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Deutscher Apothekertag 2009
Politiker wollen gegen Pick-up-Stellen vorgehen
Der nordrhein-westfälische Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann (CDU) betonte, dass er sich immer für die inhabergeführte und mittelständische Apotheke eingesetzt habe. Von Apothekenketten in der Hand von Kapitalgesellschaften hält er hingegen nichts. "Warum sollten wir ändern, was gut funktioniert?", gab der Minister zu bedenken. Man sei vielmehr gut beraten, die inhabergeführte Apotheke zu stärken und nicht durch Kapitalgesellschaften zu ersetzen. Zugleich bedauerte er, dass der Versandhandel mit Arzneimitteln in Deutschland noch immer erlaubt ist. Er hatte bereits Anfang 2007 eine Bundesratsinitiative gestartet, mit dem der Versandhandel mit verschreibungspflichtigen Arzneimitteln verboten werden sollte – diese blieb jedoch ebenso erfolglos wie die folgenden Initiativen, etwa aus Bayern oder seitens der Linksfraktion im Bundestag. Nun will Laumann zumindest dafür sorgen, dass Pick-up-Stellen in Drogerien, Tankstellen oder Lotto-Toto-Annahmestellen "rechtlich der Boden entzogen wird" – auch wenn er nicht weiter erläuterte, auf welche Art und Weise. "Patient, Arzneimittel und vertrauliche Beratung in der Apotheke gehören für mich zusammen", betonte er. Denn was nutze ein aufwendig hergestelltes Arzneimittel, wenn der Patient es nicht richtig einnehme? Die Arzneimitteltherapie könne vielmehr nur effizient und wirksam sein, wenn eine individuelle Beratung stattfinde. Und diese könne an einer Tankstelle oder in einer Drogerie nicht geleistet werden. In diesem Sinne appellierte Laumann an die Apotheken, die Qualität ihrer Arbeit noch zu verbessern. "Wer eine Apotheke betritt, sollte spüren, dass er bei einem Heilberufler und nicht bei einem Einzelhändler ist", so der Minister. Überdies sprach er sich dafür aus, die Kooperation zwischen Apotheker- und Ärzteschaft weiter zu stärken.
Schröder: Versandhandel ist notwendig
Der Staatssekretär im Bundesgesundheitsministerium (BMG), Dr. Klaus Theo Schröder, verteidigte dagegen den Versandhandel mit Arzneimitteln. Er betonte, dass es seit seiner Einführung 2004 "keine Massenschließungen" von Apotheken gegeben habe. Auch das Umsatzvolumen habe sich nicht wesentlich verschoben, der Anteil des Versandes am Gesamtmarkt liege noch immer bei nicht viel mehr als einem Prozent. Dennoch sei der Versand eine "Ergänzung, die für manche Patienten, etwa chronisch Kranke, notwendig ist". Zugleich machte aber auch Schröder deutlich, dass den Auswüchsen bei Bestell- und Abholstellen in Gewerbebetrieben begegnet werden müsse. Konzepte wie Apotank seien "nicht akzeptabel". Nötig sei ein Ordnungsrahmen, den man im Rahmen der 15. AMG-Novelle aber noch nicht habe auf den Weg bringen können. "In der nächsten Legislaturperiode müssen wir jedoch einen rechtlichen Rahmen schaffen, damit bestimmte Absatzwege nicht mehr zur Verfügung stehen", betonte Schröder. Dabei gehe es darum, den Versandhandel sicherer zu machen. Schröder würdigte zudem, dass die Apotheker bereit seien, den Wandel in der Versorgung mitzutragen. So hätten sie etwa durch die Umsetzung der Rabattverträge "erhebliche Effizienzgewinne für die Solidargemeinschaft" gehoben. Auch für die Zukunft setzt der Staatssekretär auf die Kompetenz der Apotheker als Heilberufler. Es gebe große Herausforderungen, gerade bei der Versorgung dünn besiedelter Gebiete. Darüber werde man mit Ärzten und Apothekern in nächster Zeit diskutieren müssen; das Ministerium sei offen für die Vorschläge der Apothekerschaft. "Solange wir miteinander im Gespräch bleiben, haben wir Chancen, die Zukunft zu gestalten", so Schröder.
Volkmer: Kästen beraten nicht
Die SPD-Bundestagsabgeordnete Dr. Marlies Volkmer sieht das Pick-up-Problem durchaus schärfer als Schröder. Sie hob auf das diesjährige Motto des Apothekertages ab: "Gesundheit braucht Verantwortung." Dieses berühre auch die Politik – sie stehe in der Verantwortung für einen rechtlichen Rahmen zu sorgen, der die hohe Qualität der Arzneimittelversorgung aufrecht erhält oder verbessert. Und zu einer Verbesserung der Arzneimitteltherapiesicherheit führe es sicherlich nicht, wenn die Politik die Installation von Rezeptbriefkästen weiterhin zulasse, betonte Volkmer. "Kästen beraten nicht. Und auch im Drogeriemarkt findet keine Beratung statt", so die SPD-Politikerin. Ebenso wenig werde die Arzneimitteltherapiesicherheit verbessert, wenn Arzneimittel neben Waschmitteln oder Blumen präsentiert werden. Denn wie solle der Patient dann den besonderen Charakter des Arzneimittels noch wahrnehmen? Die Gesundheitspolitikerin äußerte ihr Bedauern, dass es der Politik bislang nicht gelungen sei, die Pick-up-Entwicklung zu stoppen. Sie versicherte zugleich, sich auch in der nächsten Legislaturperiode für eine Lösung dieser wichtigen Frage einzusetzen. Darüber hinaus sprach sich Volkmer für eine stärkere Einbeziehung von Apotheken in Integrierte Versorgungsverträge aus: "Würden Apotheken zum festen Bestandteil der Integrierten Versorgung, könnte ihre Kompetenz am besten genutzt werden."
Zöller: Bei Rabattverträgen nachbessern
Der CSU-Bundestagsabgeordnete Wolfgang Zöller erteilte in seinen Grußworten Apothekenketten eine ausdrückliche Absage. Sei seien "eine Gefährdung für die flächendeckende Versorgung". Auch Pick-up-Stellen in Drogeriemärkten seien nicht akzeptable Auswüchse des Versandhandels, denen durch gesetzliches Handeln begegnet werden müsse. Mit dem Koalitionspartner SPD sei dies aber noch nicht gelungen. Der Vorschlag des Bundesgesundheitsministeriums, Qualitätskriterien für Pick-up-Stellen in Gewerbebetrieben festzuschreiben, hätte die Probleme ebenfalls nicht gelöst, betonte Zöller. Auf diese Weise hätte man lediglich eine "Apotheke light" und damit eine Parallelstruktur etabliert. Zöller äußerte sich überdies kritisch zu den gegenwärtig existierenden Rabattverträgen der Krankenkassen: Ursprüngliches Ziel dieser gesetzlichen Regelung sei es gewesen, Rabatte für hochpreisige Arzneimittel zu generieren, die keiner anderen Regelung zugänglich sind. Doch die Krankenkassen konzentrierten sich auf Generika und setzten dabei ausschließlich auf die Preiskomponente. "Das ist keine Zukunftslösung", betonte der Unionspolitiker. Mit Recht werde auch die mangelnde Transparenz und der Umsetzungsaufwand der Rabattverträge bemängelt. Auch dass es Compliance-Probleme gebe, sei klar. "Im Moment bestimmt die Krankenkasse, welches Arzneimittel jemand bekommt – das kann nicht der richtige Weg sein", meint Zöller. Zudem binde die Aufklärung über die Rabattverträge die Arbeitskraft der Apotheker, die an anderen Stellen ebenso benötigt würde. Daher sei es notwendig, zum Jahresende eine Bestandsaufnahme zu machen. Man müsse genau schauen, ob die Einsparungen und der Aufwand noch in einem angemessenen Verhältnis zueinander stünden. "Nach dieser Analyse werden wir sicherlich deutlich nachbessern müssen", prognostizierte Zöller.
Bahr warnt vor "Hecken-Schützen"
Der gesundheitspolitische Sprecher der FDP-Fraktion, Daniel Bahr, betonte, dass das EuGH-Urteil zum Fremdbesitzverbot, die "bedeutendste Entscheidung für die Apotheker seit Langem" gewesen sei. Sie sei ein "starkes Signal", dass der Apotheker nicht nur Kaufmann, sondern vielmehr Heilberufler sei. Das Urteil habe nicht nur den Apothekern Rückenwind gegeben, sondern zeige auch die Bedeutung der freien Heilberufe überhaupt. Die FDP nehme es daher zum Anlass, die Freiberuflichkeit weiter zu stärken. Bahr teilte zudem Zöllers Auffassung, was die vom BMG vorgeschlagenen Qualitätskriterien für Rezeptsammelstellen in Gewerbebetrieben betrifft: "Wir wollen nicht ein bisschen Apotheke. Wenn Apotheke, dann richtig Apotheke!" Daher will er weiterhin für ein Verbot von Pick-up-Stellen kämpfen. Derartige Ausfransungen des Versandhandels könnten nicht toleriert werden. Im letzten Jahr habe seine Fraktion einen entsprechenden Vorschlag unterbreitet, der aber keine Mehrheit im Parlament fand. Bahr zufolge habe es seinerzeit sowohl in der CDU/CSU als auch in der SPD geheißen, man würde dem Antrag gerne zustimmen – dies gehe jedoch "mit Rücksicht auf den Koalitionspartner" nicht. Nun hofft Bahr auf eine neue Koalition, mit den Pick-up-Stellen einvernehmlich ein Ende gesetzt werden kann. Denn Wettbewerb könne nur unter fairen Bedingungen funktionieren, betonte der FDP-Politiker. Und Abholstellen leisteten bei Weitem nicht, was Apotheken leisten. Was ein Verbot des Versandhandels mit verschreibungspflichtigen Arzneimitteln betrifft, bleibt Bahr jedoch dabei, dass hier das Rad nicht zurückgedreht werden könne. Was die Rabattverträge betrifft, so sind diese aus Bahrs Sicht von der Grundidee her gut. Krankenkassen und Pharmafirmen sollten durchaus über Preise verhandeln. Allerdings müsse das Wettbewerbs- und Kartellrecht Anwendung finden, um auch den Mittelstand zu schützen – anderenfalls könnten uns die Rabattverträge mittelfristig teuer zu stehen kommen. Bahr sprach sich zudem erneut für eine Mehrkostenregelung aus, die es Versicherten ermöglicht, gegen eine Aufzahlung das von ihnen erwünschte Präparat zu erhalten. Sollte es nach der Wahl für eine schwarz-gelbe Koalition reichen, so wird die Hoffnung bei den Apothekern groß sein, dass das Ministerium der FDP zugeschlagen wird. Bahrs abschließende Bemerkung, man müsse auf "Hecken-Schützen" aufpassen, erntete lautstarke Zustimmung. ks
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