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Diamorphin-Streit geht in die nächste Runde
Bei der Anhörung ging es um zwei Gesetzentwürfe, die Diamorphin als verschreibungspflichtiges Betäubungsmittel einstufen und in die GKV-Regelversorgung integrieren wollen – einen Gruppenantrag von Abgeordneten der SPD, FDP, der Linken und den Grünen und einen Antrag des Bundesrates – sowie einen Antrag von Unions-Parlamentariern, der darauf abzielt, Modellprojekte zur kontrollierten Diamorphinabgabe fortzuführen.
Für eine Übernahme der Diamorphin-Behandlung in die GKV-Regelversorgung reiche derzeit der Kenntnisstand nicht aus, argumentieren die Unions-Abgeordneten in ihrem erst kürzlich vorgelegten Antrag. Deshalb sollen offene Fragen zunächst in weiteren Modellprojekten geklärt werden. Erst danach könnten die notwendigen Voraussetzungen für eine Überführung in die Regelversorgung geprüft werden, so die Haltung der Union. In den beiden Gesetzentwürfen heißt es dagegen, die Ergebnisse der bereits seit 2002 laufenden Modellprojekte sprächen dafür, eine Diamorphin-Behandlung für eine "klar begrenzte Zielgruppe Opiatabhängiger" zu ermöglichen. So soll eine solche Therapie nur bei Betroffenen in Betracht kommen, die mindestens 23 Jahre alt und seit fünf oder mehr Jahren abhängig sind, und die zudem bereits zwei erfolglose Therapien absolviert haben.
Für bestimmte Patienten alternativlos
Zuspruch erhielten die Gesetzentwürfe in der Anhörung unter anderem von kirchlichen Wohlfahrtsverbänden, Städten und Suchtforschern. "Einer speziellen Zielgruppe wird als Ultima Ratio ermöglicht, überhaupt einen Zugang zum Hilfesystem zu finden", heißt es etwa in der Stellungnahme des Städtetags. Der Vertreter der Bundesärztekammer, Christoph von Ascheraden teilt diese Meinung ebenfalls: Die mit dem Modellprojekt verbundene Studie weise nach, dass die Diamorphin-Behandlung für eine bestimmte Patientengruppe alternativlos sei und helfe, Leben zu retten, sagte er in der Anhörung. Von einer reinen Fortsetzung des Modellprojekts seien dagegen keine neuen Beurteilungskriterien zu gewinnen, um die Gruppe der Teilnehmer an einer Diamorphin-Behandlung besser abgrenzen zu können.
2000 oder 70.000 potenzielle Patienten?
Vom GKV-Spitzenverband und der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV) werden die in den Gesetzentwürfen genannten Voraussetzungen für eine Diamorphin-Therapie jedoch kritisch betrachtet. Der GKV-Vertreter Axel Meeßen bemängelte, dass ein Großteil der 120.000 bis 190.000 Heroinabhängigen diese Bedingungen erfüllen würde. Nach Schätzungen des GKV-Spitzenverbandes wäre dies bei etwa 70.000 Abhängigen der Fall. Damit würden sich die Kosten der Diamorphin-Therapie auf 0,7 bis eine Milliarde Euro summieren. Für eine Methadon-Behandlung im gleichen Umfang fiele nur ein Drittel davon an. KBV-Vertreter Paul Rheinberger erklärte, dass die vorgesehenen Kriterien "prototypisch für Heroinabhängige" und deshalb ungeeignet seien. Danach kämen für die Heroin-Abgabe sehr viel mehr Betroffene in Frage als 1000 oder 2000 Schwerstabhängige. Vertreter mehrerer der an dem Modellprojekt beteiligten Städte verwiesen dagegen darauf, dass schon jetzt nicht alle vorhandenen Therapieplätze für eine Diamorphin-Behandlung in Anspruch genommen würden. Befürchtungen, dass zu viele Patienten kommen würden, träfen angesichts der engen Zugangsvoraussetzungen nicht zu.
Bundestagsmehrheit noch ungewiss
Während sich die Drogenbeauftragte der Bundesregierung, Sabine Bätzing (SPD), am Rande der Anhörung zuversichtlich gab, sich mit dem Koalitionspartner einigen zu können, zeigte sich ihre Unionskollegin Maria Eichhorn (CSU) wenig beweglich: "Wir sehen – auch aufgrund der Stellungnahmen, die wir heute wieder haben – derzeit keine Möglichkeit, einer Regelversorgung zuzustimmen." Die gesundheitspolitische Sprecherin der SPD-Fraktion, Carola Reimann, sprach sich dafür aus, bald über die Anträge abzustimmen. Der von ihr mit angestoßene Gruppenantrag könne mit weiteren Unterstützern aus den Reihen von SPD, FDP und Grünen eine Mehrheit erreichen. Schon jetzt hat er deutlich mehr Abgeordnete hinter sich als der Antrag der Union.
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