Management

Wenn die jüngere Führungskraft auf die ältere Mitarbeiterin trifft …

So bekommen Apotheker den "Generationenkonflikt" in den Griff

Konflikte sind vorprogrammiert, wenn der Apotheker die junge Angestellte zur Teamleiterin erklärt, die nun der älteren Kollegin Anweisungen geben soll und darf. Wie soll sich die junge Teamleiterin verhalten? Was kann der Apotheker tun, um sie zu unterstützen?

Arbeitet eine ältere Mitarbeiterin in der Apotheke und hat einen sehr viel jüngeren Chef, ist die Situation in aller Regel relativ entspannt. Das traditionelle Vorgesetzten-Angestellten-Verhältnis sorgt für klare Verhältnisse. Problematischer ist die Situation, wenn sich der Apotheker zum Beispiel entschließt, einer Mitarbeiterin aufgrund einer Spezialqualifikation, über die sie verfügt, die Teamleiterrolle zu übergeben. Nun muss die Angestellte, die gestern noch Kollegin war, Anweisungen geben, Kontrollen durchführen und die Ex-Kolleginnen anleiten (siehe "Wenn die Kolleginnen die Beförderung neiden" in Apotheker Zeitung 2007, Nr. 33 – 34, S. 7). Noch schwieriger gestaltet sich die neue Konstellation, wenn die Teamleiterin überdies (sehr viel) jünger ist als ein Teammitglied. Dann vergrößert der "Generationenkonflikt" zwischen der jungen, aber für eine bestimmte Aufgabe sehr qualifizierten Mitarbeiterin und der erfahrenen Ex-Kollegin das Konfliktpotenzial.

Rollenbilder hinterfragen und Selbstverständnis reflektieren

Apotheker und (neue) Teamleiterin sollten Verständnis für die ältere Mitarbeiterin aufbringen. Denn mit einiger Sicherheit wird die ältere Mitarbeiterin Probleme mit der Situation haben und die jüngere Teamleiterin als jemanden begreifen, der ihr buchstäblich vor die Nase gesetzt worden ist.

Welche Reaktionsmöglichkeiten hat die junge Führungskraft? Die klare Ansage kann ebenso wie die kooperative Methode akzeptiert, aber auch ausgenutzt und gegen die junge Teamleiterin verwendet werden. Gisela Jung – so nennen wir unsere junge Teamleiterin – ist gut beraten, sich mit allen Facetten und Nuancen der Situation zu beschäftigen und dabei die Situation von Martina Alt zu berücksichtigen.

Empfehlenswert ist es, eine nüchterne Situationsanalyse vorzunehmen, mögliche Konfliktszenarien durchzuspielen und frühzeitig Problemlösungsstrategien zu entwickeln. Die junge Teamleiterin sollte bei sich selbst beginnen und sich fragen, wie sie selbst mit der Konstellation zurechtkommt.

Wohl die meisten jungen Führungskräfte sind Kinder einer Sozialisation, bei der die Älteren – Eltern, Lehrer, Ausbilder in Uni und Betrieb – die Richtlinien vorgegeben haben. So konnten sich bestimmte Rollenbilder verfestigen. "Wenn Ältere reden, hast du zuzuhören" – es ist dann schwer, diese Rollenverteilung urplötzlich umzudrehen. Wichtig ist daher, dass sich die junge Führungskraft die Rollenbilder bewusst macht, die sie prägen – und welche die ältere Mitarbeiterin. Wieder tut Differenzierung Not:

  • Natürlich gibt es die ältere Ex-Kollegin, für die gemäß dem Motto "Traue keinem unter 35" alle Neuerungen und Veränderungen ein Gräuel sind und die misstrauisch ihre Beziehungen nutzt, um der neuen Vorgesetzten wo immer möglich Knüppel zwischen die Beine zu werfen.
  • Andererseits gibt es die loyale ältere Ex-Kollegin, die sich einsichtig auf die Situation einstellt und die unerfahrene Neue unterstützt.

Der Apotheker kann diesen Prozess unterstützen, indem er mit den Beteiligten ein Gespräch führt und dort verdeutlicht, dass es vor allem die spezielle Kompetenz der Jüngeren ist, die ihn dazu bewogen hat, einen ungewöhnlichen Weg zu gehen. So kann er das Festhalten an den traditionellen Rollenbildern vielleicht aufbrechen.

Situativ führen

Die Beispiele zeigen: Je nachdem, von welchen Rollenvorstellungen Gisela Jung und Martina Alt geprägt sind, gestaltet sich die Jungsche Vorgehensweise: Es ist aussichtslos, die misstrauische Mitarbeiterin allein mit schönen Worten ins Teamboot zu holen. Und der loyalen Ex-Kollegin sollte nicht autoritär begegnet werden, nur weil Gisela Jung glaubt, ihre überschaubare Führungserfahrung durch Härte ausgleichen zu müssen.

Vielmehr ist ein situativer Führungsstil angebracht, der die Situation und die Mitarbeiterin ins Auge fasst, mit dem die junge Führungskraft zu tun hat. Gisela Jung schaut genau hin, mit wem sie es zu tun hat und passt ihren Führungsstil der jeweiligen Ausgangslage an.

Um dies leisten zu können, muss sie sich mit ihrer Führungsrolle identifizieren. Entscheidend ist, dass Gisela Jung die Herausforderung annimmt und sich selbstbewusst sagt, nicht ohne Grund auf diese Stelle befördert worden zu sein. Der Apotheker traut es ihr zu, das Team zu führen, und setzt hohe Erwartungen in sie.

Hier ist die Teamleiterin wiederum auf die Unterstützung des Apothekers angewiesen. Sie sollte sich überdies Hilfe von außen holen, indem sie sich mit Menschen austauscht, die ähnliche Erfahrungen gesammelt haben. Überall dort, wo vom klassisch-traditionellen Verhältnis zwischen Vorgesetztem und Mitarbeiter abgewichen wird, liegt für Gisela Jung eine ergiebige Informationsquelle vor, die sie zum Erfahrungsaustausch darüber nutzen sollte, wie sie sich in der ungewohnten Situation, als Jüngere einen Älteren führen zu müssen, verhalten kann.

Integrationsstrategien bevorzugen

Realistische Analyse der Situation, Selbstreflexion, Erfahrungsaustausch: All dies versetzt die junge Führungskraft in die Lage, vorab Strategien für verschiedene Szenarien im Umgang mit der älteren Mitarbeiterin zu entwickeln. Sinnvoll ist die Unterscheidung zwischen Integrations- und Konfrontationsstrategien.

Setzt Gisela Jung auf Integration, ist das offene und klärende Gespräch die beste Vorgehensweise. Der Apotheker sollte hierbei mitwirken, indem er anbietet, ein solches Gespräch zu begleiten oder gar zu leiten.

In diesem Gespräch betont die junge Teamleiterin, dass und warum ihr die Mitarbeit der älteren Mitarbeiterin so wichtig ist: Deren Erfahrungswissen sowie die in vielen Jahren aufgebauten Kompetenzen sind entscheidend für den Erfolg der gesamten Apotheke und des Teams – so die Argumentation der Nachwuchsführungskraft. Zudem spricht Gisela Jung die Konsequenzen, die das neue Binnenverhältnis nach sich zieht, an und stellt dar, dass die neue Rollenverteilung nichts an der persönlichen Beziehung zu der älteren Mitarbeiterin ändert.

Nicht immer jedoch führt der Integrationskurs zum Ziel. Bleibt die ältere Mitarbeiterin uneinsichtig und störrisch, obwohl die Teamleiterin die wertschätzende Kommunikation mit ihr sucht, darf jene den Konfrontationskurs nicht scheuen. Im schlimmsten Fall muss der Apotheker eingeschaltet werden, damit die Fronten geklärt werden können.

Vielleicht ist folgende Einstellung die beste: Gisela Jung strebt den Konsens und den Ausgleich an, aber nicht um jeden Preis. Sie definiert für sich, wo ihre Grenzen liegen – und behält die einmal definierte Position konsequent bei. So wirkt sie glaubwürdig und authentisch – gegenüber Martina Alt, aber auch gegenüber den anderen Mitarbeiterinnen und dem Apotheker.


Dr. Michael Madel, freier Autor und Kommunikationsberater

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