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Apotheken-EDV-Anbieter Awinta geht an den Start
DAZ: Herr Beck, die Fusion kam überraschend. Welche Gründe gab es bei der VSA für diesen Schritt?
Beck: Für Außenstehende kam die Fusion einerseits sicherlich überraschend. Auf der anderen Seite ist – wie in vielen anderen Bereichen des Gesundheitswesens – seit Jahren auch im Bereich der Apotheken-EDV-Anbieter eine Konzentration auf einige wenige Marktteilnehmer zu beobachten. Das hängt mit der Bündelung von Kräften zusammen, um den immer schwieriger werdenden Marktbedingungen und Anforderungen gerecht zu werden. Auch für die VSA war es deshalb ein logischer Schritt, sich mit einem innovativen Partner, der zudem am selben Firmenstandort seinen Sitz hat, gemeinsam den neuen Herausforderungen zu stellen.
DAZ: Bisher hatten die VSA und Pro Medisoft eine völlig unterschiedliche Geschäftspolitik und Firmenkultur. Geht das überhaupt zusammen?
Beck: Gerade das ist ja die große Chance einer solchen neuen Konstellation, dass sich hier zwei Partner zusammenfinden, um sich gegenseitig zu verstärken. Tradition und Innovation passen gut zusammen, wenn mit Augenmaß an die gemeinsamen Zielsetzungen – und genau hier besteht absolute Übereinstimmung – herangegangen wird.
DAZ: Während die VSA eher mit den Apothekerverbänden zusammengearbeitet hat, steht Pro Medisoft Apothekenkooperationen nicht nur offen, sondern auch nahe, Stichwort parmapharm und Elac-Gruppe. Wie sieht die zukünftige Strategie hier aus?
Seibold: Da sehe ich keinen Widerspruch, zumal Ihre Fragestellung etwas impliziert, was so ja nicht stimmt. Beide Unternehmen unterstützen nachweislich die öffentlich-rechtlichen Apotheken. Dass Pro Medisoft in Bezug auf die Kooperationen erfolgreicher agiert hat, ist in unseren Augen ein Grund mehr für eine gemeinsame Zukunft. Sehen Sie, heute ist doch jeder zweite Apotheker in einer Kooperation aktiv. Solange dies zum Erhalt der inhabergeführten Individualapotheken beiträgt, steht es durchaus im Einklang sowohl mit der Berufspolitik also auch mit den Zielen der apothekereigenen VSA.
DAZ: Bei beiden Unternehmen wurde die Geschäftspolitik in der Vergangenheit von den jeweiligen Hauptgesellschaftern bestimmt. Jetzt will man hier gleichberechtigt zusammenarbeiten. Wie soll das funktionieren?
Beck: Entscheidend ist doch die Tatsache – und hier wiederhole ich mich gerne –, dass man vor einem solchen Schritt die gemeinsamen Ziele bespricht und erörtert, dann absteckt und auch gemeinschaftlich in einem Vertragswerk schriftlich festhält. Wir haben schnell eine gemeinsame Basis gefunden, auf der die zukünftige neue gemeinsame Gesellschaft stabil stehen kann. Es besteht absolute Einigkeit darüber, dass die neue Gesellschaft im Dienst der öffentlich-rechtlichen Apotheken agieren wird – dafür werden sich die entsprechenden Gremien der neuen Gesellschaft einsetzen. Außerdem wird es einen Beirat geben, der dem Unternehmen beratend und unterstützend zur Seite steht.
DAZ: Haben Sie schon Reaktionen bzw. Rückmeldungen von den Apothekern zu dieser Entscheidung erhalten?
Seibold: Ja natürlich, es wäre ja verwunderlich, wenn dies nicht kommentiert würde. Die Spannbreite reicht von Skepsis bis hin zu sehr positiven Stimmen. Letzteres überwiegt und wir werden alles daran setzen, die in uns gestellten Erwartungen auch zu erfüllen. Die meisten Kunden sehen die Fusion positiv und die sich daraus für sie ergebenden Vorteile. Denn die Kunden profitieren natürlich ganz entscheidend von der gebündelten Kompetenz und Marktstärke des neuen Unternehmens.
DAZ: Bei der Konkurrenz wurde geäußert, dass es eigentlich keine unmittelbaren Vorteile für das neue Gemeinschaftsunternehmen gegenüber der jetzigen Situation gäbe. Wie stehen Sie zu dieser Behauptung?
Beck: Natürlich muss der Wettbewerb etwas in diese Richtung sagen. Wenn man allerdings berücksichtigt, dass neben der VSA auch andere Marktteilnehmer in Kooperationsgesprächen waren und eventuell noch sind, dann wundert mich so eine Aussage schon. Aber zurück zu den Vorteilen der Fusion, die es natürlich geben wird – denn sonst hätte man diesen Schritt ja nicht getan. Denken Sie z. B. nur daran, dass mit diesem neuen Unternehmen, dem neuen Marktführer im Bereich Apotheken-EDV, flächendeckend das größte bundesweite Servicenetz entsteht. Davon werden die Kunden auf Dauer profitieren.
DAZ: Wie sehen die nächsten Schritte bei der Fusion aus? Werden Niederlassungen geschlossen?
Seibold: Zunächst sind natürlich sehr viele Aufgaben in der operativen Steuerung des Unternehmens anzugehen, z. B. Entwicklung und Umsetzung einer neuen Aufbauorganisation, Kommunikation mit den Mitarbeitern, Vorbereitung auf die Expopharm, Erstellung der aktuellen Entwicklungspläne für die Bestandssysteme Prokas, Infopharm, Pharmasoft, WABE und natürlich für jump. Die Standortfrage hat also momentan noch keine hohe Priorität. Außer Frage steht natürlich, dass die Standorte in Mannheim, Bietigheim und Gefrees erhalten bleiben.
DAZ: Welche Auswirkungen hat die Fusion auf die Fortführung und Pflege der Bestandssysteme beider Häuser – also Prokas, Infopharm und Pharmasoft?
Seibold: Die bestehenden Produktlinien werden selbstverständlich weiterhin auf technologisch hohem Niveau weiterentwickelt und gepflegt – allein schon, um von den Apotheken getätigte Investitionen zu sichern. Unsere Kunden erhalten auch eine langfristige, verbindliche Weiterentwicklungsgarantie, so dass sie sicher sein können, jetzt getätigte Investitionen auch künftig für ihren Vorsprung am Markt einsetzen zu können. Außerdem profitieren die Bestandskunden – und das sagte Herr Beck ja bereits – z. B. von der Ausweitung des Servicenetzes.
DAZ: Langfristig sollen alle gemeinsamen Kunden auf das neue System jump umgestellt werden. Wie ist hier der aktuelle Status bzw. wann können Apotheken jump nutzen?
Beck: Es ist richtig, dass man sich in den Vorgesprächen darauf verständigt hat, dass das neue Warenwirtschaftssystem jump das gemeinsame Zielprodukt ist. Das war auch die treibende Kraft für Pro Medisoft mit der VSA zusammenzuarbeiten. Denn kein anderes System besitzt ein so großes Potenzial und ist so zukunftsweisend ausgerichtet wie jump. Jump wird bereits seit Monaten in Apotheken eingesetzt. Die Marktdurchdringung soll natürlich ab jetzt deutlich spürbar ausgeweitet werden.
DAZ: Wurden seitens Pro Medisoft in der Vergangenheit diesbezüglich keine Innovationen getätigt?
Seibold: Pro Medisoft war und ist bekannt dafür, dass Innovationen im Apotheken-EDV-Markt gerade von uns kommen. Denken Sie nur an die erste Touch-Kasse im Markt, das erste Rezeptscanning-System oder unser Filialsteuerungssystem Pro Cube. Diese Innovationsstärken werden wir auch in das neue Unternehmen hineintragen. Ein eindrucksvoller Beweis dafür wird auf der diesjährigen Expopharm zu sehen sein: Auf unseren Messeständen werden alle Systeme unter dem brandneuen, hochgelobten Windows-7-System laufen.
DAZ: Horst Blass (ehemals Pro Medisoft) soll Leiter der IT und somit der Entwicklung von der gemeinsamen Zukunftssoftware Jump (entwickelt von der VSA GmbH) sein. Warum ein Führungswechsel in diesem Bereich?
Seibold: Es ist richtig, dass Horst Blass, der bisherige IT-Verantwortliche bei Pro Medisoft, auch der künftige IT-Verantwortliche der neuen gemeinsamen Gesellschaft sein wird. Mit Herrn Blass setzen wir auf eine starke Integrationsfigur, dessen Aufgabe es sein wird, die beiden IT-Mannschaften zusammenzuführen und die innovativen Lösungen der Pro Medisoft mit jump zu verbinden. Da der Großteil der Software-Entwickler im Raum Bietigheim/Mannheim sitzt, bietet sich außerdem eine ortsnahe Führung geradezu an.
DAZ: Sind Sie nach wie vor von der Entscheidung zur Fusion überzeugt?
Beck, Seibold: Sicherlich, es ist der richtige Schritt zum richtigen Zeitpunkt.
DAZ: Herr Beck, Herr Seibold, wir bedanken uns für das Gespräch.
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