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Das Risiko von Altersarmut wird unterschätzt

Die Bundesregierung stützt sich bei der Rentenpolitik auf zu optimistische Prognosen, das Armutsrisiko künftiger Rentner wird deshalb unterschätzt. Zu diesem Fazit kommen Prof. Dr. Barbara Riedmüller und Michaela Willert von der Freien Universität Berlin in einem von der Hans-Böckler-Stiftung geförderten Gutachten über den Alterssicherungsbericht 2005 der Bundesregierung und die Studie Altersvorsorge in Deutschland (AVID).

Die Prognosen der Regierung, die die öffentliche Diskussion und die aktuelle Sozialpolitik bestimmen, rechnen das Risiko von Altersarmut insbesondere für Geringverdiener herunter, so die Autorinnen der Studie. "Die Berechnungsbasis bilden sehr lange Erwerbszeiten von 45 Jahren, die keine Arbeitslosigkeit beinhalten, eine 100-prozentige Abdeckung durch Riester-Vorsorge sowie eine weitere zusätzliche Privatrente." Das gehe aber an der Realität vorbei. Gerade Schlechtverdiener seien meist häufiger von Arbeitslosigkeit bedroht.

Rente in Zahlen

Auszüge aus der Untersuchung auf Basis der AVID-Studie

Die Gesetzliche Rentenversicherung (GRV) ist die wichtigste Säule der Alterssicherung: etwa 96% der Männer und 98% der Frauen werden im 65. Lebensjahr GRV-Anwartschaften haben. Beamtenversorgung und berufsständische Versorgung spielen nur eine untergeordnete Rolle.

Die durchschnittlichen Leistungen der GRV (Männer 1029 Euro, Frauen 629 Euro) liegen unter denen der berufsständischen Versorgungswerke (1900 bzw. 1464 Euro).

Westdeutsche Männer werden die höchsten gesetzlichen Renten beziehen, westdeutsche Frauen die niedrigsten.

Im Westen hat ein Drittel (34%) der Männer Anwartschaften in einem Betriebsrentensystem erworben. Bei Frauen sind es nur 16%. Noch geringer ist die Verbreitung der Betriebsrente im Osten, wo nur 9% der Frauen und 8% der Männer an solchen Systemen teilhaben.

Die Mehrzahl der Bevölkerung ist durch zwei Vorsorgesysteme abgedeckt. Am häufigsten werden GRV-Renten und private Vorsorge kombiniert. Vor allem westdeutsche Männer erwerben Mehrfachanwartschaften: 34% der Männer haben mehr als drei Beteiligungen, überwiegend in der Kombination aus gesetzlicher, betrieblicher und privater Rente (21%). Im Gegensatz dazu sind ein Drittel der Frauen in den alten Bundesländern nur durch ein System abgesichert. Dies gilt ebenso für ostdeutsche Männer und Frauen.

Männer in Westdeutschland haben mit 1628 Euro die höchsten Netto-Alterseinkommen im 65. Lebensjahr, westdeutsche Frauen hingegen mit 816 Euro die niedrigsten. Dazwischen liegen mit 1036 bzw. 909 Euro die ostdeutschen Männer und Frauen. Besonders niedrige Alterseinkommen haben alleinstehende Frauen und Männer.

Wer hat, dem wird gegeben

Die deutsche Steuerpolitik benachteilige Geringverdiener bei den Altersrenten und dies europaweit einmalig – zu diesem Ergebnis kommt eine OECD-Studie. Das belegen auch die Zahlen der Bundesregierung:

  • Ein Durchschnittsverdiener, der 2030 in Rente geht, bezieht 72,6% vom früheren Nettoeinkommen als Rente.
  • Wer nur zwei Drittel des Durchschnittseinkommens verdiente, bekommt lediglich 68,6%.
  • Wer um ein Drittel über dem Durchschnittseinkommen lag, erhält als Rentner 75,8%.

In anderen europäischen Staaten wie der Schweiz gibt es dagegen Bestrebungen, Geringverdiener bei der Rente zu begünstigen.

So hat eine britische Kommission zur Rentenreform ein dreistufiges Rentenmodell angeregt: Sie hält für Niedrigverdiener 80%, für mittlere Einkommen 67% und für Gutverdiener 50% vom früheren Verdienst für angemessen.

Der Bundesregierung werfen die Autorinnen vor, mit ihrer Rentenpolitik keine klaren sozialpolitischen Ziele zu verfolgen, sondern lediglich die Ausgaben und Beitragssätze im Blick zu haben.

Sigrid Joachimsthaler

 


Quelle
Pressemitteilung der Hans-Böckler-Stiftung vom 6.1.2009; www.boeckler.de/32014_93527.html

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