Arzneimittel und Therapie

Trifunktionale Antikörper aktivieren die Immunabwehr

Trifunktionale Antikörper besitzen Bindungsstellen für drei unterschiedliche Zelltypen: Tumorzellen, T-Zellen und akzessorische Zellen, wie Makrophagen, natürliche Killerzellen und dendritische Zellen. Damit können sie T-Zellen und akzessorische Zellen direkt am Tumorherd mit Tumorzellen zusammenbringen und eine komplexe, gegen den Tumor gerichtete Immunantwort auslösen. Diese Antikörper könnten zukünftig eine weitere Option in der Tumortherapie bieten.
Trifunktionale Antikörper sollen Krebszellen für die Immunabwehr wieder sichtbar machen und bieten so einen neuen Ansatz, um sie zu bekämpfen. Diese Antikörper binden spezifisch an Krebszellen und aktivieren gleichzeitig unterschiedliche Zelltypen des körpereigenen Immunsystems, wodurch sie diese gezielt gegen den Tumor lenken. Trifunktionale Antikörper führen drei verschiedene Zelltypen zu einem Komplex zusammen: Krebszelle, T-Zelle und akzessorische Zelle. Somit aktivieren sie beide Teile des Immunsystems, sowohl den adaptiven, bei dem T-Zellen die Hauptakteure sind, als auch den angeborenen, bei dem die akzessorischen Zellen die wesentliche Rolle spielen.

Foto: Fresenius Biotech

Das menschliche Immunsystem ist normalerweise sehr gut in der Lage, krankhafte Zellen zu erkennen und zu vernichten. Krebszellen können nur deshalb trotzdem zu Tumoren heranwachsen und sich im Körper ausbreiten, weil sie vielfältige Strategien entwickeln, um den Kontrollmechanismen der Immunabwehr zu entgehen.

Krebszellen für Abwehr sichtbar machen

Trifunktionale Antikörper sollen Krebszellen für die Immunabwehr wieder sichtbar machen und bieten so einen neuen Ansatz, um sie zu bekämpfen. Diese Antikörper binden spezifisch an Krebszellen und aktivieren gleichzeitig unterschiedliche Zelltypen des körpereigenen Immunsystems, wodurch sie diese gezielt gegen den Tumor lenken.

Trifunktionale Antikörper können Tumorzellen bereits bei sehr niedrigen Dosierungen effizient zerstören. Präklinische Daten weisen zudem darauf hin, dass eine anhaltende Immunisierung gegen das erneute Auftreten eines Tumors möglich ist.

Zusätzliche Bindung an akzessorische Zellen

Die Y-förmigen Proteinmoleküle natürlicher Antikörper weisen an den beiden Armen identische Erkennungssequenzen auf. Künstlich hergestellte, bispezifische Antikörper besitzen zwei unterschiedliche Bindungsarme: Mit einem Teil binden sie an Tumorzellen, mit dem anderen an T-Zellen des Immunsystems, was zu einer Zerstörung der Krebszellen führt.

Trifunktionale Antikörper binden zusätzlich an akzessorische Zellen des Immunsystems. Zu den akzessorischen Zellen gehören Monozyten und Makrophagen sowie dendritische Zellen. Diese Zellen unterstützen die T-Zellen bei der Immunabwehr. Selbst erkennen sie keine Antigene, können diese aber aufnehmen (phagozytieren), zerlegen und die Fragmente auf ihrer Oberfläche den spezifischen T-Zellen des Immunsystems präsentieren. Dadurch verstärken sie die Immunantwort.

Beide Teile des Immunsystems aktivieren

Trifunktionale Antikörper führen drei verschiedene Zelltypen zu einem Komplex zusammen: Krebszelle, T-Zelle und akzessorische Zelle. Somit aktivieren sie beide Teile des Immunsystems, sowohl den adaptiven, bei dem T-Zellen die Hauptakteure sind, als auch den angeborenen, bei dem die akzessorischen Zellen die wesentliche Rolle spielen.

Dabei wird die Krebszelle anhand eines tumorassoziierten Antigens erkannt und die T-Zelle durch Bindung an das CD3-Molekül aktiviert. Gleichzeitig werden akzessorische Zellen stimuliert, sowohl durch Bindung des Fc-Teils an Fc-gamma-Rezeptoren des Typs I oder III als auch durch kostimulatorische Moleküle und Signale, die durch die T-Zellen vermittelt werden. Aktivierte akzessorische Zellen liefern im Gegenzug wichtige zusätzliche stimulierende Signale an T-Zellen.

Zwei verschiedene Mechanismen führen dann zur Zerstörung der Krebszelle: T-Zellen bringen die Zielzelle zur Auflösung, während akzessorische Zellen die Krebszellen zum Beispiel über Phagozytose vernichten. Die dabei entstehenden Zellbruchstücke werden dann vom Immunsystem weiter verarbeitet und von antigenpräsentierenden Zellen anschließend weiteren T-Zellen präsentiert. Dies ist eine Voraussetzung für die Entstehung einer langfristigen Immunität gegen Krebs.

Antikörper gegen verschiedene Tumorantigene

Die trifunktionalen Antikörper können durch einfachen Austausch des tumorspezifischen Arms so verändert werden, dass sie zur Behandlung verschiedener Krebsformen eingesetzt werden können. Momentan befinden sich vier derartige Antikörper in der Entwicklung:

  • Catumaxomab (vorgesehener Handelsname Removab®) ist gegen EpCAM gerichtet und hat eine Phase-II/III-Studie zur Behandlung von malignem Aszites erfolgreich abgeschlossen. Zudem befindet sich Catumaxomab in Phase-II-Studien gegen Eierstock- und Magenkrebs.
  • Ertumaxomab ist gegen HER2 gerichtet und befindet sich in Phase-II-Studien zur Behandlung von metastasiertem Brustkrebs.
  • TPBs05/FBTA05 ist gegen CD20 gerichtet und befindet sich in präklinischer Entwicklung zur Behandlung von B-Zell-Lymphomen.
  • Ektomun® befindet sich in präklinischer Entwicklung zur Behandlung von Melanomen.

Einsatz bei unterschiedlichen Tumoren

Klinische Studien mit Catumaxomab und Ertumaxomab werden von Fresenius Biotech in Zusammenarbeit mit dem Partnerunternehmen Trion Pharma durchgeführt.

Catumaxomab bindet mit dem einen Arm an humanes EpCAM (Epithelial Cell Adhesion Molecule = Epitheliales Zelladhäsionsmolekül), das von Karzinomzellen überexprimiert wird. Mit dem anderen Arm bindet er an das humane CD3-Antigen, das auf allen T-Lymphozyten vorkommt. An seine intakte Fc-Region können zudem akzessorische Zellen binden.

Die Antitumorwirkung von Catumaxomab wird derzeit bei verschiedenen Krebsarten untersucht: bei platinrefraktärem Ovarialkarzinom, bei malignem Aszites aufgrund verschiedener Primärtumore und bei Magenkarzinom.

Catumaxomab bei Magenkarzinom

In einer Phase-II-Studie bei Patienten nach der operativen Entfernung eines Magenkarzinoms hat sich die Behandlung mit Catumaxomab als gut verträglich erwiesen.

In eine zweiarmige, randomisierte und offene Studie wurden 55 Patienten mit operablem Magenkarzinom eingeschlossen. Allen Patienten wurde der Tumor operativ entfernt. 28 Patienten wurden in die Catumaxomab-Gruppe eingeschlossen und mit 10 µg Catumaxomab am Ende der Operation behandelt. Nach sieben Tagen folgten im Abstand von jeweils drei Tagen vier weitere Gaben von 10, 20, 50 und 150 µg in die Bauchhöhle. Die 27 Patienten der Kontrollgruppe erhielten außer der Operation im Rahmen der Studie keine weitere Anti-Tumor-Therapie.

Die meisten unerwünschten Ereignisse in der Catumaxomab-Gruppe wurden als mild bis moderat eingestuft. Sie waren in der Regel auf den Behandlungszeitraum begrenzt und konnten, wenn erforderlich, symptomatisch behandelt werden.

Die Effektivität der Catumaxomab-Therapie war sekundäres Studienziel. Hier wurde unter anderem das Gesamtüberleben der Patienten untersucht. Erwartungsgemäß zeigten sich zwölf Monate nach der Behandlung noch keine statistisch oder klinisch relevanten Unterschiede zwischen den beiden Studienarmen. Aufgrund der kurzen Nachbeobachtungszeit und der geringen Patientenzahl lässt dieses Ergebnis bislang keine Schlussfolgerung auf die Effektivität der Therapie zu. Andere Studien mit vergleichbaren Patientengruppen zeigten erst nach etwa zwei Jahren einen Unterschied im Gesamt-überleben.

Catumaxomab bei Ovarialkarzinom und Aszites

Bei der Behandlung von Krebspatienten mit symptomatischem malignem Aszites (Ansammlung von Körperflüssigkeit im Bauchraum) erwies sich Catumaxo-mab als wirksam und verträglich, wie Phase-II/III-Daten zeigen. Demnach verlängerte die Behandlung die mediane punktionsfreie Überlebenszeit (primärer Endpunkt) auf 52 gegenüber elf Tagen in der Kontrollgruppe. Diese Ergebnisse resultieren aus der Auswertung von 129 Patientinnen mit Ovarialkarzinom, die einer therapeutischen Punktion der Bauchhöhle (Parazentese) aufgrund eines malignen Aszites bedurften.

Nach der letzten Infusion verringerten sich EpCAM-positive Tumorzellen, die CD45-positiven Leukozyten stiegen an. Diese Beobachtung weist auf einen direkten Anti-Tumoreffekt des trifunktionalen Antikörpers hin.

Catumaxomab zeigte darüber hinaus ein sehr gutes Sicherheitsprofil. Die häufigsten unerwünschten Wirkungen Fieber, Übelkeit und Erbrechen zählen zu den üblichen in Zusammenhang mit Zytokinfreisetzung beobachteten Symptomen. Diese waren in ihrer Ausprägung allgemein gering bis moderat und aufgrund des Wirkmechanismus von Catumaxomab zu erwarten. Leberwerterhöhungen sowie Änderungen des weißen Blutbildes waren in der Regel geringen bis moderaten Grades, transient und ohne klinische Relevanz.

Ertumaxomab bei Mammakarzinom

Ertumaxomab ist ein weiterer trifunktionaler Antikörper, der spezifisch für HER2 (Human Epidermal Growth Factor Receptor 2 = Epidermaler Wachstumsfaktor-Rezeptor 2) ist. Die anderen beiden Bindungsstellen sind wie bei Catumaxomab das CD3-Antigen und die Fc-Region für akzessorische Zellen des Immunsystems.

Die Expression von HER2 ist beim Mammakarzinom oder Lungenkrebs häufig stark erhöht. Der monoklonale Antikörper Trastuzumab (Herceptin®) bindet an den HER2-Rezeptor und blockiert so eine Signalkaskade, die zu einem beschleunigten Wachstum HER2-überexprimierender Tumorzellen führt. Von dieser zielgerichteten Therapie profitieren sowohl Patientinnen mit bereits metastasiertem Brustkrebs als auch solche unter adjuvanter Therapie.

Dies könnte durch den Einsatz des trifunktionalen Antikörpers Ertumaxomab weiter verbessert werden, der zurzeit in klinischen Studien bei Patientinnen mit metastasiertem Mammakarzinom erprobt wird. Wie Trastuzumab bindet Ertumaxomab an den HER-2/neu-Rezeptor und aktiviert außerdem T-Lymphozyten und akzessorische Zellen.

Derzeit wird Ertumaxomab in einer Phase-II-Studie bei Patientinnen mit metastasiertem/fortgeschrittenem Brustkrebs getestet, deren Erkrankung unter oder nach einer Trastuzumab-Therapie fortschreitet.

 

 

Quelle

 Pressemitteilungen der Firma Fresenius, 18. und 23. Dezember 2008.

 Informationen der Firma Trion Pharma GmbH, München.

 


hel

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