Feuilleton

Alte Sternbilder neu erklärt

Zwilling, Stier und Großer Bär –

Sternbilder erkennen auf den ersten Blick

Von H. A. Rey Original: The Stars: A New Way to See Them Aus dem Amerikanischen von Ebi Naumann

180 Seiten, 80 Sternkarten u. Zeichnungen, große Sternkarte im Schutzumschlag, geb. 28,– Euro

Arche Literatur Verlag, Hamburg 2008

ISBN 978-37160-2601-4

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Die sowohl von der Jahreszeit als auch von der Tageszeit abhängigen Standorte der Sterne erlauben es, sich bei klarer Sicht am Nachthimmel zu orientieren. Was früher für Seefahrer überlebenswichtig war, ist heute allenfalls noch ein Hobby, dessen Ausübung freilich durch den Lichtsmog unserer Städte behindert wird. Dennoch kommt es immer wieder vor, dass man von einem leuchtend hellen Sternenhimmel überrascht wird. Die Freude über ein solches Erlebnis ist umso größer, wenn man sich in der Unmenge der leuchtenden Pünktchen zurechtfindet und einzelne Sterne oder Sternbilder erkennen kann. Dazu braucht es nur einige Grundkenntnisse und etwas Erfahrung.

Für Personen, die den Himmel nicht mit dem Fernrohr nach astronomischen Objekten absuchen, sondern sich einfach nur die mit bloßem Auge sichtbaren Sterne einprägen wollen, ist das Buch "Zwilling, Stier und Großer Bär" ein verständlich geschriebenes, gut illustriertes Lehrbuch. Es erläutert die Grundsätze der Himmelsmechanik, insbesondere die scheinbare Drehung des Firmaments um seine zum Polarstern weisende Achse und den scheinbaren Lauf der Planeten durch den Tierkreis. Es stellt die 21 hellsten Fixsterne, von denen 15 bei uns sichtbar sind, und die 88 Sternbilder, von denen man sich etwa 20 einprägen sollte, vor und legt dar, wann sie bei uns zu sehen bzw. unsichtbar sind.

 

17 ganzseitige Sternkarten sind den Sternbildern gewidmet. Um die Zusammengehörigkeit der Sterne eines Sternbilds zu verdeutlichen und sie gegenüber anderen Sternbildern abzugrenzen, hat der Autor mehrere Verbindungs- und Umrisslinien gezogen. Dadurch sind Figuren entstanden, die recht einprägsam sind. Sie lehnen sich an die klassischen Darstellungen an, bis auf eine Ausnahme: Das größte und bekannteste Sternbild, den Großen Bären, hat der Autor neu erschaffen. Dabei hat er vorn und hinten vertauscht, sodass der Schwanz zum Kopf mutiert ist. Vermutlich hatte den Autor an der klassischen Darstellung der Schwanz gestört, weil Bären nur einen Stummelschwanz besitzen. Die Seitenumkehr hat jedoch zur Folge, dass der Bär im Rückwärtsgang den Polarstern umkreisen muss – eine unsinnige Vorstellung, die auch didaktisch ungeschickt ist.

Auf 24 ebenfalls ganzseitigen Kalenderblättern ist der Sternenhimmel im Jahreslauf abgebildet, und zwar für jeden Monat jeweils in zweifacher Ausführung, einmal nur mit den Sternen, einmal zusätzlich mit den bereits erwähnten Hilfslinien sowie mit den Beschriftungen der Sternbilder und der hellsten Sterne. Zahlen bei den Sternbildern verweisen auf die Sternkarten, wo sie ausführlich beschrieben sind.

Das Buch ist eine Übersetzung aus dem Amerikanischen, was auch Nachteile hat. So fehlen in den Kalenderblättern bedauerlicherweise das Frühlings- und das Sommerdreieck, zwei hell leuchtende, über die einzelnen Sternbilder hinausgreifende Konstellationen, die wichtige Orientierungshilfen darstellen. Immerhin findet der Leser anstelle des Frühlingsdreiecks ein Viereck, "Diamant der Jungfrau", das den Amerikanern als Orientierungshilfe dient. Dieses Beispiel belegt, wie subjektiv der Blick auf die Sterne ist und dass es in der von der Tradition geprägten Wahrnehmung große Unterschiede gibt.

Alles in allem liegt hier ein schönes Buch vor, das manchem Amateur den Sternenhimmel erschließen wird.

Dr. Wolfgang Caesar

Der Große Bär in klassischer Darstellung. Aus I. u. H. Haber, Sterne erzählen Geschichten, 1971.
Der Große Bär im Buch von Rey: Wo in der klassischen Dar­stellung der Schwanz des ­Bä­ren ist, findet sich hier der Kopf.

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