Wirtschaft

Aktiv werden statt abwarten!

Ein Bericht von Peter Ditzel
Auch wenn es für die eine oder andere Apotheke im vergangenen und in diesem Jahr betriebswirtschaftlich gesehen eine kleine Verschnaufpause gegeben hat oder geben könnte, so stehen doch für die kommenden Jahre gesundheits- und berufspolitische Ereignisse an, die sich auch auf die Entwicklung der Apotheke auswirken werden. Dr. Frank Diener, Generalbevollmächtigter der Steuerberatungsgesellschaft Treuhand Hannover, analysierte in seinem Vortrag auf dem Wirtschaftsforum in Berlin die betriebswirtschaftlichen Daten für die inhabergeführte Apotheke und wagte eine Prognose für 2010. Er riet dazu, nicht abzuwarten, sondern mithilfe eines Zukunfts-Checks aktiv die Zukunft anzupacken.

Die typische Apotheke (häufigste Umsatzgrößenklasse) hatte im vergangenen Jahr einen Umsatz von 1000 bis 1249 TEuro, der Durchschnittsumsatz aller Apotheken lag in der Klasse 1500 bis 1749 TEuro (siehe Abb. 1). Im Vergleich zu 2007 erreichte die typische Apotheke eine leichte Steigerung des Gesamtumsatzes um 3% (s. Abb. 2). Diese Steigerung dürfte im Wesentlichen auf einen Zuwachs des GKV-Umsatzes zurückzuführen sein: Hier zeigt sich 2008 im Vergleich zu 2007 eine Zunahme von 4,5% (s. Abb. 3). Dagegen entwickelte sich der Umsatz der typischen Apotheken im Handverkauf leicht rückläufig, nämlich um 0,6% von 359 auf 357 TEuro. Für das 1. Quartal 2009 setzt sich der rückläufige Trend mit minus 1% fort (s. Abb. 4).

Der prozentuale Rohgewinn der typischen Apotheke fiel nach den Berechnungen der Treuhand Hannover um – 0,1%-Punkte weiter, von 26,2% auf 26,1% – ein Trend, der sich im 1. Quartal 2009 fortsetzte (s. Abb. 5). Diener bezeichnete diese Entwicklung als Reflex der fortgesetzten Warenverteuerung: ob die Talsohle nun erreicht ist?

Absolut hat sich der Rohgewinn dagegen verbessert (+ 2,9% 2008 gegenüber 2007), denn Einbußen beim prozentualen Rohgewinn werden durch Umsatzsteigerungen ausgeglichen.

Die typische Apotheke konnte die Personalkosten von 2007 zu 2008 prozentual gesehen konstant halten, nämlich bei 10,8% vom Netto-Umsatz. Für 2009 deutet sich allerdings eine leichte Steigerung an. Im Trend sind die Personalkosten stärker gestiegen als der Nettoumsatz, so Diener. Absolut gesehen betrugen die Personalkosten in der typischen Apotheke (Umsatzgrößenklasse 1000 bis 1249 TEuro) im vergangenen Jahr 133.000 Euro. In 2007 lagen sie bei 129.000 Euro und 2006 bei 124.000 Euro. Auch für 2009 dürfte eine weitere Zunahme dieser Kosten zu erwarten sein, wie die Entwicklung im 1. Quartal bereits zeigt. Die Zunahme lässt sich als "sichtbarer Fingerabdruck der Rabattverträge" deuten: Die Erklärung der Rabattverträge für die Kunden und das Handling in der Apotheke sind personalintensive Vorgänge.

Ein diametral anderer Trend ist prozentual gesehen bei den sonstigen Kosten der typischen Apotheke festzustellen. Hier zeigt sich ein leichter Abwärtstrend von 9,1 auf 9% in 2008.

 

Das Gesamtergebnis

Zum Gesamtbetriebsergebnis der typischen Apotheke: es be-lief sich im vergangenen Jahr auf 6,3% vom Netto-Umsatz. Während es in 2008 noch stagnierte, rechnet man für 2009 mit einem Rückgang auf 6,2% (s. Abb. 6). Als Faustregel gilt: Maximal die Hälfte davon bleibt als verfügbares Einkommen für den Inhaber.

Als Betriebsergebnis für die typische Apotheke ergaben sich im vergangenen Jahr 78.000 Euro, was einer Zunahme im Vergleich zu 2007 um 4% entspricht (s. Abb. 7). Betrachtet man jedoch die Jahre 2006 bis 2008, so ist ein Rückgang von – 1,9% zu sehen. Dass ein Ergebnis von 78.000 Euro kein besonders hohes Ergebnis ist, macht ein Vergleich mit den Gesamtkosten für einen angestellten Apotheker deutlich: Tarifgehalt, 13. Monatsgehalt, Zulagen und Arbeitgeberkosten addieren sich auf 63.000 Euro Arbeitgeber-Gesamtkosten.

Interessant ist die Betrachtung des Teilbetriebsergebnisses GKV für die typische Apotheke (s. Abb. 8). Im Vergleich zum Vorjahr ergibt sich hier für 2008 ein Rückgang um 4300 Euro (– 11%).

Diener verglich auch die Kostensituation für eine Filialapotheke mit der in der typischen Apotheke (s. Abb. 9). Danach lässt sich erkennen, dass sich trotz eines geringeren Ergebnisses ein positiver Deckungsbeitrag ergibt. Allerdings ist mit einer Filialapotheke generell ein zusätzliches Risiko und ein erhöhter Aufwand für die Unternehmensnavigation erforderlich.

Der Ausblick

Exogene, individuell nicht beeinflussbare Rahmenbedingungen zeichnen sich dieses und nächstes Jahr ab. Dazu gehören

  • das EuGH-Urteil zum Fremdbesitzverbot
  • ein mögliches Spargesetz nach der Bundestagswahl
  • jährliche Abschlagsanpassungen
  • Arzneimittelrahmenvereinbarungen KBV/GKV
  • Rabattverträge
  • Markttrend OTC-Arzneimittel
  • Markttrend Einkaufskonditionen
  • Tarifabschlüsse und Personalknappheit
  • Fortbestand der Pick-up-Stellen
  • Versandhandel über EU-Erfordernis hinaus.

Alle diese Faktoren können das betriebswirtschaftliche Ergebnis einer Apotheke in die eine oder andere Richtung beeinflussen. Hinzu kommen die Auswirkungen, die die 15. AMG-Novelle mit sich bringen wird. Diener nannte hier als Beispiel die Veränderungen im Bereich Spezialrezepturen (Zytostatikaanfertigungen), die mit der Novelle auf die Apotheke zukommen dürften. So sollen die Preisvereinbarungen zwischen Deutschem Apothekerverband und GKV auch für die PKV gelten. Es könnte auch zu Marktverschiebungen zwischen Krankenhaus- und Offizinapotheken kommen.

Besondere Auswirkungen auf die Apotheke werden durch die neuen Bestimmungen zur Großhandelsbelieferung erwartet. Das vom Großhandel favorisierte Kombimodell sieht einen preisunabhängigen Fixaufschlag und einen prozentualen Logistikaufschlag auf den Herstellerabgabepreis vor. Die spannende Frage wird sein, wo das Bundeswirtschaftsministerium den prozentualen Aufschlag und das Fixum festsetzt. Denn nur der prozentuale Aufschlag soll für eine Rabattgewährung des Großhandels für Apotheken zur Verfügung stehen, nicht jedoch das Fixum.

 

Diener wagte eine Prognose für die betriebswirtschaftliche Entwicklung der Apotheke 2009/2010 (s. Abb. 10). Während er im laufenden Jahr noch mit einer leichten Verbesserung des betriebswirtschaftlichen Ergebnisses rechnet, dürfte eine Verschlechterung im nächsten Jahr aufgrund der Rahmenbedingungen wahrscheinlich sein. Daher schlägt er vor, bereits heute die Konsequenzen zu ziehen und sich von den negativen kollektiven Entwicklungen abzukoppeln. Der Apotheker sollte professionelle betriebswirtschaftliche Diagnoseinstrumente nutzen, um besser navigieren zu können. Dazu gehören beispielsweise eine Jahreszielplanung inkl. Liquiditäts- und Investitionsplanung, ein monatlicher Betriebsvergleich und Verfügungsbetragsberechnungen, ein quartalsweises Benchmarking und eine unterjährige Steuerberechnung und -gestaltung.

Außerdem sollte der Apotheker Wert legen auf die Kundenorientierung. "Bieten Sie dem Kunden ‚magic moments‘", so Diener, Dienstleistungen sollen als Prozess erlebt werden. Jeder Kundenvorgang in der Apotheke oder bereits vor der Apotheke sollte hinterfragt werden, ob er verbesserbar und für den Kunden besser erlebbar dargestellt werden kann, angefangen von der Parkplatzsituation bin hin zum Bezahlvorgang. Diener: "Analysieren Sie Ihr Geschäftsmodell aus Kundensicht!"

 

Dr. Frank Diener

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