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DAZ aktuell
Diskussion um Pick-up-Stellen und Großhandelsspanne
Erst zum Ende des Anhörungsmarathons kam das Thema der ungeliebten Pick-ups auf. Der SPD-Abgeordnete Peter Friedrich fragte nach, ob hierzu eine Regelung nötig sei. ABDA-Präsident Heinz-Günter Wolf äußerte sich deutlich: "Wir brauchen dringend Regelungen, die dafür sorgen, dass ärztliche Verordnungen nicht in Gewerbebetrieben abgegeben werden dürfen". Diese Arzneimittel gehörten klar in die Apotheke. "Wenn hier nicht eingeschritten wird, wird die Bundesrepublik in das Mittelalter zurückkatapultiert", erklärte Wolf. Er gab zu bedenken, dass durch den flächendeckenden Ausbau von Pick-up-Stellen in "Nicht-Apotheken" eine Parallelstruktur ohne Gemeinwohlpflichten entstehe. Dies könne öffentlichen Apotheken in ländlichen Gebieten das Wasser abgraben. "Drogeriemärkte verteilen dann Arzneimittel, ordentliche Apotheken machen Beratung und Notdienste", fürchtet Wolf. Auch Andrea Schmitz vom Bundesverband der Arzneimittel-Hersteller (BAH) forderte eine gesetzliche Regelung für Pick-up-Stationen. Diese Ausgestaltung des Versandhandels habe der Gesetzgeber offenkundig nicht so kommen sehen. Da Arzneimittel Waren besonderer Art seien, müsse man genau schauen, wo Pick-ups gegebenenfalls möglich wären. Zudem müsse eine Überwachung stattfinden. Susanne Mauersberg von der Bundeszentrale Verbraucherverband (vzbv) sieht Pick-ups ebenfalls kritisch. Allerdings sei auch die Post eine Pick-up-Stelle. Grundsätzlich stehe die vzbv für vielfältige Vertriebsformen. Es dürften keine so scharfen Regelungen erlassen werden, die den Versand wieder unmöglich machen. Allerdings führten die verschiedenen Abholmöglichkeiten zu Verwirrung bei den Verbrauchern – in ihrer Wahrnehmung könnten sich Drogerien und Apotheken leicht vermischen. "Welche sinnvolle Regelungsmöglichkeit es gibt, zeichnet sich noch nicht richtig ab", so Mauersberg.
Neue Regeln für Pharmagroßhändler
Ein weiteres Thema waren die vorgesehenen Änderungen für den Pharmagroßhandel. Der Bundesverband des Pharmazeutischen Großhandels (Phagro), der den geplanten Sicherstellungsauftrag der Grossisten ebenso begrüßt wie die Neuausrichtung seiner Preisspannen, erhielt Unterstützung vom Einzelsachverständigen Rechtsanwalt Wolfgang Rehmann. Dieser sieht den Belieferungsanspruch des Großhandels nicht im Widerspruch mit geltendem EU-Recht. Er leite sich aus Art. 81 des Gemeinschaftskodexes für Humanarzneimittel ab. Da die Regelung dem Gemeinwohl diene, sei der nationale Gesetzgeber befugt, Regelungen zu treffen. Darüber hinaus sei die Regelung, die ein Ausufern des Direktvertriebes verhindern soll, auch verfassungsrechtlich unbedenklich. Der Großhandel müsse das Recht haben, alle verfügbaren Medikamente ausliefern zu dürfen, so Rehmann, anderenfalls funktioniere die Quersubventionierung zwischen hochpreisigen Arzneimitteln und sehr günstigen Generika nicht mehr. Der Phagro-Vorsitzende Thomas Trümper zeigte am Beispiel der Schweinegrippe die Bedeutung des Großhandels auf: Innerhalb weniger Stunden könnten die Großhändler die Apotheken mit Grippemitteln versorgen. "Das kann die Direktbelieferung einfach nicht leisten". Der Großhandel könne aber nur dann weiter funktionieren, wenn auch die Mischkalkulation aufgeht, so Trümper.
Kappungsgrenze für Großhändler und Apotheker?
Der Gesetzentwurf lässt offen, wie die neue Großhandelsvergütung konkret aussehen soll – ein Vorschlag wird von den Bundesministerien für Gesundheit und Wirtschaft erarbeitet. Ginge es nach dem Phagro, bekämen die Großhändler künftig bis 0,93 Euro pro Packung plus 3 Prozent Höchstzuschlag. Nur letzterer soll rabattfähig sein, das heißt, einen gewissen Wettbewerb ermöglichen. Auch wenn die Großhandelsrabatte für einige Apotheken von existenzieller Bedeutung sind, gibt sich die ABDA gegenüber dem Vorschlag zur Großhandelsspanne zahm. Ziel sei es, den Großhandel vollsortiert und mittelständisch zu erhalten, sagte ABDA-Präsident Wolf. Auf die schnelle Verfügbarkeit komme es an. Müssten die Apotheken verstärkt auf Direktbelieferungen mit Einzelrechnungen setzen, bedeute dies für sie "Mehraufwand ohne Mehrnutzen". Die Pharmaverbände wiederholten ihre einhellige Kritik an der Vergütungsumstellung – bestenfalls einen festen Logistikzuschlag kann man sich vorstellen. Auch den Belieferungsanspruch hält man für unnötig. Beim Bundesverband der Pharmazeutischen Industrie hält man es überdies für besser, zunächst das für den 19. Mai erwartete Urteil des Europäischen Gerichtshofs zum Fremdbesitzverbot für Apotheken abzuwarten, ehe man sich weitere Gedanken macht. Wolfgang Kaesbach vom GKV-Spitzenverband machte unmissverständlich klar: "Die Auslieferung eines Arzneimittelpäckchens darf nicht mehr kosten als eine Briefmarke." Zudem ist aus seiner Sicht beim prozentualen Aufschlag eine Kappungsgrenze erforderlich. Und wenn man eine solche einführt, so ergänzte Kaesbach, müsse man auch die Apotheker mit einer solchen belegen. Auch Pro Generika-Geschäftsführer Peter Schmidt hält eine Kappungsgrenze für "unerlässlich". Die Verordnungen hochpreisiger biologischer Arzneimittel werden aus seiner Sicht in den kommenden Jahren enorm zunehmen – die vom Großhandels-Kombi-Modell geforderte Kostenneutralität könne so nicht gewährleistet werden.
Parenterale Zubereitungen
Thematisiert wurden auch parenterale Zubereitungen aus Fertigarzneimitteln der Onkologie. Für sie sollen künftig neue Abrechnungsmodalitäten gelten – und das sowohl für öffentliche Zytostatika herstellende Apotheken als auch für Krankenhausapotheken. Sebastian Schmitz von der ABDA betonte, dass es vorrangiges Ziel sei, für gleiche Wettbewerbsbedingungen zwischen Krankenhaus- und öffentlichen Apotheken zu sorgen. Dazu sei die Preisfreigabe für Fertigarzneimittel, die in Rezepturen angewendet werden, ein geeignetes Mittel – wenn die übrigen Rahmenbedingungen stimmen. So müssten der Deutsche Apothekerverband und der GKV-Spitzenverband ihre Vertragskompetenz in diesem Bereich nutzen und über die Kosten verhandeln können. Anderenfalls müsse man negative Folgen auf die Versorgungsqualität fürchten. Eine bloße Preisfreigabe ohne ausgleichende Instrumente würde zumindest mittelfristig dazu führen, dass sich die Herstellung auf einige wenige Betriebe konzentriere, so Schmitz. Statt einer patientennahen Versorgung, die im Zytostatikabereich besonders wichtig sei, käme es womöglich zu einer "Versendungsversorgung". Peter Eberwein vom Verband der zytostatikaherstellenden Apotheker und Apothekerinnen (VZA) begrüßte die beabsichtigte Ausschaltung der Arzneimittelpreisverordnung für diesen Bereich im Hinblick auf die Einkaufsvorteile, die lediglich Krankenhausapotheken und Herstellerbetriebe generieren können. Allerdings sei dies nur ein erster Schritt – auch er ist der Meinung dass die Apotheken sodann auch die Preise mit den Kostenträgern aushandeln müssen. Eine weitere Frage betraf die vorgesehenen gesetzlichen Rahmenbedingungen zur Abrechnung und Offenlegung. Aus Sicht der Einzelsachverständigen Sabine Beckmann, Apothekerin beim AOK-Bundesverband, sind die Vorschriften hier "vollkommen eindeutig" und gelten auch für andere Marktteilnehmer – insbesondere Herstellungsbetriebe. Dazu zählen insbesondere die Angabe der Pharmazentralnummer, der verwendeten Teilmengen und des Einkaufspreises des entsprechenden Arzneimittel. Apotheken, die auf externe Lohnhersteller zurückgreifen, unterlägen diesen Anforderungen ebenfalls und müssten mit den gleichen Belegen arbeiten wie selbst herstellende Apotheken. Die Herstellungsbetriebe müssten es daher den Apotheken ermöglichen, eine gesetzeskonforme Abrechnung vorzunehmen. Holger Hennig vom Bundesverband Deutscher Krankenhausapotheker (ADKA) warnte davor, die Offenlegungsvorschriften auch für Krankenhausapotheken zur Pflicht zu machen. Dies erschwere ihnen die Vertragsverhandlungen mit Dritten unerträglich. In der Folge werde es schwer gemacht, ihre Ambulanzen weiterzubetreiben – zum Schaden der Patienten.
Nun stehen die abschließenden Beratungen für den Gesetzentwurf an. Im Juni soll die 2./3. Lesung im Plenum des Bundestages erfolgen. Den Bundesrat hat der Entwurf bereits passiert.
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