DAX verweigert die Gefolgschaft

Angriff auf das Jahreshoch vorerst gescheitert

(hps). Es war dem DAX schon seit einigen Wochen anzumerken, dass ihm die Luft bei rund 5800 Punkten zu dünn ist. Die Anleger nehmen Geld vom Tisch, der DAX macht einen deutlichen Schritt rückwärts. Aber was zunächst nach Rückzug aussieht, dürfte in Wahrheit die Vorbereitung auf einen neuen Anlauf sein. Der DAX versetzt seinen Startblock etwas weiter nach hinten.

Die aktuelle Marktlage

5888 Punkte – das alte Jahreshoch im DAX. Das ist die Marke, die alle Profis lange Zeit im Blick hatten. Kurse über diesem Niveau wären das Signal zum Aufbruch, doch bis dahin will sich keiner engagieren. So tritt der DAX trotz neuer Hochs an der Wall Street weiter auf der Stelle, wurde letzte Woche sogar richtiggehend lethargisch, als sich die Leitbörse in New York wegen Thanksgiving bereits am Mittwoch ins verlängerte Wochenende verabschiedete. Hinzu kamen noch schlechte Nachrichten aus der Wirtschaft. Das arabische Emirat Dubai steckt in Finanzschwierigkeiten, andere könnten folgen. Und dennoch: Der Glaube an eine starke Jahresendrallye scheint in der Gemeinde der Optimisten tief verwurzelt zu sein. Die Hoffnung ruht auf dieser Handels-woche, wenn die Händler in New York wieder vollzählig am Parkett erscheinen und der US-Einzelhandel schon erste Hinweise auf den Verlauf des Weihnachtsgeschäftes liefert.

Aus der Perspektive der Analysten

Neue Höchststände beim DAX sehen unter anderem die Analysten der Credit Suisse, der Commerzbank und der DZ-Bank, die Experten des Bankhauses Lampe, der Dekabank, der Deutsche Bank sowie der Privatbank Ellwanger & Geiger. Zur Begründung werden unisono die billigen Zinsen und die hohe Liquidität, aber auch die fast schon Tradition gewordene Weihnachtsrallye angeführt. Letztere basiert mitunter auf dem sogenannten "Window Dressing", der Bilanzkosmetik zum Jahresende durch die institutionellen Anleger. Die von den Profis genannten Kursziele schwanken dabei zwischen 6000 und 6200 DAX-Punkten. Als einer der wenigen Pessimisten sieht Sal. Oppenheim auf kurze Sicht eher stagnierende oder leicht fallende Märkte, da die positiven Ausblicke am Parkett bereits alle eingepreist seien.

… und Expertenmeinungen zum Börsenjahr 2010

So einheitlich sich die Analysteneinschätzungen auf kurze Sicht präsentieren, so breit gefächert fällt die Meinungsvielfalt aus, wenn es um das neue Börsenjahr geht. Experten der Deutsche Bank glauben, dass sich das Wirtschaftswachstum nicht als nachhaltig erweisen wird, sobald die Stimuluspakete wegfallen. Entsprechend nüchtern fällt die Einschätzung für den DAX aus: 5250 Punkte zum Ende 2010, mehr traut man hier dem DAX nicht zu. Auf Sicht der nächsten sechs Monate sieht auch das Bankhaus Ellwanger & Geiger den DAX nur zwischen 5200 und 5800 Punkten. Die Stuttgarter zeigen sich dabei besonders von der Umsatzschwäche der großen Industrieunternehmen irritiert. Auffällig ist, dass sich die Erwartung einer Schwächephase am Aktienmarkt im Frühjahr 2010 wie ein roter Faden durch fast alle Prognosen zieht. Begründet wird dies mit der Rücknahme der Konjunkturprogramme, der weiter hohen Arbeitslosigkeit und tendenziell steigenden Zinsen. Die DZ Bank glaubt indes an ein "Happy End" – gekrönt mit stolzen 6500 DAX-Punkten zum Jahresende 2010.

Musterdepot und Strategie

Die restlichen Put-Positionen werden jetzt glatt gestellt. Vermutlich kommt es beim DAX nochmals zum Test des alten Jahreshochs, was dann in der Regel von allen DAX-Werten nachvollzogen wird. Das Hoch bei der Salzgitter-Aktie liegt bei 72 Euro, also rund 15 Prozent oberhalb des jetzigen Geschehens. Der Call der Citigroup (WKN CG6EKU) setzt auf steigende Kurse mit Basis 64 Euro (aktuell 63,10) und einer Laufzeit bis Januar 2010.

DAX am 26. November (11.30 h): 5685 Punkte.

Aktie
zum
Kurs
Tipp
vom
Kurs
aktuell
Veränderung
in %
Strategie
BMW Put 11/09
WKN: CG5RWU
0,19
09.09.
0,20
+ 5%
Verkauft 29.10.
Bayer Put 12/09
WKN: DB68DS
0,30
17.09.
0,03
– 90%
Verkauft 26.11.
Adidas Put 11/09
WKN: CG74HM
0,21
17.09.
0,35
+ 67%
Verkauft 29.10.
Lufthansa Put
WKN: CG5SWR
0,05
24.09.
0,170
+ 240%
Verkauft 29.10.
Beiersdorf Put
WKN: CG5RVS
0,079
30.09.
0,020
Verlust
ausgebucht
Linde Put
WKN: CM0EM3
0,11
30.09.
0,02
Verlust
ausgebucht
Telekom Put
WKN: CM0E64
0,19
30.09.
0,02
Verlust
ausgebucht
Daimler Put 12/09
WKN: CG5NQJ
0,20
08.10.
0,26
+ 30%
Verkauft 28.10.
ThyssenKrupp
Put 12/09
WKN: CG0ZUX
0,19
08.10.
0,27
+ 42%
Verkauft 29.10.
Siemens Put 12/09
WKN: CG5NWY
0,37
08.10.
0,56
+ 51%
Verkauft
05.11.
Henkel Put 12/09
WKN: CG74WA
0,10
15.10.
0,01
– 90%
Verkauft 26.11.
Adidas Put 01/10
WKN: CG6DUR
0,16
19.11.
0,11
– 31%
Verkauft 26.11.
Salzgitter Call 01/10
WKN: CG6EKU
0,29
26.11.
neu
Kaufen
zum Vergleich:
DAX seit 8. 1.
4871,00
5685,00
+ 17%
Die Angaben zu Aktienkäufen im Musterdepot und im Artikel sind nur fiktiv zu verstehen, es handelt sich dabei keinesfalls um Kaufempfehlungen.

Aus der Sicht des Querdenkers


Das Jahr geht langsam zu Ende und die Börsenprognosen der Bankstrategen tun dem Anleger allerorten kund, was er noch auf Jahressicht und im Börsenjahr 2010 zu erwarten hat. Dabei sind zweierlei Dinge bemerkenswert: Zum einen weist die Phalanx der Optimisten, zumindest soweit es um das Thema Jahresendrallye geht, so gut wie keine Lücken auf. Das bedeutet, dass die Profis wahrscheinlich inzwischen voll investiert sind. Möglicherweise liegt hierin auch der Grund, warum sich der DAX gar so schwer mit seinem alten Jahreshoch tut. Momentan ist einfach kein Kaufinteresse mehr festzustellen. Dennoch scheint der Glaube an die Weihnachtsrallye ungebrochen. Dass hier ausgerechnet das Volk der Dauernörgler plötzlich zur Bullenherde mutiert, ist erstaunlich. In den USA schlagen die Analysten jedenfalls einen deutlich kritischeren Ton an – auch auf Sicht der letzten vier Wochen des Jahres. Nun ist die Weihnachtsrallye ein Pfund, mit dem sich’s wuchern lässt. Die Statistik spricht eindeutig für diese Art von Kurstreiberei – das Fest der Besinnlichkeit im Angesicht. Auf mittlere Sicht wird man indes besser Vorsicht walten lassen. Die Analysten sind einhellig der Ansicht, dass die Börse spätestens im Frühjahr einen ordentlichen Dämpfer erhalten wird. Da könnte man ja auf die Idee kommen, die Ernte vielleicht schon etwas früher als sonst einzufahren – was wiederum dazu anregen sollte, das Parkett zum Jahreswechsel mit Argusaugen zu beobachten.

Doch richten wir unser Augenmerk auf die letzten drei Handelswochen bis Weihnachten. Fast ein Drittel der im DAX gelisteten Aktien konnte bisher neue Jahreshochs erreichen. Auch verliefen bislang sämtliche Kursrücksetzer hinsichtlich Ausmaß und Dauer recht harmlos. Es sieht also auf kurze Sicht nicht nach einer Trendwende Richtung Süden aus. Billigere Einstandskurse dürften hier die Käufer wieder zurück in den Markt bringen. 5880 DAX-Punkte, wenn nicht sogar Kurse über 6000 Punkte stehen wohl weiter auf der Agenda. Das wäre ein schöner Jahresschlussakkord. Und ein schlechter Jahresauftakt, weil ein derart hohes Kursniveau angesichts der Schuldenproblematik kaum mehr Platz für weitere Kursphantasien lassen dürfte.

Peter Spermann

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