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- DAZ 15/2009
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Arzneimittel und Therapie
10-valenter Impfstoff deckt drei zusätzliche Serotypen ab
Pneumokokken können Pneumonien und Mittelohrentzündungen, aber auch schwere invasive Erkrankungen wie Meningitiden, bakteriämische Pneumonien oder eine Sepsis verursachen. In Deutschland sind etwa fünf Millionen der bis 16-Jährigen mit Pneumokokken im Nasopharyngealraum kolonisiert, 1 bis 1,5 Millionen entwickeln pro Jahr eine Mittelohrentzündung, 150.000 bis 200.000 eine Pneumonie, 800 eine Bakteriämie, 160 bis 200 eine Meningitis und 20 sterben an der Folgen der Infektion. Besonders groß ist das Risiko einer invasiven Infektion in den ersten beiden Lebensjahren. Seit 2006 wird von der Ständigen Impfkommission am Robert Koch-Institut (STIKO) deshalb die Pneumokokkenimpfung mit einem Konjugatimpfstoff für alle Kinder unter zwei Jahren empfohlen.
Relevant für Europa: Serotypen 1,5 und 7F
Bislang stand in Deutschland allerdings nur ein 7-valenter Pneumokokken-Konjugatimpfstoff (Prevenar®) zur Verfügung, sprich der Impfstoff schützte vor den sieben Pneumokokken-Serotypen 4, 6B, 9V, 14, 18C, 19F und 23F. Laut Dr. rer. nat. Mark van der Linden vom Nationalen Referenzzentrum für Streptokokken in Aachen bietet er damit Schutz vor etwa 80% der invasiven Pneumokokkenerkrankungen in den USA und Australien. Für Europa lag die Abdeckung dagegen wegen der anderen Serotypen-Verteilung zehn bis 20% niedriger. Ein Drittel der invasiven Pneumokokkenerkrankungen waren hierzulande damit nicht impfpräventabel. Der neue 10-valente Impfstoff kann diese Lücke nun schließen. Er bietet Schutz vor drei zusätzlichen Serotypen, nämlich den Serotypen 1,5 und 7F, die vor allem in Europa vorhanden sind und häufig mit schweren Krankheitsverläufen einhergehen. ST 7F gilt mit einer Todesfallrate von 15% als einer der gefährlichsten Serotypen. Der 10-valente Impfstoff liefert damit einen Impfschutz, der an die Serotypen-Situation in Europa angepasst ist.
Schutz auch vor AOM
Der neue Impfstoff bietet zudem Schutz vor akuten Mittelohrentzündungen (AOM), die durch Pneumokokken ausgelöst werden. Dies zeigte die große, randomisierte, doppelblinde klinische Wirksamkeitsstudie POET(Pneumococcal Otitis Media Efficacy Trial), die mit einem 11-valenten Vorläuferimpfstoff durchgeführt wurde. Danach lassen sich etwa ein Drittel aller Otitis-media-Fälle verhindern. Eine Studie mit dem 10-valenten Impfstoff ist derzeit am Laufen. Möglicherweise schützt der Impfstoff auch vor Mittelohrentzündungen, die von nicht-typisierbaren kapsellosen Haemophilus-influenzae-Stämmen (NTHi-Stämme; nicht zu verwechseln mit Hib!) hervorgerufen werden. Denn acht der zehn Pneumokokken-Polysaccharide sind an das immunogen aktive Membranprotein D von nicht-typisierbaren kapsellosen Haemophilus-influenzae-Stämmen gekoppelt, was einen zusätzlichen Effekt auch gegen diese Keime hervorrufen könnte. NTHi gelten zusammen mit Pneumokokken als häufigste Verursacher bakterieller Mittelohrentzündungen.
Impfstoffwahl: eine Frage des AltersFür Erwachsene und Kinder ab dem zweiten Lebensjahr steht schon seit den achtziger Jahren ein 23-valenter Polysaccharidimpfstoff zur Prävention von Pneumokokkeninfektionen zur Verfügung. Bei Säuglingen und Kleinkindern unter zwei Jahren, also der Hochrisikogruppe, lässt sich damit jedoch keine ausreichende Immunantwort erreichen. Erst die Entwicklung von Pneumokokken-Konjugatimpfstoffen machte es möglich, dass schon jüngere Kinder erfolgreich geimpft werden können. |
Kein Problem: Koadministration
Unproblematisch ist die 10-valente Vakzine mit dem neuen Impfstoffdesign in der Anwendung. Eine Koadministration mit anderen üblichen Kinderimpfungen wie MMRV, die Sechsfachimpfung oder die Impfung gegen Meningokokken C. Die Verträglichkeit ist anderen Totimpfstoffen vergleichbar.
Quelle
Dr. rer. nat. Mark van der Linden, Aachen: Priv.-Doz. Dr. Markus Knuf, Mainz; Dr. Michael Horn, Berchtesgaden: "Neuer 10-valenter Pneumokokkenimpfstoff speziell für Europa", München, 2. März 2009, veranstaltet von der GlaxoSmithKline GmbH &Co. KG, München.
Apothekerin Dr. Beate Fessler
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