Arzneimittel und Therapie

Antibiotikawahl am Risikoprofil des Patienten orientieren

Neue breit antibiotisch wirksame Substanzen sind Mangelware. Daran wird sich in naher Zukunft wohl auch nichts ändern. Umso wichtiger ist der differenzierte Einsatz der verfügbaren Wirkstoffe. Diese sollten nur bei klarer Indikationsstellung gegeben werden, dann aber frühzeitig und effizient, um der Resistenzbildung entgegenzuwirken.

Bei tiefen bakteriellen Atemwegsinfektionen erfolgt die Wahl des jeweiligen Antibiotikums primär orientiert an der Risikosituation des Patienten und nicht mehr wie früher an dem zu erwartenden Keimspektrum oder der Resistenzlage. Konkret bedeutet das, dass junge, ansonsten gesunde Patienten zum Beispiel bei einer ambulant erworbenen Pneumonie (Cap, Community Aquired Pneumonia) kein Antibiotikum mit besonders breitem Wirkspektrum brauchen. Anders sieht das aus, wenn der Patient älter ist, über anhaltenden Husten und zunehmende Atemnot klagt und wenn neben der Infektion Risikofaktoren und begleitende Grunderkrankungen wie ein Diabetes, eine Hypertonie oder eine Herzinsuffizienz bekannt sind.

Von einer besonderen Gefährdung im Falle einer tiefen Atemwegsinfektion ist generell schon bei einem höheren Lebensalter auszugehen, da sich mit zunehmendem Alter ein Elastizitätsverlust der Lunge bemerkbar macht, die mukoziliäre Clearance sich verringert und auch das Atemzugvolumen abnimmt. Der Hustenstoß schwächt sich ab und es kommt zu Einschränkungen der Lungenfunktion durch eine zunehmende Muskelatrophie und oftmals auch durch eine Osteoporose mit Kyphose.

Stufenplanverfahren

Lebertoxizität von Moxifloxacin


 

Für Moxifloxacin-haltige Arzneimittel sind im Rahmen eines Stufenplanverfahrens neue Warnhinweise in die Fachinformationen eingeführt worden, wie das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte mitteilte (siehe Wichtige Mitteilungen in dieser Ausgabe der DAZ S. 12). Der Grund sind Nebenwirkungsberichte über schwerwiegende Leberschädigungen und bullöse Hautreaktionen. Moxifloxacin sollte nur nach strenger Indikationsstellung eingesetzt werden. Es wird darauf hingewiesen, dass Anwender auf frühe Zeichen oder Symptome einer Leberfunktionsstörung achten sollten. Die Behandlung ist unverzüglich zu beenden, falls Symptome wie eine rasch zunehmende Asthenie mit Ikterus, Dunkelfärbung des Urins, Blutungsneigung und hepatische Enzephalopathie auftreten.

Niedrigere Sterblichkeit bei Pneumonie

Das erklärt die erhöhte Mortalität bei älteren Cap-Patienten. Generell liegt die 28-Tage-Sterblichkeit, so die Daten einer Erhebung des Kompetenznetzes CAP-Netz bei mehr als 2100 Patienten, bei der ambulant erworbenen Pneumonie bei 5,4%. Sie ist allerdings abhängig vom gewählten Antibiotikum, denn Patienten, die mit Moxifloxacin behandelt wurden, weisen in der Erhebung eine 28-Tages-Sterblichkeit von lediglich 1,4% auf.

Diese Daten unterstreichen die Notwendigkeit einer frühzeitigen Behandlung mit einem Antibiotikum, das rasch wirkt, ein breites antimikrobielles Wirkspektrum aufweist und hohe Gewebespiegel ermöglicht. Die Gabe des Fluorchinolons Moxifloxacin entspricht dem für Risikopatienten formulierten Vorgehen bei der Therapie. Demnach soll bei tiefen Atemwegsinfektionen nach den Prinzipien "look at your patient", "listen to your hospital", "hit hard", "get to the point" und "focus, focus, focus" therapiert werden. Übersetzt bedeutet dies, dass sich die Antibiotikawahl primär an den individuellen Risikofaktoren und an der internen Resistenzstatistik ausrichten sollte, und dass eine frühe effizienten Behandlung mit einem hochdosierten Breitspektrumantibiotikum, das für hohe Gewebespiegel und eine kurze Therapiedauer sorgt, erfolgen soll.

Wie gravierend die Unterschiede sein können, belegt eine Vergleichsstudie bei mehr als 1100 Patienten mit tiefer Atemwegsinfektion, die entweder fünf Tage lang mit einmal täglich 400 mg Moxifloxacin behandelt wurden oder jeweils zehn Tage lang dreimal täglich mit Amoxicillin/Clavulansäure in einer Dosierung von 500 mg oder zweimal täglich mit Clarithromycin in einer Dosierung von 500 mg. Am fünften Behandlungstag war in der Moxifloxacin-Gruppe eine klinische Heilungsrate von 70% zu registrieren gegenüber 44% und 50% in den beiden Vergleichsgruppen.

 

Quelle

Prof. Dr. Horst Koch, Beeskow; Dr. Manfred Möller, Hanau: "Überlegenswert: Der Einsatz von Antibiotika", Köln, 2. Dezember 2008, veranstaltet von der Bayer Vital GmbH, Leverkusen. 

 


Christine Vetter, freie Medizinjournalistin

 

 

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