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Hohe Erwartungen
ABDA-Präsident Heinz-Günter Wolf erklärte auf die Anfrage der DAZ: "Die Apotheker haben eine neue Grundlage ihre Vorstellungen vorzutragen." Er gehe davon aus, dass sie dabei offene Ohren finden werden. Doch müssten die Apotheker abwarten, bis Klarheit über die zuständigen Gesprächspartner besteht. "Unsere inhaltliche Weiterentwicklung der Arzneimittelversorgung ist klar, der Apotheker als Heilberufler nimmt seine Verantwortung persönlich wahr," so Wolf. Zu den Spekulationen über die Besetzung des Bundesgesundheitsministeriums meinte Wolf, es könne sein, dass die neue Koalition zum früher bereits praktizierten Konzept der "bunten Ministerien" zurückkehrt. Dabei würden das Ministeramt und die Posten der beiden Staatssekretäre des Ministeriums jeweils von Vertretern unterschiedlicher Parteien, also CDU, FDP und CSU besetzt.
In einer Pressemitteilung betonte Wolf, dass die ABDA der künftigen Bundesregierung als Gesprächspartner für die qualitative Fortentwicklung der hochwertigen Arzneimittelversorgung mit unabhängigen und freiberuflich tätigen Apothekern zur Verfügung steht. "Grundlagen dafür sind ein stabiler Gesetzesrahmen und eine verlässliche Gesundheitspolitik," so Wolf. Er betonte, dass die Übernahme persönlicher Verantwortung für den Verhandlungserfolg im Gesundheitswesen entscheidend sei. Weiter erklärte der ABDA-Präsident: "Die zuweilen einseitige Debatte über die Systemkosten muss endlich gepaart werden mit einer Debatte über die optimale und notwendige Versorgung der Menschen und deren nachhaltige Verbesserung."
Stimmen aus den Apothekerkammern
Erika Fink, Präsidentin der Bundesapothekerkammer und der Landesapothekerkammer Hessen, sagte gegenüber der DAZ: "Ich bin froh, dass die bürgerliche Mitte sich durchgesetzt hat. Ich hoffe, dass die neue Bundesregierung die Leistung der freien Berufe für die Gesellschaft zu würdigen weiß und sich diese Anerkennung auch in Zustimmung zu unseren Vorschlägen zeigt."
Rainer Töbing, Präsident der Hamburger Apothekerkammer, sieht durch die neue Koalition den Mittelstand gestärkt, zu dem auch die Apotheker gehören. Töbing hofft, dass der Einfluss der Krankenkassen auf das Bundesgesundheitsministerium künftig geringer wird. Dann könne auch besser über Einsparmöglichkeiten gesprochen werden, beispielsweise Rabattverträge durch Zielpreisvereinbarungen zu ersetzen.
Dr. Andreas Kiefer, Präsident der Apothekerkammer Rheinland-Pfalz, meinte spontan: "Ulla kriegt jetzt Rente." Unabhängig von den Inhalten sei es gut, dass es nach so langer Zeit zu einem Wechsel im Gesundheitsministerium kommen wird, dort würden sich sonst zu sehr feudale Strukturen etablieren. Weiter erklärte Kiefer: "Ich erwarte, dass die neuen Mitglieder des Gesundheitsausschusses sich künftig daran erinnern, was sie vor der Wahl gesagt haben." Seine Aufgabe als Berufspolitiker sehe er zum Teil auch darin, die Politiker an ihre Versprechungen zu erinnern.
Magdalene Linz, Präsidentin der Apothekerkammer Niedersachsen, hofft, dass die vielfältigen sozialrechtlichen Überregulierungen im Arzneimittelbereich, die sich teilweise widersprechen, zurückgefahren werden, weil gerade die FDP für Deregulierung geworben habe. Angesichts der Äußerungen des FDP-Gesundheitsexperten Daniel Bahr auf dem Deutschen Apothekertag erwarte sie, dass die Arzneimittelpreisverordnung und die Apothekenpflicht erhalten bleiben. Außerdem hofft Linz weiter auf ein Verbot der Pick-up-Stellen. Linz berichtete gegenüber der DAZ von ihren Erfahrungen mit Bundestagskandidaten. Sie habe sechs Kandidaten aus dem Raum Hannover bei sich in der Apotheke zu Gast gehabt, die nun alle gewählt worden seien. Sie haben bei diesen Politikern Verständnis für ein erneutes Verbot des Versandhandels gefunden und erwarte daher, dass auch dieses Thema wieder aufgegriffen werde. Zudem verweist Linz auf Aussagen von Bundeskanzlerin Angela Merkel nach der Wahl, die sich für eine Stärkung der Freiberuflichkeit ausgesprochen habe. Darin sieht Linz auch ein gutes Signal für die Apotheker.
Stimmen aus den Apothekerverbänden
Fritz Becker, Vorsitzender des Deutschen Apothekerverbandes und Präsident des Landesapothekerverbandes Baden-Württemberg, bietet der neuen Regierung einen konstruktiven Dialog an. "Wir wollen mitarbeiten", erklärte Becker gegenüber der DAZ. Dabei wünsche er sich eine stärker patientenorientierte Versorgung, bessere Zusammenarbeit mit anderen Leistungserbringern zum Nutzen der Patienten und Instrumente wie Medikationsmanagement und Zeitraumverordnungen. Becker erwartet von der Politik, dass nun auch das Problem der Pick-up-Stellen angegangen wird. Außerdem solle eine Nachfolgeregelung für die Rabattverträge, möglichst in Richtung Zielpreise, gefunden werden. Es solle klare Regeln für "aut idem" geben, das "Theater" im Umgang mit den Indikationen müsse geregelt werden. Als Voraussetzung für das Engagement der Apotheker erwartet Becker: "Für das alles brauchen wir eine solide wirtschaftliche Grundlage."
Obwohl viel von neuen Möglichkeiten die Rede ist, erinnerte Dr. Peter Froese, Vorsitzender des Apothekerverbandes Schleswig-Holstein, daran, dass die Probleme gleich geblieben seien. "Die Finanzierungsprobleme der Krankenversicherung müssen gelöst werden, wir brauchen eine demografiefeste Finanzierung. Auch die Verteilung der Ressourcen innerhalb des Gesundheitswesens muss geklärt werden," erklärte Froese. Nun gelte es eine konsequente Politik zu betreiben und die einzelnen Probleme abzuarbeiten.
Reaktion aus der CDU
Wie die ersten Entscheidungen der neuen Regierung aussehen werden, ist noch offen, aber eine Stimme aus der CDU deutet einige Aspekte an. Dr. Rolf Koschorrek ist Zahnarzt und seit 2005 Bundestagsabgeordneter der CDU und Mitglied im Bundestagsgesundheitsausschuss. Er gewann seinen Wahlkreis Steinburg in Schleswig-Holstein als Direktkandidat erneut und wird auch im neuen Bundestag wieder vertreten sein. Auf die Frage der DAZ nach dem künftigen Zweck des Gesundheitsfonds in der neuen Koalition erklärte Koschorrek: "Der Fonds hat den gleichen Zweck wie zuvor – die Finanzen der Gesetzlichen Krankenversicherung zu ordnen." Diese Funktion werde der Fonds auch weiterhin behalten, meint der CDU-Abgeordnete. Zur Bedeutung der Gesundheitspolitik im zurückliegenden Wahlkampf berichtete er seine Erfahrung, dass dieses Thema die meisten Wähler nicht interessiert habe. Weiter erklärte Koschorrek: "Wir werden das Gesundheitsministerium besetzen und haben dazu auch Vorstellungen." Doch jetzt seien die Inhalte entscheidend, um Personen gehe es erst viel später. Hinsichtlich der inhaltlichen Zielsetzungen für die neue Regierungskoaliton erwarte er bis Ende Oktober eine Einigung.
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