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Interpharm 2009
Neue Wirkstoffe in der Entwicklung
Darapladib wird als neue Behandlungsoption für die Therapie von atherosklerotischen Erkrankungen entwickelt. Der Wirkstoff hemmt das Enzym Lipoprotein-assoziierte Phospholipase A2 (Lp-PLA2), das besonders in Blutgefäß-Plaques eine wichtige Rolle spielt: Es hydrolysiert oxidierte Phospholipide, die Zellen schädigen können.
In klinischen Tests stabilisierte Darapladib die atherosklerotischen Plaques und hielt das Fortschreiten der Erkrankung auf. Das zeigten Studien der Phase II, in denen 330 Patienten mit angiographisch dokumentierter koronarer Herzerkrankung zusätzlich zur Standardtherapie zwölf Monate lang einmal täglich 160 mg Darapladib oder ein Placebo erhielten. Jetzt wurden Studien der Phase III mit 15.000 Patienten gestartet, die über drei Jahre laufen sollen.
Cinaciguat bei Herzinsuffizienz
Cinaciguat soll bei der akuten dekompensierten Herzinsuffizienz, einer plötzlichen Verschlechterung einer bestehenden Herzinsuffizienz, intravenös eingesetzt werden. Der Wirkstoff aktiviert die lösliche Guanylatcyclase, die unter anderem das Aggregationsverhalten von Thrombozyten und den Tonus der Blutgefäße beeinflusst und deren Aktivität bei oxidativem Stress gestört ist. Derzeit wird Cinaciguat in einer Studie der Phase II geprüft, im Jahr 2010 soll mit der Phase III begonnen werden.
Eltrombopag stimuliert Bildung von Thrombozyten
Eltrombopag (vorgesehener Handelsname Promacta®) ist ein oral aktiver, nicht peptidischer Thrombopoetin-Rezeptoragonist, der zur Behandlung der Thrombozytopenie eingesetzt wird.
Eine idiopathische Thrombozytopenie tritt zum Beispiel beim Morbus Werlhof (auch idiopathische thrombozytopenische Purpura, ITP) auf, einer seltenen Autoimmunerkrankung, bei der die Thrombozyten zerstört werden. Eine Thrombozytopenie als Folge einer Schädigung der Leber durch das Hepatitis-C-Virus kommt häufiger vor. Hier ist die Thrombopoetinsynthese in der Leber verringert. Eltrombopag wurde in einer klinischen Studie mit 114 Patienten mit idiopathischer thrombozytopenischer Purpura geprüft, die täglich 50 mg Eltrombopag oral erhielten. Hier erhöhten sich durch die Behandlung die Anzahl der zirkulierenden Thrombozyten klinisch signifikant. Die Zulassung in den USA und in Europa ist beantragt.
Tasimelteon hilft bei Jetlag
Das körpereigene Hormon Melatonin wird von der Zirbeldrüse gebildet und reguliert den Schlaf-Wach-Rhythmus des Körpers. Es wird rasch mit einer Halbwertszeit von 30 bis 50 Minuten abgebaut. Melatonin und Melatoninagonisten werden als Schlafmittel, zur Behandlung von Depressionen und zur Verkürzung des Jetlag eingesetzt. Melatonin selbst ist in der Retardform Circadin® seit Anfang 2008 bei uns als Schlafmittel für Patienten über 55 Jahre zugelassen.
Der Melatonin-Rezeptoragonist Tasimelteon hat eine längere Halbwertszeit als Melatonin (beim Affen 2,1 h) und kann zur Behandlung des Jetlag eingesetzt werden. Die neue Substanz führte in einer Phase-III-Studie mit 411 Patienten in oralen Dosierungen von 20, 50 und 100 mg eine halbe Stunde vor dem Schlafengehen zu einer besseren Schlafqualität nach Zeitumstellungen. Als Hypnotikum war Tasimelteon jedoch nicht wirksam genug.
Agomelatin als Antidepressivum
Der Melatoninagonist Agomelatin (Valdoxan®) weist statt des Indol-Bausteins im Melatonin ein Naphthalin-System auf und ist dadurch metabolisch stabiler als Melatonin. Agomelatin wirkt agonistisch an MT1- und MT2-Rezeptoren und zusätzlich als kompetitiver Antagonist an Serotonin-Rezeptoren (5-HT2C und 5-HT2B) und soll in Dosen von 5 bis 50 mg zur Behandlung von depressiven Patienten eingesetzt werden. Agomelatin ist bereits zugelassen und wird jetzt eingeführt.
CGRP-Antagonist Telcagepant
Telcagepant wirkt als Antagonist von CGRP (calcitonin gene-related peptide) an seinem Rezeptor. CGRP ist ein Neuropeptid, das im Gehirn eine wichtige Rolle in der Pathophysiologie der Migräne spielt.
In einer klinischen Studie mit 1380 Patienten waren 300 mg Telcagepant oral ähnlich wirksam wie 5 mg Zolmitriptan. Damit könnte Telcagepant eine Behandlungsalternative zu Triptanen bei Patienten mit Herz-Kreislauf-Erkrankungen bieten. Die Zulassung soll 2009 beantragt werden.
Fampridin bei MS
Fampridin, ein Derivat von 4-Aminopyridin, wird zur Behandlung von Symptomen der multiplen Sklerose (MS) entwickelt. Bei dieser Autoimmunerkrankung werden die Myelinscheiden der Nervenzellen abgebaut, wodurch die Signalweiterleitung gestört wird. Der Verlust des Myelins führt an den Läsionen zu einem Kaliumionenaustritt. Fampridin wirkt als Kaliumkanalblocker und verbessert die Leitfähigkeit von demyelinisierten Nervenfortsätzen.
Nach den Ergebnissen einer Phase-III-Studie mit 301 Patienten kann Fampridin die Gehfähigkeit MS-Erkrankter verbessern. In dieser Studie wurde Fampridin in einer Dosis von zweimal täglich 10 mg oral 14 Wochen lang zusätzlich zur Basistherapie gegeben. Von der Behandlung profitierten etwa ein Drittel der Patienten. Noch sind viele Fragen offen, beispielsweise zur Langzeitverträglichkeit und zu Nebenwirkungen.
Antipsychotikum Asenapin
Asenapin (Saphris®) bindet an viele unterschiedliche Rezeptoren, zum Beispiel an dopaminerge, serotonerge oder zentrale Alpha-Rezeptoren. Die Substanz wird als Antipsychotikum zur Behandlung der Schizophrenie und von akuten manischen Episoden bei einer bipolaren Störung entwickelt und befindet sich im Zulassungsverfahren.
In klinischen Studien der Phase III wurde bei der Schizophrenie eine Besserung der Minus-Symptomatik und der Kognition gezeigt. Unklar ist, welche Wirkung auf die Bindung an welche Rezeptoren zurückgeht.
Pegloticase gegen Gicht
Pegloticase (Puricase®) ist eine rekombinant hergestellte Uricase zur Behandlung der Gicht. Bei dieser Stoffwechselstörung wird die Harnsäure, die im Stoffwechsel anfällt, nicht mehr abgebaut, fällt aus und bildet Kristalle, was sich zum Beispiel in den Finger- und Zehengelenken schmerzhaft bemerkbar macht. Bei den meisten Säugern wird die Harnsäure durch das Enzym Uricase zum leicht löslichen Allantoin abgebaut, Affen und Menschen besitzen dieses Enzym jedoch nicht mehr.
Bisher wurden bei Gicht Urikostatika wie Allopurinol und Febuxostat eingesetzt, welche die Entstehung der Harnsäure blockieren. Pegloticase, die pegyliert ist und ursprünglich von Schweinen stammt, fördert die Ausscheidung der Harnsäure. Durch die Pegylierung weist das Enzym eine lange Halbwertszeit von zehn bis zwölf Tagen auf und wirkt nur gering immunogen. Pegloticase wird in einer Dosis von 2 bis 8 mg alle zwei Wochen intravenös gespritzt und wird derzeit in einer Phase-II-Studie untersucht. Die Zulassung in den USA ist beantragt, Langzeitstudien liegen noch nicht vor.
hel
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