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Wall Street springt, DAX hinkt
Die aktuelle Marktlage
Vor gut einer Woche wurde am Parkett eine wichtige Kennzahl heiß gehandelt: 10,2 Prozent Arbeitslosigkeit in den USA, die höchste Arbeitslosenquote seit 25 Jahren. Eine länger andauernde Konsumschwäche dürfte die Folge sein. Doch die Investoren machten aus der Not eine Tugend. Das deute auf eine längerfristige Niedrigzinsphase hin, meinten die Profis, und die treibende Kraft hinter dem Börsenaufschwung sei ja gerade das billige Geld. Spätestens dann war klar: Die Optimisten haben sich am Parkett zurückgemeldet. Allerdings fällt der Auftritt der deutschen Industriewerte gegenüber den amerikanischen Blue Chips vergleichsweise schüchtern aus. Während der Dow Jones die 10.000er Grenze und das bisherige Hoch von Mitte Oktober schon klar hinter sich gelassen hat, dümpelt der DAX noch bei rund 5700 Punkten herum. Dabei müsste er, um mit dem großen Bruder Schritt zu halten, schon bei der 6000er Marke angekommen sein. Will das der Hund nicht mehr mitlaufen, weil er ahnt, dass Herrchen sowieso bald umdrehen wird? Jedenfalls bekennt man sich inzwischen auf dem Börsenparkett ganz ungeniert zu der Tatsache, dass der Kursaufschwung mit der tatsächlichen Wirtschaftslage nichts mehr zu tun hat, sondern ausschließlich dem billigen Geld der Notenbanken zu verdanken ist. Als letzten Donnerstag die DAX-Werte Kali und Salz, RWE und Salzgitter ihre Zahlen offen legten und durch die Bank enttäuschten, ließen sich die Profis dennoch nicht davon abhalten, den DAX weiter nach oben zu pushen. Nicht wenige fragen sich daher, wann hier die nächste Blase platzen wird.
Aus der Perspektive der Analysten
Von einigen Analysten wurde das Thema "Börsenrallye" letzte Woche bereits zu den Akten gelegt. Dazu gehört auch MM Warburg-Bank. Die Experten erwarten hier für den DAX von Unternehmensbilanzen keine weiteren Impulse mehr. Große Sprünge sehen auch die Analysten von Goldman Sachs nicht und beziehen sich dabei auf Erfahrungswerte, wonach in Jahren des – tatsächlichen – wirtschaftlichen Aufschwungs mit Aktien regelmäßig nicht viel zu verdienen sei. Verhaltene Stimmung macht sich offenbar auch bei Sal. Oppenheim breit. "Das Beste haben wir wahrscheinlich hinter uns", ist von den Strategen des Bankhauses zu hören. Bis zum Jahresende sei eher mit Kursrückgängen zu rechnen, der DAX könne aber im Frühjahr 2010 die 6000er Marke knacken. Eher optimistisch klingt dagegen die Einschätzung der Commerzbank. Kurzfristig setze sich die Konsolidierung zwar fort, bis zum Jahresende sehen die Profis aber satte 6100 Punkte. Auch die LBBW und die Landesbank Berlin sehen bei rund 5400 DAX-Punkten das Rückschlagpotenzial bereits als ausgeschöpft an und erwarten weiter steigende Kurse. Für gut nach unten abgesichert hält auch die Baader Bank den DAX. Der Aktienmarkt bleibe der attraktivste Anlageplatz im Vergleich zu den Investitionsalternativen.
Musterdepot und Strategie
Die restlichen Put-Positionen halten wir zunächst. Für eine Weihnachtsrallye scheint der derzeitige Kursanstieg verfrüht, was zu kräftigen Rückschlägen führen dürfte. Kurzfristig haben aber eindeutig die Optimisten wieder die Nase vorn.
DAX am 12. November (11.30 h): 5680 Punkte.
Aktie |
zum Kurs |
Tipp vom |
Kurs aktuell |
Veränderung in % |
Strategie |
BMW Put 11/09
WKN: CG5RWU
|
0,19 |
09.09. |
0,20 |
+ 5% |
Verkauft 29.10. |
Bayer Put 12/09
WKN: DB68DS
|
0,30 |
17.09. |
0,10 |
– 66% |
Halten |
Adidas Put 11/09
WKN: CG74HM
|
0,21 |
17.09. |
0,35 |
+ 67% |
Verkauft 29.10. |
Lufthansa Put
WKN: CG5SWR
|
0,05 |
24.09. |
0,170 |
+ 240% |
Verkauft 29.10. |
Beiersdorf Put
WKN: CG5RVS
|
0,079 |
30.09. |
0,020 |
– 68% |
Halten |
Linde Put
WKN: CM0EM3
|
0,11 |
30.09. |
0,02 |
– 72% |
Halten |
Telekom Put
WKN: CM0E64
|
0,19 |
30.09. |
0,02 |
– 85% |
Halten |
Daimler Put 12/09
WKN: CG5NQJ
|
0,20 |
08.10. |
0,26 |
+ 30% |
Verkauft 28.10. |
ThyssenKrupp
Put 12/09 WKN: CG0ZUX
|
0,19 |
08.10. |
0,27 |
+ 42% |
Verkauft 29.10. |
Siemens Put 12/09
WKN: CG5NWY
|
0,37 |
08.10. |
0,56 |
+ 51% |
Verkauft 05.11. |
Henkel Put 12/09
WKN: CG74WA
|
0,10 |
15.10. |
0,04 |
– 60% |
Halten |
zum Vergleich: DAX seit 8. 1. |
4871,00 |
5680,00 |
+ 17% |
Aus der Sicht des QuerdenkersWer Gold als normalen Rohstoff ansieht, dürfte es eigentlich nicht kaufen. Beim gelben Metall herrscht Überproduktion und die bereits geförderten Goldbestände sprengen jeden Maßstab. Und trotzdem steigt der Goldpreis weiter – zuletzt bis auf 1117 Dollar. Der Grund: Angst. Angst vor der Verschuldungspolitik der USA. Angst, dass der Dollar kollabiert und die Inflation aus dem Ruder läuft. Ja, Angst, dass das ganze System zusammenbricht. Der Aktienmarkt mag über ein mögliches neues Konjunkturpaket der Amerikaner jubeln - die Goldspekulanten stellen sich die Frage, wer das noch bezahlen soll. Darin liegt wahrscheinlich auch der Grund für die an sich seltene Eintracht zwischen steigenden Gold- und Aktiennotierungen. Aber die Weggefährten werden sich trennen – einer wird umdrehen müssen.
Unterdessen sind am Aktienmarkt die Optimisten zurückgekehrt. Dow Jones und DAX liegen wieder klar im Aufwärtstrend. Die Wall Street hat letzte Woche die 10.000er Marke locker übersprungen und auch der DAX lag zuletzt sechs Tage in Serie im Plus. Und auch wenn die Kurse in Frankfurt noch mit angezogener Handbremse laufen, einige Werte zeigen bereits die wahren Ambitionen des Börsenbarometers an. Bayer, Linde und Metro haben ihre Höchststände von Mitte Oktober bereits übersprungen, weitere DAX-Werte wie Beiersdorf und Henkel arbeiten derzeit an ihrem Oktober-Hoch. Offensichtlich will der DAX mit dem Dow Jones gleichziehen und dabei die 6000er Marke antesten. Und dennoch bleibt die Situation fragil. Rein liquiditätsgetriebene Märkte haben auf Dauer nie funktioniert. Dem erfolgreichen Kostenmanagement in diesem Jahre müssten die Unternehmen im kommenden Jahr deutliche Umsatzzuwächse folgen lassen. Das dürfte aber ohne weitere staatliche Hilfspakete nicht gelingen. Und selbst wenn die Amerikaner nochmals ein Milliardenpaket auflegen sollten, dürften die Bedenken über die Staatsverschuldung und den Dollarverfall die Oberhand behalten. So spricht also vieles dafür, dass es letztlich die Aktien sein werden, die wir die Siegerstraße in umgekehrter Richtung entlanglaufen sehen. Dabei bleibt nur zu hoffen, dass die Goldspekulanten mit ihrem Worst-Case-Szenario nicht Recht behalten.
Peter Spermann
Peter Spermann ist Dozent für Wirtschaftslehre und beschäftigt sich seit über 30 Jahren mit der Börse. In der AZ-Rubrik "Querdenker" vertritt er konsequent den Standpunkt des Antizyklikers.
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