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Arzneimittel und Therapie
Arzneimitteltherapie bei Niereninsuffizienz
Um eine zuverlässige Wirkung eines Pharmakons im therapeutischen Bereich zu erzielen, muss die Beziehung zwischen der Zufuhr (Dosis) und der Ausscheidung (Clearance) bekannt sein. Diese Beziehung ist nicht statisch, sondern ändert sich bei Vorliegen bestimmter Erkrankungen und mit fortschreitendem Alter, da die Nephrone sukzessive zugrunde gehen und ihre physiologische Funktion nicht mehr wahrnehmen können. So liegt vor allem bei älteren Patienten in vielen Fällen eine relevante Niereninsuffizienz vor, die durch Komorbiditäten wie Hypovolämie, Gefäßerkrankungen oder Herzinsuffizienz noch verstärkt wird. Eine extreme Einschränkung der Nierenfunktion liegt ferner bei Neugeborenen vor. Eine grobe Einschätzung der Nierenfunktion erfolgt durch die Bestimmung des Serumkreatininwertes. Kreatinin entsteht aus dem Energiespeicher des Muskels und wird bei Patienten mit normaler Nierenfunktion fast vollständig durch glomeruläre Filtration ausgeschieden. Das Serumkreatinin hängt indes nicht nur von der aktuellen Nierenfunktion des Patienten ab, sondern wird auch von weiteren Parametern wie Proteinzufuhr, Alter, Geschlecht und Gewicht der Muskelmasse beeinflusst. So ist es möglich, dass trotz normaler Serumkreatininwerte bereits eine Nierenfunktionsstörung vorliegt. Die Kreatinin-Clearance ist daher ein verlässlicheres Maß für die glomeruläre Filtrationsleistung. Die Kreatinin-Clearance kann zeitaufwendig im Sammelurin gemessen oder mithilfe von Annäherungsformeln berechnet werden. Eine in der Praxis häufig angewandte Formel ist die Berechnung nach Cockroft und Gault.
Das Q0 -Konzept
Eine Dosisfindung unter Berücksichtigung einer spezifischen Substanz und patientenindividueller Parameter kann mithilfe des Q0 -Konzeptes erfolgen, dem folgende Überlegungen zugrunde liegen: Die gesamte Arzneimittel-Clearance entspricht der Summe der renalen und hepatischen Clearance. Der nicht renal ausgeschiedene bioverfügbare Dosisanteil wird als Q0 bezeichnet. Der Anteil der Niere an der Gesamtclearance ist substanzspezifisch, wobei 1-Q0 den renal ausgeschiedenen Anteil eines Arzneistoffs angibt. Für alle Arzneistoffe mit einem niedrigen Q0 -Wert wird bei eingeschränkter Nierenfunktion eine Dosisanpassung empfohlen. Bei der Berechnung der individuellen Ausscheidungskapazität Q fließen dann der extrarenal ausgeschiedene Anteil eines Arzneistoffs (Q0) und die individuelle Kreatinin-Clearance mit ein.
Individuelle Dosisanpassung
Sollen überwiegend renal eliminierte Wirkstoffe bei niereninsuffizienten Patienten eingesetzt werden, können folgende Notwendigkeiten auftreten:
- Dosis erhöhen; bei einigen wenigen Wirkstoffen wie etwa dem Schleifendiuretikum Furosemid ist eine massive Erhöhung der Dosis erforderlich, um die gewünschte Wirkung zu erzielen. Wahrscheinlich trifft dies auch auf ACE-Hemmer zu, die unter dem Gesichtspunkt der Nephroprotektion hoch dosiert werden sollten.
- Wirkstoff meiden; nephrotoxische Wirkstoffe wie bestimmte Röntgenkontrastmittel oder Metformin (weitere Beispiele siehe Tabelle) sollten bei nierengeschädigten Patienten nicht eingesetzt werden. Dies gilt insbesondere für Risikopatienten (Vorliegen einer Hypovolämie, einer Herzinsuffizienz oder einer Gefäßerkrankung) mit einer fortgeschrittenen Nierenschädigung.
- Dosis anpassen; überwiegend renal ausgeschiedene Wirkstoffe müssen unter Berücksichtigung der individuellen Ausscheidungsleistung und des Q0 -Wertes angepasst werden. Diese Dosisanpassung kann durch eine Verringerung der Dosis oder eine Verlängerung des Dosierungsintervalls erfolgen.
Die Fachinformationen sollten zwar hierzu mit herangezogen werden, allerdings sind in über einem Drittel der Fachinformationen keine Angaben zur Dosierung bei Niereninsuffizienz angegeben. In einigen Fällen beziehen sich die Dosierungsempfehlungen auf den Serumkreatinwert und nicht auf die Kreatinin-Clearance und die empfohlenen Dosierungsschemata sind nicht immer korrekt.
Quelle
Prof. Dr. Walter E. Haefeli, Heidelberg: "Arzneimitteltherapie bei Niereninsuffizienz". Vortrag auf dem Frühjahrskongress der LAK Baden-Württemberg in Villingen-Schwenningen, 14. bis 15. März 2009.
Apothekerin Dr. Petra Jungmayr
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