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- DAZ 48/2008
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Ernährung aktuell
Äpfel haben immer Saison
Der Kultur- oder Gartenapfel (Malus domestica) aus der Familie der Rosengewächse gehört zum Kernobst und hat aufgrund seiner vielfältigen Verwendung hierzulande einen hohen Stellenwert. Vermutlich aus dem Kaukasus und Himalaja stammend, wurde der ursprüngliche Holzapfel (Malus sylvestris) in Mitteleuropa von den Römern eingeführt, die die Kunst des Pfropfens als Veredlungsmethode bereits früh beherrschten.
Standort und Nachfrage
In den Gebieten von Rheinland, Bodensee und Altem Land ernten Apfelbauern pro Jahr etwa 950.000 Tonnen Früchte, wobei sich die Sorten aufgrund des Standortes in Säuregehalt, Konsistenz, Form oder Farbe unterscheiden können. Von den hiesigen mehr als tausend verschiedenen Sorten besitzt nur ein Bruchteil wirtschaftliche Bedeutung. Laut Statistik verzehrt jeder Deutsche etwa 17 Kilogramm Äpfel pro Jahr und lässt sich in der gleichen Zeit rund elf Liter Apfelsaft schmecken.
Verträgliche alte ApfelsortenErfahrungsberichten von Allergikern zufolge erwiesen sich folgende alte Apfelsorten für den Frischverzehr als gut verträglich: Altländer Pfannkuchenapfel, Goldrenette Freiherr von Berlepsch, Gravensteiner, Jonathan, Landsberger Renette, Minister von Hammerstein, Roter Berlepsch, Roter Boskop, Schöner aus Boskop, Weißer Klarapfel und Wintergoldparmäne. Weniger geeignet scheinen Cox Orangenrenette und Golden Delicious, von den neueren Sorten Braeburn, Granny Smith und Jonagold zu sein. Quelle: BUND-Lemgo-Bund für Umwelt und Naturschutz |
Sommer, Herbst und Winter
Je nach Genussreife werden die Sorten in Sommer- und Herbstäpfel bzw. Winter- und Daueräpfel eingeteilt. So eignen sich z. B. Klarapfel, Alkmene oder Red McIntosh direkt nach der Ernte zum Verzehr, während Cox Orange, Jonagold, Golden Delicious oder Roter Boskop erst im Verlauf einer gewissen Lagerzeit in Kühlräumen oder Hallen mit gesteuerter Atmosphäre ihr volles Aroma entfalten und daher auch über den Winter hinaus als unverarbeitetes Dauerobst in den Handel kommen.
"One Apple a day ...
... keeps the doctor away" ist wohl eines der bekanntesten englischen Sprichworte und unterstreicht den hohen ernährungsphysiologischen Nutzen eines täglich verzehrten Apfels. Unter der grünen, gelben oder roten Schale stecken vor allem die Vitamine B1 , B2 , B6 , Biotin und Folsäure sowie Vitamin E und C. Mit seinem hohen Trauben- und Fruchtzuckeranteil liefert der Apfel schnell Energie und kurbelt die Leistungsfähigkeit an. Nennenswerte Mengen an Kalium, Eisen, Phosphor und Zink regulieren unter anderem den Wasserhaushalt und stärken körpereigene Abwehrkräfte. Die reichlich vorhandenen Flavonoide, Carotinoide, Anthocyane und Polyphenole sorgen für eine hohe antioxidative Potenz. Wie Studien belegen, lassen sich mit Apfelsaft freie Radikale deutlich reduzieren – vorausgesetzt, es handelt sich um die naturtrübe Variante. Vor allem Procyanidine sind als Radikalfänger aktiv. Werden sie jedoch bei der Herstellung klaren Apfelsaftes herausgefiltert, sinkt der antioxidative Effekt um ein Fünftel.
Tab. 1: Energiegehalt und ausgesuchte Inhaltsstoffe des Apfels. | |
Inhaltsstoff |
Menge pro 100 g essbarem Anteil |
Energiegehalt |
228 kJ/54 kcal |
Wasser |
84,9 g |
Eiweiß |
0,3 g |
Fett |
0,6 g |
Kohlenhydrate |
11,4 g |
Ballaststoffe |
2,0 g |
Kalium |
120 mg |
Eisen |
250 µg |
Zink |
100 µg |
Phosphor |
11 mg |
Vitamin E |
490 µg |
Vitamin B1
|
35 µg |
Vitamin B2
|
30 µg |
Vitamin B6
|
105 µg |
Vitamin C |
12 mg |
Biotin |
5 µg |
Folsäure |
8 µg |
Glucose |
2030 mg |
Fructose |
5740 mg |
Apfelsäure |
425 mg |
Zitronensäure |
30 mg |
Pektin |
0,4 –1 g |
Quelle: Lebensmitteltabelle für die Praxis, Der kleine Souci, Fachmann, Kraut, 3. Auflage, WVG Stuttgart; Lexikon der Lebensmittel, Ternes, Teufel, Tunger, Zobel, WVG Stuttgart |
Wertvolle Hülle
Äpfel sind reich an Ballaststoffen, in erster Linie Pektin. Das Polysaccharid steckt vor allem in der Schale und übernimmt dort eine festigende und wasserregulierende Funktion. Es bindet Giftstoffe im Darm, fördert die Verdauung und wirkt begünstigend auf Cholesterinspiegel und Blutfette. Prinzipiell enthält die Apfelschale (Apfelepidermis) deutlich mehr bioaktive Substanzen und Vitamine (das 3,6-Fache) als das Fruchtfleisch, weshalb vorzugsweise ungeschälte Äpfel verzehrt werden sollten. Seit 1991 ist es in Deutschland erlaubt, zur längeren Haltbarkeit die Apfelschale mit Wachs oder Harz zu überziehen. Eine entsprechende Nacherntebehandlung der Früchte ist jedoch deklarationspflichtig.
Empfindliches AromaDer komplexe Geschmack eines Apfels wird in erster Linie von Estern, Aldehyden und Alkoholen bestimmt. Hexanal und 2-Hexenal sorgen dabei für die typische Grünnote im Aroma und werden häufig erst beim Kauen im Mund durch eine schnelle enzymatische Umwandlung von Fettsäuren gebildet. Als klimakterische Früchte reifen Äpfel nach der Ernte nach und beschleunigen durch dabei freigesetztes Ethylen die Reifung anderer Früchte, die in unmittelbarer Nähe gelagert werden. Mit der Lagerdauer steigt der Estergehalt im Apfel und kann langfristig unangenehme Konzentrationen erreichen. Überreife Früchte vermitteln daher oft ein parfümähnliches Aroma, was sich durch Aufbewahrung unter kontrollierten Bedingungen hinauszögern lässt. |
Schnelle Hilfe aus der Natur
Als alte Hausmittel haben sich Äpfel bei verschiedenen Erkrankungen bewährt. So lässt sich Durchfall durch den Genuss von rohen geriebenen Früchten stoppen. Apfelessig in heißem Wasser lindert Hals- und Rachenentzündungen und ein gebratener Apfel mit Honig hilft bei Heiserkeit. Vor dem Schlafengehen gegessen soll der Apfel Schlafstörungen vorbeugen und die gleiche Portion am Morgen das Wachwerden unterstützen.
Herzhaft und süßIn der Küche werden Tafeläpfel (im Rohzustand süß und duftend) von Wirtschafts- oder Kochobst (säurereiche Sorten) unterschieden. Dabei eignen sich manche Tafelobstsorten aufgrund ihres Säuregehaltes auch hervorragend zum Pochieren oder als Würze für diverse Saucen. Äpfel, die beim Garen ihre Form behalten (z. B. Granny Smith), sind ideal zum Kuchenbacken. Rohe Früchte harmonieren mit pikant-würzigen Aromen wie Speck oder Brunnenkresse und bereichern verschiedene herzhafte Salate. (z. B. Waldorfsalat). Geringwertige oder nicht lagerfähige Früchte lassen sich zu Apfelmus, Marmelade, Most, Apfelwein und Gelee verarbeiten. Wird Apfelsaft eingedickt, entsteht daraus leckeres Apfelkraut. Aus dem Fruchtsaft von herben Mostäpfeln, die wegen ihres Säuregehaltes zum Rohessen nicht geeignet sind, lässt sich nach intensivem Gären trockener Apfelwein (z. B. Cidre) gewinnen. |
Der Apfel und die Allergie
Für manchen Pollenallergiker, der während der Birkenblüte mit Rhinokonjunktivitis und Asthma zu kämpfen hat, kann auch der Verzehr eines Apfels zum Problem werden. Der Grund dafür liegt in Strukturhomologien zwischen Pollen- und Fruchtallergenen. Vermutlich findet eine erste Sensibilisierung (Induktion von IgE-Antikörpern) durch das Birkenpollenallergen statt; in der Folge erkennen die IgE-Antikörper auch das homologe Protein des Apfels. Werden Äpfel vor dem Verzehr gekocht, haben Betroffene in der Regel keine Probleme, da mit der Hitzeeinwirkung die Eiweißstrukturen der Allergene zerstört werden.
Allergiker berichten häufig, nach dem Genuss alter Apfelsorten weniger Beschwerden zu empfinden. Dazu fanden Lebensmitteltechniker der Universität Stuttgart-Hohenheim in Zusammenarbeit mit Medizinern der Uni Hamburg heraus, dass die als Farb- oder Geschmacksstoffe vorkommenden Polyphenole offenbar aktive Gegenspieler bei allergischen Reaktionen sind. Die sekundären Pflanzenstoffe sind vor allem in den alten Apfelsorten enthalten und wurden wegen des säuerlichen Geschmacks aus neuen Apfelsorten weitestgehend heraus gezüchtet.
Beliebte Apfelsorten
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Literatur Ternes, Teufel, Tunger, Zobel, "Lexikon der Lebensmittel und der Lebensmittelchemie", WVG Stuttgart, 2007 Der kleine Souci, Fachmann, Kraut, "Lebensmitteltabelle für die Praxis", WVG Stuttgart, 3. Auflage, 2004 Hahn, Ströhle, Wolters, "Ernährung, Physiologische Grundlagen, Prävention, Therapie", WVG Stuttgart, 2. Auflage, 2006 Anne Willan, "Die große Schule des Kochens", Christian Verlag, München, 3. Auflage, 1994 www.CMA.de DAZ 04/40 (30.9.2004), "Wenn’s dem Immunsystem nicht schmeckt" www.BUND-logo.de
Apothekerin Franziska Wartenberg
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