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Warten auf Taten

ROSTOCK (tmb). Vom 13. bis 15. November fand der Apothekertag Mecklenburg-Vorpommern in Verbindung mit der Scheele-Tagung, der traditionsreichen Fortbildungsveranstaltung der DPhG-Landesgruppe, statt. Im Mittelpunkt des politischen Teils stand die Zukunft der Apotheken, insbesondere mit Blick auf die neue Regierung. Zwei Bundestagsabgeordnete der CDU und der FDP betonten die Bekenntnisse des Koalitionsvertrages zum Gesundheitssystem mit freiberuflichen Leistungserbringern, kündigten aber zugleich Weichenstellungen an, bei denen es auch um Wettbewerb und Wirtschaftlichkeit gehen soll.
Mit Meerblick Tagungsort des Apothekertag Mecklenburg-Vorpommern war in diesem Jahr das Ostseebad Rostock-Warnemünde.
Fotos: DAZ/tmb

Nachdem die Tagung in der jüngeren Vergangenheit meist im vorpommerschen Landesteil stattgefunden hatte, trafen sich diesmal etwa 250 Teilnehmer im Ostseebad Rostock-Warnemünde, das im etwas dichter besiedelten Mecklenburg liegt. Christel Johanns, Präsidentin der Apothekerkammer Mecklenburg-Vorpommern, führte die zahlreichen Anmeldungen zur Tagung auch auf die Wahl des Veranstaltungsortes zurück. Rückblickend würdigte Johanns das "überraschend klare EuGH-Urteil". Sie sei "stolz und erfreut", dass die Argumentation der ABDA fast wörtlich übernommen worden sei. Doch auch nach der Bundestagswahl seien große Herausforderungen für die Apotheker zu erwarten, die ihre heilberufliche Aufgabe gewissenhaft erfüllen müssten.

Klare Regeln und Augenmaß

Axel Pudimat, Vorsitzender des Apothekerverbandes Mecklenburg-Vorpommern, bedankte sich bei der neuen Regierung für die eindeutigen Stellungnahmen im Koalitionsvertrag zur flächendeckenden Versorgung. "Wir werden sehen, ob Taten folgen", so Pudimat. Die Apotheker bräuchten verlässliche Rahmenbedingungen, um hohe Qualität und besondere Leistungen bieten zu können. "Unsere Gesundheit sollte kein Spielball der Marktwirtschaft sein", so Pudimat, "wir brauchen Regeln". Die Bedeutung des Versorgungssystems zeige sich besonders in krisenähnlichen Situationen. Die Apotheker hätten die Versorgung mit Pandemieimpfstoff übernommen, ohne um das Honorar zu feilschen. "Die Kollegen verteilen das Wenige, was da ist, vernünftig und unbürokratisch", obwohl es ein Verlustgeschäft sei, erklärte Pudimat. Zudem kritisierte er mögliche Fehlentwicklungen beim Qualitätsmanagement. Qualität müsse in ein System hineinproduziert werden, könne aber nicht hineingeprüft werden. "Qualitätsmanagement soll sich am Leben orientieren", forderte Pudimat, es solle keine zweite Bürokratieebene neben den amtlichen Vorschriften werden.

Unschärfe beim Pick-up-Verbot?


Dem Koalitionsvertrag entsprechend kündigten der CDU- und der FDP-Abgeordnete beim Apothekertag Mecklenburg-Vorpommern ein Verbot der Pick-up-Stellen an. Doch wer genau hinhörte, konnte im Grußwort des CDU-Bundestagsabgeordneten Eckhardt Rehberg eine leichte Unschärfe erkennen, die noch Raum für Spekulationen über ein sehr wichtiges Detail lässt.

Rehberg forderte, die 2004 getroffene Entscheidung für den Versandhandel zu überdenken. Auswüchse wie Boni für Rezepte seien nicht hinnehmbar. Die Entstehung von Pick-up-Stellen sei nicht zu erwarten gewesen. Er kündigte an, dass Pick-up-Stellen verboten würden, wies aber zugleich darauf hin, neue Regelungen würden im Rahmen der EuGH-Entscheidungen zum Versandhandel bleiben. Der Versandhandel mit nicht verschreibungspflichtigen Arzneimitteln könne nicht verboten werden, erklärte Rehberg. Damit war jedoch nicht klar auszumachen, ob sich das angekündigte Pick-up-Stellen-Verbot möglicherweise nur auf verschreibungspflichtige Arzneimittel beziehen soll. Für weitere Nachfragen stand Rehberg nicht mehr zur Verfügung. Der FDP-Bundestagsabgeordnete Christian Ahrendt kritisierte die Pick-up-Stellen ebenfalls. Er verwies auf den Koalitionsvertrag, machte aber keine Differenzierungen beim angekündigten Pick-up-Stellen-Verbot.

Würdigung für Freiberufler

Eckhardt Rehberg, Vorsitzender der Landesgruppe Mecklenburg-Vorpommern der CDU im Deutschen Bundestag, betonte, dass die gesundheitspolitischen Vorgaben für eine Regierung selten so konkret beschrieben worden seien wie im jüngsten Koalitionsvertrag. "Das wird auch umgesetzt", versicherte Rehberg. Zum Erfolg des Gesundheitswesens hätten die freien Berufe entscheidend beigetragen, besonders in der flächendeckenden Versorgung. Bürokratische Vorschriften sollten auf ein Mindestmaß beschränkt werden. Doch müsse sich das Gesundheitswesen den geänderten gesellschaftlichen Verhältnissen anpassen, denen sich niemand verschließen könne. Als eine der nötigen Bedingungen nannte Rehberg auch die Wirtschaftlichkeit. Der CDU-Abgeordnete würdigte die EuGH-Entscheidung zum Fremdbesitzverbot und erklärte: "Das Fremdbesitzverbot ist die Voraussetzung für fairen Wettbewerb unter den Apotheken." Andernfalls würde die Versorgung ausgedünnt und auf Ballungszentren konzentriert.

Für die Zukunft erwartet Rehberg eine große Nachfrage für die Apotheken durch die steigende Lebenserwartung und den medizinischen Fortschritt. Diese Effekte würden auch die Beiträge zum Gesundheitswesen erhöhen. Darum sei Wettbewerb im Gesundheitswesen notwendig, woraus Rehberg folgerte: "Es wird Gewinner und es wird Verlierer geben." Er schränkte aber ein, es müsse im Gesundheitswesen immer auch Solidarität geben, Wettbewerb sei nur ein Teilaspekt.

Mehr Wettbewerb

Christian Ahrendt, MdB, FDP, fasste das Credo der FDP und ihres Gesundheitsministers Dr. Philipp Rösler in drei Punkten zusammen. Erstens sollten alle Menschen einen Zugang zum Gesundheitswesen auf gleichem Niveau haben. Zweitens wolle die FDP mehr Wettbewerb und mehr Wahlfreiheit im Gesundheitswesen. Dazu sollten die Krankenkassen die Beitragsfreiheit zurück erhalten. Die Versicherten sollten eine feste Prämie zahlen. Dies sei keineswegs unsozial, denn drittens solle der Solidarausgleich über das Steuersystem hergestellt werden, weil er so aus allen Einkommensarten gespeist werde.

Zur aktuellen Diskussion über Staatsfinanzen und Steuersenkungen erklärte Ahrendt, der Staat habe kein Einnahme-, sondern ein Ausgabenproblem, denn die Ausgaben seien in der Vergangenheit stärker als die Einnahmen gestiegen. Daher müssten die Ausgaben vermindert werden. Damit werde die Regierung im nächsten Jahr beginnen.

Kurzkommentar: Wachsam bleiben


War es nur eine unglückliche Vermischung der Versandhandelsproblematik mit dem Thema Pick-up-Stellen? Oder ist noch offen, ob das angekündigte Pick-up-Stellen-Verbot so umfassend wird, wie es der Koalitionsvertrag erwarten lässt? Sollen Pick-up-Stellen insgesamt verboten werden oder könnte das Pick-up-Verbot allein auf verschreibungspflichtige Arzneimittel begrenzt sein? Die Formulierungen des CDU-Abgeordneten beim Apothekertag Mecklenburg-Vorpommern sollten die Apotheker mahnen, wachsam zu bleiben. Die Pick-up-Stellen sind erst verboten, wenn es im Gesetz steht. Den Politikern muss deutlich gemacht werden, dass ein Pick-up-Verbot allein für verschreibungspflichtige Arzneimittel das Problem nicht lösen würde. Denn es geht um Arzneimittelsicherheit als Ganzes und um das Bild der Öffentlichkeit vom Arzneimittel und von der Apotheke. Außerdem ist gerade bei den nicht verordneten Arzneimitteln eine kompetente Beratung notwendig, die es weder im Drogeriemarkt noch an der Tankstelle gibt.

Thomas Müller-Bohn

"Heilberufliche Herausforderungen gewissenhaft erfüllen" Christel Johanns, Präsidentin der Apothekerkammer Mecklenburg-Vorpommern

"Wir brauchen Regeln" Axel ­Pudimat, Vorsitzender des Apothekerverbandes Mecklenburg-Vor­pommern
Große Nachfrage für Apotheken sieht Eckhardt Rehberg, Vorsitzender der Landesgruppe Mecklenburg-Vorpommern der CDU, in der Zukunft.

"Der Staat hat kein Einnahme-, sondern ein Ausgabenproblem" Christian Ahrendt, MdB FDP

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