Gesundheitspolitik

Apotheken werden nicht verschont

Neues Reformkonzept der Regierungskoalition ohne Änderung beim Apothekenabschlag

Berlin (ks). Das in der vergangenen Woche präsentierte Konzept der christlich-liberalen Regierungskoalition für eine Gesundheitsreform sieht neben höheren Beiträgen für GKV-Mitglieder und Arbeitgeber auch weitere Maßnahmen auf der Ausgabenseite vor. Gespart werden soll bei Krankenhäusern, Ärzten, Krankenkassen und nochmals bei Arzneimitteln. Die Apotheker werden dagegen um keinen erneuten Sparbeitrag gebeten. Auch Schwarz-Gelb sieht offenbar: Die Pläne im Arzneimittelmarkt-Neuordnungsgesetz (AMNOG) zur Umstellung der Großhandelsspanne treffen die Apotheken bereits hart.

Für sein Reformpaket muss Gesundheitsminister Philipp Rösler (FDP) derzeit viel Kritik einstecken. Von der Opposition wird vor allem der Vorwurf laut, mit der Reform blieben die Leistungserbringer verschont, während Versicherte einseitig belastet würden. Rösler wird jedoch nicht müde, zu betonen, sein Konzept sei "sehr ausgewogen" und alle Beteiligten müssten ihren Sparbeitrag leisten. Gleichmäßig verteilt sind die Lasten auf jeden Fall (siehe hierzu "Koalition einigt sich auf Reform" auf S. 8). Die Leistungserbringer sollen mit 3,5 Mrd. Euro im nächsten und 4 Mrd. Euro in 2012 den vergleichsweise höchsten Sparbeitrag leisten. Darin inbegriffen sind die erhöhten Herstellerrabatte und das Preismoratorium für die Pharmaindustrie, die im Rahmen des GKV-Änderungsgesetzes beschlossen wurden, sowie die kurzfristig wirksamen Einsparungen, die das AMNOG vorsieht. Das neue Reformkonzept setzt nun an zwei weiteren Stellen im Pharmabereich an: den Impfstoffen und den Reimporten. Durch die Senkung der Impfstoffpreise auf das "europäische Durchschnittsniveau" sollen 300 Mio. Euro eingespart werden. Mit welchem Mechanismus dies geschehen soll, ist allerdings noch offen – es wird voraussichtlich auf Vertragsmodelle hinauslaufen. Zudem sollen die "Wirtschaftlichkeitsreserven bei der Reimportregelung" erhöht werden. Hier liegt die Sparvorgabe bei 100 Mio. Euro. Alles Weitere sei von den Fraktionen noch zu besprechen, sagte Gesundheitsstaatssekretär Stefan Kapferer. Es gebe verschiedene Möglichkeiten, etwa Änderungen bei der Abstandsregelung oder andere Rabattregelungen. Die Reimporteure sind bereits durch den ab 1. August geltenden 16-prozentigen Herstellerabschlag betroffen – nun soll ihnen offenbar wieder entgegengekommen werden. Und das, obwohl gerade die Regelung zu Importarzneimitteln im ursprünglichen Eckpunktepapier zur künftigen Arzneimittelversorgung unter dem Stichwort "Deregulierung" zu finden war – sie gehörte zu den Instrumenten, die die Regierung auf ihre Notwendigkeit hin überprüfen wollte. Doch bekanntlich ist das ist nicht der einzige Eckpunkt, der den Weg in den AMNOG-Entwurf nicht geschafft hat. Auch das zunächst angekündigte Verbot von Pick-up-Stellen hat sich mittlerweile im Nichts aufgelöst.

Abgesehen davon, dass Apotheken nun weiterhin mit den Pick-up-Stellen von Versandapotheken leben müssen, werden sie die geplante Novellierung der Großhandelsvergütung zu spüren bekommen: Im AMNOG, das am 9. Juli erstmals im Bundestag beraten wurde, ist die Umstellung auf einen Fixzuschlag von 60 Cent je Packung sowie einen prozentualen Zuschlag von 1,7 Prozent auf den Abgabepreis des Herstellers vorgesehen. 400 Mio. Euro soll dies den Kostenträgern künftig ersparen. 85 Prozent, also rund 340 Mio. Euro, dieser Einsparungen sollen der GKV zugutekommen. Rabatte an Apotheken werden künftig nur noch im Rahmen dieses prozentualen (Höchst-)Zuschlages möglich. Im Ministerium hat man sich vorgestellt, dass die Belastung hälftig auf Großhandel und Apotheken verteilt wird – ob die Rechnung tatsächlich so aufgeht, kann allerdings zulasten der Apotheker bezweifelt werden. In der Regierungskoalition rechnet man im Laufe des Gesetzgebungsverfahrens noch mit einer Fülle von Änderungsanträgen zum AMNOG– auch zur Großhandelsspanne. Das letzte Wort ist hier also noch nicht gesprochen. Allerdings dürften sich die möglichen Änderungen in einem begrenzten Rahmen bewegen.

Insofern ist es sicherlich eine Erleichterung für die Apotheker, dass die Regierung nicht auch noch Änderungen an der Regelung zum Kassenabschlag nach § 130 Abs. 1 SGB V vornehmen will. Noch kurz bevor der Minister seine Reform vorstellte, waren Spekulationen laut geworden, der Abschlag solle gesetzlich festgeschrieben und zugleich auf 2,10 Euro oder mehr erhöht werden. Diese Forderung war vor einigen Wochen seitens der Union erhoben worden. Wer oder was letztlich dafür sorgte, dass diese Idee fallen gelassen wurde, lässt Rösler offen. Für ihn ist es wichtig, dass die Apotheken ihren Beitrag leisten, um das GKV-Defizit 2011 aufzufangen. Dazu seien "viele verschiedene Vorschläge" diskutiert worden – auch mit den Fraktions- und Parteispitzen und dem Kanzleramt. Einiges sei dabei auch verworfen worden, räumt er ein.

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