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- AZ 49/2009
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Schwierige Kunden – (k)ein Problem
Manche Patienten können die Geduld von Apothekenmitarbeitern beträchtlich strapazieren. Zum Beispiel dann, wenn sie anfangen, über Gott und die Welt zu reden, obwohl hinter ihnen noch fünf andere Kunden warten und sichtlich ungeduldig werden. Wer sich zwar äußerlich bemüht, ruhig zu bleiben, aber innerlich stöhnt "Oh nein, nicht schon wieder!" tut meist genau das Gegenteil von dem, was er eigentlich will: Er bestärkt mit seinem Verhalten auch noch den betreffenden Kunden, weiterzureden und nicht die geringsten Anstalten zu machen, zum Ende zu kommen.
Wirkungsvolle Mittel
Dabei gibt es ganz einfache, aber wirkungsvolle Mittel, die Apothekenleiter ihren Mitarbeitern empfehlen können, um Situationen wie diese souverän zu meistern: Die erste Maßnahme ist es beispielsweise, aufzusehen beziehungsweise in die Richtung der eintretenden Kunden zu blicken und diese kurz, aber freundlich zu grüßen. Damit sendet der Mitarbeiter das Signal, dass er die neuen Kunden wahrgenommen hat und signalisiert gleichzeitig dem Dauerredner, dass es außer ihm noch weitere Kunden gibt, die bedient werden möchten.
Ufert das Gespräch gänzlich aus und läuft es aus dem Ruder, hilft nur eines: Die Führung zu übernehmen. Kennt der Mitarbeiter den Patienten – beziehungsweise hilft ein Blick auf das eingereichte Rezept – kann er ihn zunächst mehrmals mit seinem Namen ansprechen: "Gut, Frau Meier " oder einfach nur "Frau Meier ". Solche direkten Ansprachen veranlassen schon viele Menschen dazu, sich der Situation bewusst zu werden.
Bewirkt auch das keine Veränderung, sind stärkere Maßnahmen notwendig. Beispielsweise, eine Sprechpause auszunutzen und sich dann einzuschalten: "Gut, Herr Schmidt, das Medikament habe ich bestellt, Sie können es ab 16 Uhr abholen." Veranlasst auch das den Kunden nicht, sich zu verabschieden, ist eine klare, höfliche Sprache angebracht. Beispielsweise: "Es tut mir leid, ich muss Sie mal kurz unterbrechen, die Dame hinter Ihnen wartet schon längere Zeit "
Vielleicht gibt der redselige Kunde aber auch selbst mögliche Ausstiegsthemen vor. In diesem Fall lässt sich daran anknüpfen. Beispiel: "Dann wünsche ich Ihnen noch ein schönes Wochenende mit Ihren Kindern und Enkelkindern" oder: "Da haben Sie sicherlich heute noch viel zu tun mit der ganzen Vorbereitung für Ihre Feier. Deshalb will ich Sie nicht länger aufhalten" (selbst wenn der Kunde aufhält).
Eigenes Verhalten überprüfen
Bei Dauerrednern sollten Mitarbeiter aber auch ihr eigenes Verhalten überprüfen: Denn hier gelten andere Regeln. So sind typische Bestätigungssignale wie körperliche Zuwendung, freundlicher Blickkontakt, Lächeln, verbale Zustimmung ("ach ja?", "wirklich?", "wie interessant?", "aha" etc.) zu vermeiden. Denn eine solche – meist höflich gemeinte – Kommunikation ist bei Kundengesprächen, die aus dem Ruder laufen, nicht angesagt. Vielmehr gilt es, die Situation in den Griff zu bekommen.
Mitunter gibt es aber auch Kunden, die schon beim gesamten Apothekenteam als "schwierig" gelten: Ihnen kann man es kaum recht machen, sie widersprechen sich, wissen nicht genau, was sie eigentlich wollen, das Gespräch dreht sich im Kreis und am Ende verlassen sie wieder unverrichteter Dinge die Apotheke. Oder sie beschweren sich wegen jeder Kleinigkeit, erwarten Sonderbehandlung und stellen die Mitarbeiter auf eine harte Geduldsprobe.
Vorurteile als Hindernis
Manchmal sind allerdings auch Vorurteile mit im Spiel, wenn Patienten als schwierig gelten. Dies beginnt schon damit, dass die neue PTA "vorgewarnt" wird oder Kunden vom gesamten Team einhellig als schwierig angesehen werden. Sei es, dass eine fremde Meinung unkritisch übernommen wird oder dass sich der Mitarbeiter schon beim Eintreten des Kunden ein negatives Bild über ihn macht: Wer Vorurteile hegt, wird diese bestätigt finden. Und das hat Folgen: Die Vorurteile prägen sich nicht nur ins Gedächtnis ein, sondern sie bestimmen auch das Verhalten. So verhalten sich Mitarbeiter, die gegenüber einem Kunden Vorurteile hegen und darüber klagen, dass er "einfach schwierig sei", unbewusst gegenüber ihm genau so, dass sie diese Reaktion provozieren.
Der erste Schritt, um Vorurteile auszuräumen, ist, sie zu erkennen. Dies kann beispielsweise Thema der nächsten Mitarbeiterbesprechung sein. So sind alle Mitarbeiter, die immer wieder über Probleme mit Kunden klagen, aufgerufen, sich zu fragen: "Wie verhalte ich mich gegenüber dem Kunden?", "Was sind meine Gedanken, wenn er zu uns in die Apotheke kommt?", "Stöhne ich bereits innerlich, warte ich nur darauf, dass er wieder nicht weiß, was er will?"
Für diesen Fall gibt es eine spezielle Technik: Und zwar den Fokus zu ändern. Beispiel: Wem an einem Kunden immer eine bestimmte Eigenart stört, der konzentriert sich ganz darauf. Und er fühlt sich bestätigt. Der entscheidende Schritt ist also, die Wahrnehmung zu erweitern, so dass man nicht nur diese eine, sondern auch noch weitere – positive – Eigenschaften am Kunden entdeckt. Dazu können Apothekenleiter ihren Mitarbeitern Denkanstöße geben.
Falsch interpretiert
Zu Unstimmigkeiten kommt es aber auch, wenn die Signale des Kunden falsch verstanden werden. Beispiel: Jammert jemand die ganze Zeit nur herum, möchte er entweder, dass Abhilfe geschaffen wird – oder er braucht nur jemanden, der ihm zuhört. Vielleicht ist es ein Missverständnis: Ärgert sich beispielsweise die Mitarbeiterin darüber, dass die Kundin immer wieder von vorne anfängt, so ist das ein untrügliches Signal: Sie will einfach nur emotionale Zuwendung.
Nörgler und Besserwisser
Mitunter können auch permanente Miesmacher, Nörgler und Besserwisser die Geduld des Apothekenteams strapazieren. In diesem Fall gilt die Regel: Auf keinen Fall widersprechen ("Aber so schlimm ist es doch auch wieder nicht.") Auch das Wörtchen "aber" ist besser zu vermeiden – der Kunde könnte sich dadurch provoziert und belehrt fühlen. Besser ist es, Gegenargumente mit "und" statt "aber" zu verbinden. Beispiel: " und deshalb wäre es doch sicherlich gut, wenn Sie jetzt "
Fazit: Auch vermeintlich schwierige Kunden lassen sich "knacken". Entscheidend ist eine offene, positive Einstellung der Mitarbeiter und ihre Bereitschaft, die eigene Sichtweise zu überdenken.
Regina Mittenhuber, Kitzingen
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