten von Leistungserbringern und gesetzlichen Krankenkassen für zwingend erforderlich hält. Das Gleiche gilt aber auch für Leistungsbereiche, in denen, wie z. B. bei der Hilfsmittelversorgung, aus Sicht der Behörde kollektives Handeln nicht zwingend erforderlich ist. Hier sei durchaus wettbewerbliches Differenzierungspotenzial vorhanden und die Durchsetzung kompetitiver Strukturen möglich und sinnvoll.
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