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Arzneimittel und Therapie
Cytarabin regt Tumorzellen zur Differenzierung an
Cytarabin ist ein Isomer des Nukleosids Cytidin. Das Zytostatikum wirkt als Antimetabolit und wird nach Umwandlung (Phosphorylierung) in seine aktive Form Cytosinarabinosidtriphosphat anstelle des Nucleotids Cytosintriphosphat in die DNA während der DNA-Replikation eingebaut. Daneben werden auch die DNA-Reparaturmechanismen blockiert. Cytarabin wird vor allem zur Behandlung der akuten myeloischen Leukämie (AML) bei Kindern und Erwachsenen eingesetzt.
Die Wirkungsweise des Zytostatikums
Mehr als 3500 Neuerkrankungen an akuter myeloischer Leukämie (AML) treten jedes Jahr in Deutschland auf. Zumeist sind ältere Menschen betroffen und Männer häufiger als Frauen. Die Ursachen, die zur Entwicklung einer AML führen, sind ungeklärt; offensichtlich spielen jedoch genetische Faktoren eine Rolle, die zu Veränderungen in einer einzelnen blutbildenden Vorläuferzelle führen. Bei etwa 20% der AML-Patienten wird eine Mutation im Rat sarcoma-Gen (Ras) gefunden. Die Genveränderung trägt dazu bei, dass sich die betroffenen Stammzellen unkontrolliert vermehren und nicht zu reifen Blutkörperchen und Blutplättchen differenzieren. Andererseits wirken hohe Dosen des Zellgifts Cytarabin gerade bei denjenigen AML-Patienten besonders gut, die das Ras-Onkogen tragen. Um die Wechselwirkung besser zu verstehen, wurden von den Marburger Ärzten modifizierte Maus-Stammzellen verwendet, die sich nicht zu reifen Zellen differenzieren können. Das Zytostatikum Cytarabin schaltete in Kombination mit onkogenem Ras einen zelleigenen Mechanismus an, der die krebstypische Zellvermehrung stoppt und die Zellen stattdessen zur Reifung veranlasst. Anders als erwartet unterdrückte das Krebsmedikament somit nicht die Vermehrung von Tumorzellen, sondern regte diese zur "normalen" Differenzierung an.
Ob sich diese Ergebnisse auch auf die Wirkungsweise anderer klassischer Zytostatika übertragen lassen, ist zunächst noch unklar. Es kann aber davon ausgegangen werden, dass sich die Heilungschancen zumindest von Leukämiepatienten durch eine Chemotherapie verbessern lassen, wenn zelleigene Differenzierungsmechanismen unterstützt werden. Das Forscherteam regt daher an, die Entwicklung neuer Wirkstoffe und Behandlungsprotokolle für die Therapie der akuten myeloischen Leukämie zu entwickeln, die auf eine Zelldifferenzierung zielen. Offen bleibt allerdings, inwieweit die unterschiedlichen genetischen Faktoren, die bei den einzelnen AML-Patienten zur Entstehung der Erkrankung führen bzw. dazu beitragen, dann tatsächlich den Erfolg entsprechender neuartiger Therapiemodelle gewährleisten.
Quelle
Meier, M.; et al.: (2009) Oncogenic RAS Enables DNA Damage- and p53-Dependent Differentiation of Acute Myeloid Leukemia Cells in Response to Chemotherapy. PLoS ONE 4(11): e7768. doi:10.1371/journal.pone.0007768
Dr. Hans-Peter Hanssen
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