Pharmazeutisches Recht

Dienstbereitschaft der Apotheken

Richtlinie der Apothekerkammer Sachsen-Anhalt zur Dienstbereitschaft
der Apotheken


Die Apothekerkammer Sachsen-Anhalt ist gemäß § 5 Abs. 7 des Gesetzes über die Kammern für Heilberufe Sachsen-Anhalt vom 13. Juli 1994 (GVBl. LSA S. 832), zuletzt geändert durch Art. 4 des Gesetzes vom 9. Dezember 2009 (GVBl. LSA S. 644), zuständige Behörde für Aufgaben im Sinne des § 23 der Apothekenbetriebsordnung.

Die Kammerversammlung der Apothekerkammer Sachsen-Anhalt hat auf ihrer Sitzung am 17. November 2010 folgende Richtlinie beschlossen, in der unter dem Gesichtspunkt einer ordnungsgemäßen Arzneimittelversorgung die Dienstbereitschaft der Apotheken geregelt wird.

§ 1 Grundsätze der Dienstbereitschaft


(1) Jede Apotheke trägt dazu bei, die Arzneimittelversorgung in Sachsen-Anhalt sicherzustellen. Gleichzeitig besteht für jede Apotheke die Pflicht zur Dienstbereitschaft. Die völlige Befreiung von der Pflicht zur Dienstbereitschaft ist grundsätzlich ausgeschlossen. Eine teilweise Befreiung von der Pflicht zur Dienstbereitschaft ist nur in dem Rahmen möglich, der durch die Apothekenbetriebsordnung vorgegeben ist.


(2) Außerhalb der durch §§ 3, 4 Nr. 1 Gesetz über die Ladenöffnungszeiten im Land Sachsen-Anhalt (LÖffZeitG LSA) festgelegten gesetzlichen Ladenöffnungszeiten müssen diejenigen Apotheken geschlossen sein, die nicht von der Dienstbereitschaft befreit worden sind.

§ 2 Durchführung der Dienstbereitschaft


(1) An der Durchführung der Dienstbereitschaft sind alle öffentlichen Apotheken zu beteiligen. Die Zeiten der Befreiung von der ständigen Dienstbereitschaft werden durch die Apothekenbetriebsordnung, das Ladenöffnungszeitengesetz Sachsen-Anhalt und die Allgemeinverfügung der Apothekerkammer Sachsen-Anhalt festgelegt.


(2) Die Apothekerkammer Sachsen-Anhalt entscheidet nach pflichtgemäßem Ermessen. Oberster Grundsatz für die Regelung der wechselseitigen Dienstbereitschaft ist die Sicherstellung der ordnungsgemäßen Versorgung der Bevölkerung mit Arzneimitteln (§ 1 Abs. 1 Apothekengesetz).


(3) In Gemeinden und in benachbarten Gemeinden mit mehr als einer Apotheke kann eine Wechselregelung in der Durchführung der Dienstbereitschaft in der Weise angeordnet werden, dass ein Teil der Apotheken von der Dienstbereitschaft befreit wird.


(4) Gemeinden gelten in der Regel als benachbart, wenn ihre Ortsmittelpunkte weniger als 10 Straßen-km voneinander entfernt sind.


(5) Darüber hinaus können in dünn besiedelten Gebieten Gemeinden oder Ortsteile als benachbart angesehen werden, wenn deren Ortsmittelpunkte nicht weiter als 20 Straßen-km voneinander entfernt liegen.


(6) An den Dienstbereitschaftsturnus von Städten und Gemeinden können weitere Orte durch einen Paralleldienst angebunden werden.


(7) In begründeten Einzelfällen kann eine auf die örtliche Situation abgestimmte Lösung (Ausnahmen und ergänzende Dienstbefreiungsregelungen) genehmigt oder angeordnet werden.

§ 3 Befreiung von der Dienstbereitschaft


(1) Zusätzlich zu den Bestimmungen des § 23 Abs. 1 Satz 2 Apothekenbetriebsordnung werden die Apotheken gemäß § 23 Abs. 2 Apothekenbetriebsordnung während der ortsüblichen Schließzeiten von der Verpflichtung zur Dienstbereitschaft durch eine Allgemeinverfügung befreit, die als Anlage Bestandteil dieser Richtlinie ist. Die sich daraus ergebenden Öffnungszeiten der Apotheke sowie ihre Änderungen sind der Apothekerkammer Sachsen-Anhalt rechtzeitig anzuzeigen.


(2) Darüber hinaus kann eine Apotheke für bestimmte Zeiten von der Verpflichtung zur Dienstbereitschaft auf Antrag gemäß den Bestimmungen des § 23 Abs. 2 und 3 Apothekenbetriebsordnung befreit werden. Eine Befreiung von der Dienstbereitschaft kann nur dann erteilt werden, wenn die ordnungsgemäße, über eine Notfallversorgung hinausgehende Arzneimittelversorgung durch eine andere Apotheke gewährleistet ist.

§ 4 Rufbereitschaft


(1) Auf Antrag kann nach § 23 Abs. 4 Apothekenbetriebsordnung ein Apothekenleiter oder eine vertretungsberechtigte Person von der Verpflichtung, sich in den Apothekenräumen oder in deren unmittelbaren Nachbarschaft aufzuhalten, im begründeten Einzelfall befreit werden, wenn der Diensthabende jederzeit erreichbar und die Arzneimittelversorgung in einer für den Kunden zumutbaren Weise sichergestellt ist.


(2) Der Antrag ist genehmigungsfähig, wenn die nachfolgenden Kriterien beachtet werden:

a) Die jederzeitige Erreichbarkeit ist gegeben, wenn der Diensthabende von seinem jeweiligen Aufenthaltsort aus sofort und unmittelbar in Sprechkontakt mit dem Kunden treten kann. Der Kontakt muss auch auf dem Weg von und zu der Apotheke möglich sein.

b) Die Arzneimittelversorgung ist sichergestellt, wenn der Diensthabende die Apotheke innerhalb von 10 Minuten nach Betätigen der Notdienstglocke durch den Kunden erreicht. Dies ist nicht der Fall, wenn sein Aufenthaltsort mehr als 5,0 km von der Apotheke entfernt ist.

c) Von Montag bis Freitag ist eine Rufbereitschaft grundsätzlich erst ab 20.00 Uhr möglich.

d) Der Antragsteller hat darzulegen, dass er die technischen und sonstigen Voraussetzungen nach § 4 Abs. 2 geschaffen hat.


(3) Die Befreiung von der Anwesenheitspflicht ist unter Widerrufsvorbehalt zu erteilen. Der Antragsteller ist darauf hinzuweisen, dass er im Falle witterungsbedingter Verzögerung oder technischer Mängel von der Rufbereitschaft keinen Gebrauch machen darf.

§ 5 Verfahrensregelung


(1) Die Apothekerkammer Sachsen-Anhalt ordnet eine wechselseitige Befreiung von der Dienstbereitschaft gemäß § 23 Abs. 2 Apothekenbetriebsordnung in Verbindung mit § 1, 2 dieser Richtlinie an.


(2) Die Aufstellung der Dienstpläne für eine wechselseitige Befreiung von der Dienstbereitschaft erfolgt durch die beteiligten Apothekenleiter in der Regel für ein Kalenderjahr. Die Dienstpläne und ihre Änderungen sind bis zum 30. September des laufenden Jahres bei der Apothekerkammer Sachsen-Anhalt durch den von der Dienstregion bestimmten Notdienstverantwortlichen zur Genehmigung einzureichen.


(3) Die Apothekenleiter organisieren die Information über die örtlichen Dienstbereitschaftsregelungen gegenüber den Ärzten, den Krankenhäusern, der Rettungsleitstelle, der örtlichen Presse und der Bevölkerung in eigener Verantwortung.


(4) Kommt eine Einigung bei der Aufstellung der Dienstpläne nicht zustande, entscheidet die Apothekerkammer Sachsen-Anhalt nach Anhörung der Beteiligten.


(5) Apothekenneugründungen (keine Übernahme bereits bestehender Apotheken oder Verlagerung von Apotheken innerhalb der Gemeinde) haben sich spätestens drei Monate nach Eröffnung an der Dienstbereitschaft zu beteiligen und die Art der Eingliederung der Apothekerkammer Sachsen-Anhalt mitzuteilen.


(6) Auf rechtzeitigen Antrag bei der Apothekerkammer Sachsen-Anhalt kann aus besonderem Anlass ein Wechsel in der Durchführung der Dienstbereitschaft genehmigt werden. Hierzu ist eine vorherige Benachrichtigung der beteiligten Apotheken, der Ärzte des Versorgungsbereiches, der Krankenhäuser, der Rettungsleitstelle, der örtlichen Presse sowie in geeigneter Form auch der Bevölkerung notwendig.


(7) Die Apothekerkammer Sachsen-Anhalt ist berechtigt, in besonderen Fällen weitere Auflagen zu erteilen.


(8) Nach § 23 Abs. 5 Apothekenbetriebsordnung ist am Eingang der nicht dienstbereiten Apotheken an sichtbarer Stelle ein gut lesbarer Hinweis auf die nächstgelegenen dienstbereiten Apotheken anzubringen.

§ 6 Inkrafttreten, Außerkrafttreten


Die Richtlinie tritt am Tage ihrer Veröffentlichung in der Pharmazeutischen Zeitung in Kraft. Gleichzeitig tritt die Richtlinie vom 09. November1996 außer Kraft.


Die vorstehende, von der Kammerversammlung am 17. November 2010 verabschiedete Richtlinie der Apothekerkammer Sachsen-Anhalt, wird hiermit ausgefertigt.

Magdeburg, 19. November 2010

G. Haese, Präsident

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