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Gesundheitspolitik
Kassenabschlag 2010: Es bleibt bei 1,75 Euro
Das Ergebnis der Verhandlungen vom 6. September ist ein politischer Kompromiss und steht unter einem gewichtigen Vorbehalt: "Wird der vom GKV-Spitzenverband bereits beklagte Beschluss zum Apothekenabschlag für 2009 von einem Gericht rechtskräftig aufgehoben, wird automatisch auch die Festsetzung für 2010 unwirksam", betonte der GKV-Spitzenverband nach der Sitzung. In diesem Fall müsse der Apothekenabschlag für die beiden Jahre 2009 und 2010 von der Schiedsstelle neu verhandelt werden. Derzeit ist das Verfahren zum Abschlag 2009 in der Berufungsinstanz vor dem Landessozialgericht Berlin-Brandenburg anhängig – es spricht vieles dafür, dass der Fall bis zum Bundessozialgericht gehen wird. Der unabhängige Vorsitzende der Schiedskommission, Dr. Rainer Daubenbüchel, bestätigte gegenüber der AZ: "Falls das Bundessozialgericht den Schiedsspruch für 2009 aufhebt, ist alles wieder offen." In den Verhandlungen letzte Woche Dienstag sei es darum gegangen, einen weiteren Prozess über den Apothekenabschlag 2010 zu vermeiden. Daubenbüchel: "Wir wollten Appeasement-Politik machen." Mit diesem Kompromiss gehe die GKV-Seite kein Risiko ein. Daher habe sie zustimmen können.
Daubenbüchel: Geringer Rabatt nicht durchsetzbar
Am 4. Juli waren die Verhandlungen zunächst wegen weit auseinanderliegender Positionen gescheitert. Damals hatte die GKV-Seite auf einem Apothekenabschlag von 2,30 Euro für 2010 bestanden. Auch jetzt beharrt der GKV-Spitzenverband darauf, dass jedenfalls "der Abschlag für das Jahr 2009 nicht rechtens ist". Diese Position bleibe auch durch den nun gefundenen Kompromiss "in Gänze gewahrt". "Positiv" werte der GKV-Spitzenverband, dass die Schiedsstelle der Position des DAV widersprochen habe, für das Jahr 2010 sei eine weitere Absenkung des Abschlages vorzunehmen. Daubenbüchel bestätigt: "Rein rechnerisch hätten wir auch auf 1,61/1,65 Euro gehen können". Doch das sei im Kompromiss nicht durchsetzbar gewesen. Nicht nur die GKV-Seite lehnte diesen Betrag ab. Auch die neutralen Mitglieder der Schiedskommission konnten dem nicht zustimmen. "Dieser Betrag passt nicht mehr in die Landschaft", so Daubenbüchel. Der Gesetzgeber habe mit der Festlegung für 2011 und 2012 auf 2,05 Euro "einen Fingerzeig gegeben".
Außerdem beruhten die Berechnungen der Schiedsstelle über die Kostenlage der Apotheken auf einer unsicheren Datenbasis, räumte Daubenbüchel ein. Nach vier Jahren der Rabattverträge gebe es kostensenkende Synergieeffekte in den Apotheken. Das Handling spiele sich ein, der Aufwand sinke damit. "Wir verfügen bislang nur über Schätzungen der Kostensituation der Apotheken", so Daubenbüchel.
Enttäuschung beim DAV
Der DAV zeigte sich enttäuscht über den Schiedsspruch. Er forderte Politik und Krankenkassen auf, den Mehraufwand in den Apotheken bei der Anpassung des Zwangsabschlags endlich angemessen zu berücksichtigen. Beim nun beschlossenen Apothekenabschlag von 1,75 Euro pro Arzneimittelpackung würden die Kostensteigerungen, etwa durch Tariflohnsteigerungen und Inflation, nur unzureichend berücksichtigt. "In Zeiten der Rabattverträge müssen die Apotheken immer mehr Leistungen erbringen", sagte der DAV-Vorsitzende Fritz Becker. "Der Beschluss der Schiedsstelle ist enttäuschend, weil zusätzlicher Beratungsaufwand und steigende Sachkosten zu einem geringeren Zwangsrabatt hätten führen müssen."
Becker: Apotheken schultern mehr als geplant
Der DAV verwies darauf, dass die Apotheken für 2009 und 2010 bereits Abschläge von insgesamt mehr als 2 Mrd. Euro an die Kassen geleistet haben. Für 2011 und 2012 hat der Gesetzgeber einen Abschlag von 2,05 Euro gesetzlich festgesetzt. Becker: "Die Apotheken schultern in diesem Jahr weit höhere Belastungen als politisch mit dem Arzneimittelmarktneuordnungsgesetz gewollt." Die eigentlich vom Pharmagroßhandel zu leistenden Sparbeiträge würden 2011 in weitem Umfang an die Apotheken weitergereicht.
Becker bekräftigte seine Forderung, den Zwangsabschlag an die Kassen im Rahmen des Versorgungsstrukturgesetzes für 2012 wieder zu senken. Von solchen Plänen der Regierungskoalition ist allerdings nichts bekannt. Voraussichtlich werden GKV-Spitzenverband und DAV den Abschlag 2013 wieder verhandeln müssen. Es wird sich zeigen, ob die Datenlage dann solider ist. Daubenbüchel ist schon jetzt verärgert, dass die im AMNOG vorgesehene stichprobenartige Betriebsprüfung von Apotheken, die hierbei helfen soll, "nach acht Monaten noch nicht einmal begonnen hat".
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