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Aus Kammern und Verbänden
Pharmaziegeschichtliches Kleinod in Cottbus
Frank Szymanski, Oberbürgermeister der Stadt Cottbus, würdige in seinem Grußwort die engagierte Arbeit des Fördervereins sowie der Apotheker und erinnerte daran, dass nach dem Willen der Politiker in der DDR das Museum ursprünglich gar nicht in Cottbus, sondern in einer größeren Stadt eingerichtet werden sollte. Die Initiatoren hätten aber seinerzeit bewiesen, dass sich Vorhaben verwirklichen lassen, wenn man "gegen den Strom zur Quelle schwimmt".
Apotheker Stephan Creuzburg, Vorstandsmitglied der Landesapothekerkammer Brandenburg, verglich in seiner Laudatio die Vereinsarbeit für das Museum mit einem "Familienbetrieb, in dem man zusammenhält".
Unter dem Motto "Giftgeschichten" schlüpften die Apotheker Eberhard Jasinski aus Colditz und Volker König aus Schmalkalden in die Rollen eines Autors, der für seinen Krimi nach einem spurenlosen Gift sucht, und eines "Chemiefreaks". Im Internetforum chatteten sie humorvoll über Cannabis, Nicotin, Ricin, Methanol und andere Substanzen und ihre (Nicht-) Tauglichkeit als Mordwerkzeuge. Anschließend las Apothekerin Dr. Edith Framm aus Wismar aus ihrer Romanbiographie "Ein Mecklenburger Apothekerleben im 19. Jahrhundert" (ISBN 978-3-00-020792-1).
Kurfürstliches Apothekenprivileg von 1568
Den Werdegang "von der privilegierten Apotheke zum Apothekenmuseum" aus der Feder von Museumskustos Ulrich Gerasch referierte Apothekerin Karen Pank, Vorsitzende des Vereins zur Förderung des Brandenburgischen Apothekenmuseums in der Löwen-Apotheke.
1568 hatte Markgraf Johann von Brandenburg-Küstrin seinen Leibarzt Dr. Peter Hosemann (latinisiert Cnemiander, 1525 –1591), der zugleich Stadtarzt von Cottbus war, zum Führen einer Apotheke privilegiert, um in der Stadt die Versorgung mit Arzneien zu sichern. Fünf Jahre später baute Hosemann auf dem heutigen Grundstück Altmarkt 24 ein Haus und eröffnete darin die Löwen-Apotheke. Erst 1797 wurde – ebenfalls am Altmarkt – eine zweite Offizin, die Adler-Apotheke, gegründet.
Von der Gründung bis zur Verstaatlichung 1951 hatte die Löwen-Apotheke 19 Besitzer. 1671 zerstörte eine Feuersbrunst die Stadt. Es dauerte viele Jahre, bis die Schäden an der Löwen-Apotheke behoben waren. Die gewölbten Offizin-, Labor- und Kellerräume im Vorderhaus und im Hintergebäude waren aber nachweisbar erhalten geblieben. Um 1820 wurde auf die Fassade des Gebäudes ein Staffelgiebel gesetzt und dieser mit einer Statue der Hygieia bekrönt.
Von Speichern und aus Kellern nach Cottbus
Ein Großteil der über 45.000 Objekte umfassenden musealen Sammlung ist dem Engagement von Apotheker Ernst Versen zu verdanken, der die Offizin seit der Verstaatlichung leitete. Anstatt altes, nutzloses Inventar aus dem Nachlass seiner Vorgänger zu vernichten, bewahrte er es auf: alte Arzneibücher, Drogenzerkleinerungsgeräte, Glasretorten und viele andere Utensilien aus den Laboratorien von einst. 1964 wurde die Löwen-Apotheke neu gestaltet. Als sich nach dem Tod von Versen (1968) kein Nachfolger fand, wurde die älteste Offizin von Cottbus der Adler-Apotheke angegliedert und 1982 geschlossen.
Obwohl Versen in den letzten Jahren seines Lebens einen Teil seiner Sammlung verschenkt hatte, waren noch genug Objekte übrig geblieben, um ein Apothekenmuseum einzurichten. Dies war nämlich seit Langem das erklärte Ziel von Apotheker Ulrich Gerasch gewesen, der als Student und Praktikant bei Versen gelernt und gearbeitet hatte und mit ihm oft im "pharmazeutischen Raritätenkabinett" gefachsimpelt hatte. 1967 wurde Gerasch für 15 Jahre zum Apothekenrevisor berufen. Er hatte die Aufgabe, mehr als 70 Offizinen in der Niederlausitz zu visitieren, und entdeckte dabei in Kellern und auf Speichern zahlreiche Laborgeräte und andere Objekte, die der zunehmenden Modernisierung der Apotheken hatten weichen müssen, und schaffte sie großenteils nach Cottbus.
Umbau der Apotheke zum Museum
Die Idee, in Cottbus ein Museum aufzubauen, das die Bevölkerung über den Apothekerberuf und seine Geschichte informiert, wurde in Kollegenkreisen zwar belächelt. Aber es gab auch einige Apotheker, die Gerasch tatkräftig unterstützten. Bis das Museum Realität wurde, musste der engagierte Berufskollege allerdings noch einige Jahre "gegen den Strom zur Quelle" schwimmen. 1980 wurde der gesamte Altmarkt unter Denkmalschutz gestellt und das Gebäudeensemble bis 1987 restauriert, nur die Löwen-Apotheke lag aufgrund von Meinungsverschiedenheiten über die beste Sanierungsmethode noch im "Dornröschenschlaf".
MuseumBrandenburgisches Apothekenmuseum
Altmarkt 24, 03046 Cottbus
Tel. (0355) 23997, Fax 3831848
Geöffnet: Dienstag bis Freitag 10 bis
17 Uhr (mit Kräuterverkauf)
Führungen: Dienstag bis Freitag 11 und
14 Uhr, Samstag und Sonntag 14 und 15 Uhr oder nach Vereinbarung
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Historische Arbeitsräume und Kräuterlädchen
Nachdem für das Gebäude endlich Baufreiheit geschaffen worden war, musste die Sammlung ausgelagert werden. Ulrich Gerasch transportierte jeden Sonntag mit seinem Privatwagen Objekte zur leer stehenden Adler-Apotheke in Peitz, wo er sie – mittlerweile systematisiert – in selbstgebauten Vitrinen aufstellte. Als 1988 der Vorstand für die Geschichte der Pharmazie der DDR in Cottbus tagte, zeigte Gerasch ihm die Räume in der ehemaligen Peitzer Offizin.
Der damalige Bezirksapotheker OPhR Wolfgang Rödel erkannte das Potenzial der Sammlung und unterstützte Gerasch fortan finanziell und ideell.
Am 2. Mai 1989 wurden die höheren Funktionäre von Stadt und Bezirk Cottbus zur Eröffnung des Niederlausitzer Apothekenmuseums eingeladen, und ab dem 1. Juni desselben Jahres war es für Besucher zugänglich. 1994 wurde der Trägerverein gegründet, und im Juli 2002 wurde die Einrichtung aufgrund ihres mittlerweile überregionalen Bekanntheitsgrads in "Brandenburgisches Apothekenmuseum" umbenannt.
Auf 400 m2 Ausstellungsfläche sind alle üblichen Arbeitsräume einer Offizin um 1900 zu sehen. Bei Führungen werden die umfangreichen Arbeitsgebiete des Apothekers zu jener Zeit bis hin zur Gegenwart erläutert.
Darüber hinaus präsentiert das Museum jedes Jahr eine Sonderausstellung. Eine anfangs erwogene Kombination des Museumsbetriebs mit einer öffentlichen Apotheke war aus denkmalpflegerischen Gründen nicht möglich. Immerhin wurde in der ehemaligen Offizin mit dem Mobiliar der Forster Löwen-Apotheke von 1870 ein Kräuterlädchen eingerichtet.
Reinhard Wylegalla
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