- DAZ.online
- DAZ / AZ
- DAZ 32/2011
- Bei Depressionen den ...
Arzneimittel und Therapie
Bei Depressionen den Schlafrhythmus normalisieren
Agomelatin wirkt als Agonist an den Melatonin-Rezeptoren MT1 und MT2 - sowie als Antagonist an 5-HT(Serotonin)2C/2B -Rezeptoren. Neben seiner antidepressiven Wirkung resynchronisiert es den bei depressiven Patienten häufig beeinträchtigten zirkadianen Rhythmus, verkürzt die Einschlafzeit und verbessert die Schlafqualität.
Der Wirkstoff erhöht die Freisetzung von Dopamin und Noradrenalin im frontalen Cortex, hat aber keinen Einfluss auf extrazelluläre Serotoninspiegel. Daher ist sein Potenzial für bestimmte unerwünschte Wirkungen wie das Serotonin-Syndrom oder gastrointestinale Symptome wie z. B. Übelkeit und Erbrechen geringer als bei anderen Antidepressiva.
Normalisierung des zirkadianen Rhythmus
Neuropsychiatrische Erkrankungen sind häufig mit Störungen der zirkadianen Rhythmik verbunden. Die Betroffenen schlafen schlecht ein, klagen über nächtliche Aufwachphasen und zu frühes Erwachen am Morgen. Bei depressiven Patienten sind nachweislich die REM-Phasen verkürzt. Viele der gängigen Antidepressiva (SSRI, trizyklische Antidepressiva) haben den Nachteil, dass sie negativ auf die Schlafarchitektur, insbesondere die REM-Phasen wirken und nicht in der Lage sind, gestörte zirkadiane Funktionen wiederherzustellen.
Bei der im Lancet veröffentlichten Untersuchung handelt es sich um eine Literaturrecherche, bei der Publikationen aus den Jahren 1948 bis Februar 2011 berücksichtigt wurden. Neben Schlagworten wie "Depression", "zirkadiane Rhythmen" oder "Chronotherapeutika" wurden die Substanzen Melatonin (Circadin®), Agomelatin (Valdoxan®), Ramelteon (USA: RozeremTM) und Tasimelteon und PD-6735 (noch nicht zugelassen) in die Suche einbezogen. Zu Agomelatin fanden die Autoren eine große Zahl Placebo- und aktiv kontrollierter (mit Fluoxetin, Paroxetin, Sertralin und Venlafaxin als Vergleichssubstanzen) Studien. Die Agomelatin-Dosierungen lagen bei 25 bis 50 mg pro Tag. In den aktiven Vergleichsstudien war Agomelatin ähnlich effektiv wie Venlafaxin (75 bis 150 mg, extended release 150 mg) und effektiver als Fluoxetin (20 bis 40 mg) und Sertralin (50 bis 100 mg). Es zeigte sich eine Verbesserung der Schlafqualität, ein reduziertes Aufwachen nach dem Einschlafen und weniger Insomnien.
Auch die Rückfallquote war unter Agomelatin deutlich geringer als bei anderen Antidepressiva. In zwei Langzeitstudien lag sie nach 24 Wochen Behandlung unter Agomelatin bei 21% verglichen mit 41% unter Placebo. Nach zehnmonatiger Behandlung lag sie unter Melatonin bei 23,9% versus 50% unter Placebo. Andere Relapse-Präventionsstudien zeigten keine höhere Effektivität von Agomelatin gegenüber Placebo.
Die Autoren der Lancet-Publikation sehen aufgrund dieser Ergebnisse ein großes Potenzial für den Einsatz von Agomelatin bei schweren Depressionen und anderen Gemütserkrankungen.
QuelleHickie, IB, Rogers, NL: Novel melatonin-based therapies: potential advances in the treatment of major depression. Lancet, vorab online publiziert am 18. Mai 2011, DOI: 10.1016/S0140-6736(11)60095-0
Apothekerin Dr. Claudia Bruhn
0 Kommentare
Das Kommentieren ist aktuell nicht möglich.