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Aus Kammern und Verbänden
Biosimilars
Biosimilars sind biotechnologisch hergestellte Nachfolgeprodukte eines nicht mehr patentgeschützten Biopharmazeutikums. Bedingt durch die Komplexität der Referenzsubstanz – es handelt sich vorwiegend um komplex aufgebaute Proteine – und durch die Herstellung aus lebenden Zellen, können Originalsubstanz und Folgepräparat nur ähnlich, aber nicht identisch sein.
Prof. Dr. Georg-Burkhard Kresse, Roche Diagnostics und Vorstand der vfa bio (Interessengruppe Biotechnologie im Verband Forschender Arzneimittelhersteller), wies auf den äußerst komplizierten Herstellungsvorgang hin, dessen Kernstück die nicht replizierbare Master-Zellbank ist, mit deren Hilfe die entsprechenden Proteine gebildet werden. Diese Proteine sind nicht einheitlich, sondern es entsteht eine mikroheterogene Mischung unterschiedlicher molekularer Spezies. Das Produkt wird also durch den Herstellungsprozess geprägt ("The process is the product"). Jede Herstellungsmethode führt zu einem zwar ähnlichen, aber anderen Endprodukt, das unter Umständen eine andere Pharmakokinetik und Bioverfügbarkeit aufweist. Im schlimmsten Fall kann ein anderer Herstellungsprozess zu einem Produkt mit erhöhter Immunogenität führen, sodass der Patient Antikörper gegen das Arzneimittel entwickelt.
Definitionen
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Einsparpotenzial
Aus der Sicht der Krankenkassen, vertreten durch Andreas Pfaff von der AOK Baden-Württemberg, sind bei der Verordnung von Biosimilars neben der Arzneimittelsicherheit auch wirtschaftliche Aspekte zu berücksichtigen. Derzeit sind zwar nur vier Biosimilar-Gruppen (Filgrastim-, Interferon-, Somatropin- und Epoetin-haltige Arzneimittel) auf dem Markt, ihr Anteil wird aber kontinuierlich wachsen. Schon heute finden sich unter den 25 Arzneimitteln, die die höchsten Kosten verursachen, zehn Biopharmazeutika. Spätestens nach dem Ablauf des Patentschutzes für häufig eingesetzte monoklonale Antikörper wie etwa Rituximab oder Trastuzumab wird der Anteil der Biosimilars stark ansteigen. Bereits jetzt zeichnet sich ihre zunehmende Verordnung ab. So zeigt ein Vergleich der Marktanteile zwischen 2008 und dem III. Quartal 2009 eine Zunahme der Biosimilar-Verschreibungen bei Interferon-, Filgrastim-, Somatropin- und Epeotinpräparaten; bei letzteren stieg der Anteil von 0,2% auf 17,8%.
Bei teilweise erheblichen Preisunterschieden zwischen dem Referenzpräparat und Biosimilars besteht theoretisch ein hohes Einsparpotenzial. Allerdings, so die Kritik von Pfaff, erschweren manche Strategien der Pharmaindustrie und eine mitunter unklare Datenlage einen stringenten Vergleich der einzelnen Präparate. Zum jetzigen Zeitpunkt erscheint eine Substitution durch die Apotheke problematisch und sollte dem Arzt vorbehalten sein, der durch Verordnung von Biosimilars bei Neueinstellungen zur Kostensenkung im Gesundheitswesen beitragen kann.
Aktuelle Verhandlungen …
… zum Rahmenvertrag nach § 129 SBG V: Biosimilars und Bioidenticals.
Quelle: Hofferberth
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LAV und BMG: keine Substitution
Rechtsanwältin Ina Hofferberth, LAV Baden-Württemberg, skizzierte die aktuellen Verhandlungen zum Rahmenvertrag nach § 129 SGB V. Diese sehen eine Austauschbarkeit von Biosimilars vor, wenn es sich um identische Wirkstoffe, das heißt um Bioidenticals handelt – nur in diesen Fällen soll eine Substitution möglich sein. Da die GKV nicht einseitig die Verantwortung über Austauschbarkeiten übernehmen möchte, entstand der Vorschlag des Deutschen Apothekerverbands, gemeinsam eine "Positivliste" als Anlage zum Rahmenvertrag zu erstellen und dadurch eine Rechtssicherheit zu schaffen (siehe Kasten links). Diese Liste soll dann in die EDV der Apotheken übernommen werden.
Die pharmazeutische Sicht – keine Substitution von Biosimilars – wird von der ministeriellen Seite her geteilt. Die in der Aut-idem-Regelung geforderte Wirkstoffgleichheit trifft Ministerialrat Ulrich Dietz, Bundesministerium für Gesundheit, zufolge nur auf identische biotechnologische Arzneimittel zu. Liegen unterschiedliche Ausgangsstoffe vor, wurden verschiedene Herstellungsverfahren gewählt oder liegen keine einheitlichen Zulassungsunterlagen vor, darf nicht substituiert werden.
Verordnung im ärztlichen Alltag
Den Standpunkt der Ärzteschaft legte Dr. Jan Geldmacher, Vorstandsmitglied der Kassenärztlichen Vereinigung Baden-Württemberg, dar. Liegt ein fundierter Wirksamkeitsnachweis vor, kann bei Beginn einer Therapie ein Biosimilar eingesetzt werden. Wird ein Patient bereits mit einem entsprechenden biotechnologisch hergestellten Arzneimittel behandelt und soll eine Umstellung auf ein Biosimilar erfolgen, sind gegebenenfalls andere Dosierungsintervalle, andere Applikationsarten oder möglicherweise andere Indikationsgebiete zu beachten. Die Substitution darf nur von einem Arzt durchgeführt werden. In der Umstellungsphase muss der Patient engmaschig überwacht werden. Eine unproblematische Substitution ist nur bei Bioidenticals denkbar.
Doch wie sieht die Praxis aus? Die Verordnung von Biosimilars wird in Deutschland derzeit sehr unterschiedlich gehandhabt. So beträgt ihr Anteil bei Epoetin-haltigen Arzneimitteln im Saarland rund 3%, in Niedersachsen hingegen circa 37%. Ähnliche Unterschiede zeigen sich auch bei den Verordnungen von Somatropin-Präparaten.
Kosten, nicht Preise senken
Bei der klinisch-pharmazeutischen Beurteilung eines Biosimilars und dessen Referenzsubstanz stehen die Wirksamkeitsnachweise am Patienten, die jeweiligen Indikationsgebiete und Untersuchungen zur Pharmakovigilanz der entsprechenden Präparate im Vordergrund.
Die Bedeutung dieser Forderungen erläuterte Dr. Hans-Peter Lipp, Universitätsapotheke Tübingen, unter anderem am Beispiel von Epoetinpräparaten. Besitzt etwa ein bestimmtes Epoetin-Biosimilar keine Zulassung zur subkutanen Applikation, kann es nicht mit dem Originalpräparat, das eine s.c.-Zulassung hat, verglichen werden. Im Hinblick auf die klinische Effektivität gilt: Je umfangreicher das vorliegende Studienmaterial ist und je mehr Patienten einbezogen wurden, umso besser lassen sich erwünschte und unerwünschte Wirkungen eines Biosimilars beurteilen. Lipp verwies in diesem Zusammenhang auf die Risiken einer durch ein Biopharmazeutikum verursachten Immunogenität und einer PRCA (pure red cell aplasia; Auftreten neutralisierender Antikörper gegen Epoetin). Um die Variabilität von Antikörperantworten zu erfassen, müssen die Daten vieler Patienten erhoben werden.
Auf keinen Fall sollte ein mehrfacher Wechsel von einer Referenzsubstanz zu einem Biosimilar erfolgen. Treten dann unerwünschte Wirkungen auf, ist keine Zuordnung mehr möglich, und die Akutbehandlung sowie eine erneute Einstellung des Patienten sind mit großem finanziellem Aufwand verbunden. Daher fordert Lipp weitsichtige, kostensparende Entscheidungen, die über eine reine Preispolitik hinwegreichen.
Diskussion
Im Vordergrund der Diskussion standen Fragen der Substitution und die Forderung nach transparenten Kriterien zur Bewertung eines Biosimilars. Solange ein solches nicht "aus derselben Küche" stammt, sollte von einem Austausch abgesehen werden. Entscheidet man sich bei der Erstverordnung für ein Biosimilar, sollten die zugrunde liegenden Zulassungsstudien sowie die Indikationen sorgfältig betrachtet werden. Eine Austauschliste für Biosimilars mit allen relevanten Daten könnte dabei von großem Nutzen sein. Ein vermeintlicher Preisvorteil kann sich bei näherer Betrachtung als trügerisch erweisen, wenn bei einem unkritischen Einsatz Folgekosten entstehen. Daher die Ermahnung von Lipp, nicht nur die Preise, sondern auch die Kosten zu beachten. pj
Vergleich von Biosimilars und Generika | ||
Biosimilars |
Generika |
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Entwicklungskosten |
ca. 50 – 100 Mio. Euro |
ca. 1 – 1,5 Mio. Euro |
Entwicklungszeit |
6 bis 9 Jahre |
3 Jahre |
Zulassung |
ausschließlich zentral über die EMEA |
wahlweise national, über gegenseitige Anerkennung oder zentral (EMEA) |
Präklinische Studien |
erforderlich |
nicht erforderlich |
Klinische Studien |
Phase I, d. h. mit gesunden Probanden, und Phase III, d. h. mit indikationsgemäß zu behandelnden Patienten |
Phase I als Bioäquivalenz-Studie: AUC muss 80 bis 125% der AUC des Referenzprodukts betragen |
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