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Aus Kammern und Verbänden
Zuversicht trotz Regelungschaos
Froese betonte die besonders gute Zusammenarbeit der Heilberufler in Schleswig-Holstein. Nur in diesem Bundesland gebe es eine gemeinsame Organisation wie die Interessengemeinschaft der Heilberufe (IdH), die am 1. Oktober den ersten Schleswig-Holsteinischen Heilberufetag veranstaltet hatte.
Die gemeinsamen Aussagen der Heilberufler seien bemerkenswert klar: "Wir wollen weder Bürokratisierung noch Industrialisierung." Weder der Staat noch Kapitalgesellschaften seien im Gesundheitswesen gefragt, sondern lokale Lösungen mit freien Heilberuflern. Für die Anfang 2011 zu erwartende neue Gesundheitsreform forderte Froese verständliche Bestimmungen. Jede Regel müsse sich daran messen lassen, dass sie etwas verbessert. "Der Patient soll ins Gesundheitssystem zurückkehren," forderte Froese. Außerdem müssten Krankenkassen und Leistungserbringer gleichberechtigt sein: "Wir brauchen Verhandlungen der Selbstverwaltung auf gleicher Ebene", so Froese. Zugleich sprach er sich gegen selektive Verträge aus. Bei der Umwandlung der hausärztlichen Versorgung in Baden-Württemberg aus dem kollektiven in ein selektives Vertragssystem zeichne sich ein "versorgungspolitisches Drama" ab. Konkurrierende Verträge, bei denen der Patient nicht seinen Leistungserbringer wählt, seien ein Irrweg: "Auf dem flachen Land klappt das nicht."
Versand und Rabattverträge
Zur Versandhandelsdiskussion erläuterte Froese, dass nur in Deutschland ein "Versand aus der Apotheke" zugelassen sei. In den USA und anderen Ländern würden die Arzneimittel dagegen rechtlich betrachtet "in der Apotheke" an dort persönlich bekannte Patienten abgegeben und anschließend verschickt. Die nur in Deutschland vollzogene Aufteilung von Abgabe und Beratung müsse korrigiert werden. Dazu müsse das gewerbliche Rezeptsammeln unterbunden und der Versand auf das europarechtlich kompatible Maß reduziert werden.
Hinsichtlich der Rabattverträge forderte Froese die Krankenkassen auf, ihren Pflichten aus dem Sachleistungsprinzip nachzukommen. Im Gegensatz zu anderen Krankenkassen hätten die AOK und die IKK Schleswig-Holstein verstanden, dass mehr Flexibilität für ihre Patienten nötig ist. Künftig würden sich die Kassen im Wettbewerb ohnehin neu orientieren. Mit dem morbiditätsabhängigen Risikostrukturausgleich bräuchten sie möglichst viele "gesunde Kranke". Bei der dafür nötigen Prävention könnten die Apotheker helfen. In Schleswig-Holstein seien die dafür nötigen Konzepte und Verträge bereits fertig.
Neue Vertragslandschaft
Geschäftsführer Dr. Thomas Friedrich berichtete über die Verbandsarbeit, insbesondere die öffentlichkeitswirksamen Aktionen und die Zusammenarbeit mit anderen Heilberuflern. Der Modellversuch zur elektronischen Gesundheitskarte in Flensburg leide allerdings unter der geringen Akzeptanz der Leistungserbringer und der Patienten. Denn das System sei kompliziert und der Arbeitsablauf werde dadurch deutlich langsamer als bisher.
Auch das Vertragsmanagement wird für den Verband immer komplexer, weil immer mehr Lieferverträge geschlossen werden. Es entstehe ein System aus Grund- und Ergänzungsverträgen. Wegen des neuen Wettbewerbs unter den Kassen werde es künftig mindestens fünf Lieferverträge mit Primärkassen geben. Dies erhöhe aber die Transaktionskosten, sodass der Verband keinen Spielraum zum Entgegenkommen mehr habe. Als positive Neuerungen nannte Friedrich die Unterstützungsverträge mit der AOK und der IKK Schleswig-Holstein zum Umgang mit Rabattverträgen. Außerdem sei der IKK-Service-Apotheken-Vertrag neu gefasst worden. Künftig werde die IKK Nord einen Gutschein für eine Erst- und eine Folgeberatung im Rahmen einer definierten Beratungsaktion gewähren. Zugleich ermögliche der Gutschein einen Einkauf des Versicherten im Wert von 10 Euro, die Apotheke könne für diesen Einkauf und die Beratung 25 Euro abrechnen. Damit sei die Vorgehensweise deutlich unbürokratischer als bei früheren Konzepten mit einer Einschreibung von Patienten.
Hilfsmittel-Chaos
Bei der lebhaften Diskussion ging es insbesondere um die Hilfsmittelversorgung. Friedrich erläuterte, dass die Daten nicht mit allen regionalen Unterschieden in der EDV abgebildet werden können. Apotheken könnten daher mit der EDV nicht feststellen, ob sie für Patienten aus anderen Bundesländern überhaupt lieferberechtigt sind. Friedrich riet daher dringend, Hilfsmittelrezepte, bei denen die Kostenübernahme durch die Krankenkasse nicht geklärt ist, nur gegen Barzahlung zu beliefern. Denn Sozialgerichte sehen für Hilfsmittel keinen Kontrahierungszwang, sodass der Apotheker die Genehmigung der Kasse oder die Klärung abwarten müsse. Aus dem Auditorium hieß es, solche Regelungen seien "nicht Schwachsinn, sondern Irrsinn", weil Patienten nicht zwischen Arznei- und Hilfsmitteln unterscheiden.
tmb
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