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Arzneimittel und Therapie
Therapeutische Berechtigung für Aliskiren entdeckt?
Bei einer bestehenden diabetischen Nephropathie werden zur Blutdrucksenkung ACE-Hemmer oder AT1 -Antagonisten eingesetzt, da für diese Wirkstoffgruppen unabhängig von der Blutdrucksenkung ein renoprotektiver Nutzen nachgewiesen ist. Als wirkungslimitierend gilt die kompensatorische Zunahme der Reninaktivität. Der Renin-
inhibitor Aliskiren (Rasilez®) greift wie ACE-Hemmer und AT1 -Antagonisten am Renin-Angiotensin-Aldosteron-System (RAAS) an. Aliskiren hemmt selektiv das Enzym Renin und verhindert dadurch die Umwandlung von Angiotensinogen in Angiotensin I. Im Gegensatz zu ACE-Hemmern oder AT1 -Antagonisten nimmt jedoch bei einer Behandlung mit Aliskiren die Renin-Plasma-Aktivität ab. Ob dies mehr als ein theoretischer Vorteil des neuen, teuren Wirkstoffs gegenüber den etablierten Wirkstoffgruppen ist, gilt bisher als unklar. In der Hersteller-finanzierten Avoid-Studie (Aliskiren in the Evaluation of Proteinuria in Diabetes) wurde nun untersucht, ob die Kombination Aliskiren plus Losartan im Vergleich zu einer Losartan-Monotherapie unabhängig von der blutdrucksenkenden Wirkung bei Typ-2-Diabetikern mit Nephropathie renoprotektiv wirksam ist.
In die Studie eingeschlossen wurden adipöse Typ-2-Diabetiker (durchschnittliches Alter: 61 Jahre) mit Bluthochdruck und Nephropathie, definiert als Albumin-Kreatinin-Quotient > 300 mg/g bzw. > 200 mg/g bei Patienten, die bereits einen ACE-Hemmer oder einem AT1 -Antagonisten einnahmen. Zunächst wurden alle eingeschlossenen Patienten in einer dreimonatigen offenen Studienphase auf 100 mg Losartan eingestellt. Falls nötig erhielten sie außerdem eine zusätzliche antihypertensive Behandlung, um das Ziel einer Blutdruckeinstellung auf Werte unter 130/80 mmHg zu erreichen. Im Anschluss daran wurden 599 Patienten randomisiert entweder der Verum-Gruppe (150 mg Aliskiren einmal täglich drei Monate lang, danach 300 mg Aliskiren für weitere drei Monate) oder der Placebo-Gruppe zugeteilt. Primärer Endpunkt war die prozentuale Abnahme des Albumin-Kreatinin-Quotienten im Morgenurin vom Ausgangswert bis Studienende bei den Patienten der Aliskiren-Gruppe im Vergleich zu den Patienten, die nicht mit Aliskiren behandelt wurden. Eine Reduktion des Albumin-Kreatinin-Quotienten gilt als etablierter Surrogatmarker zur Bestimmung einer renoprotektiven Wirkung. Dennoch handelt sich im Sinnen des klinischen Nutzens eher um einen Surrogatparameter.
In der Aliskiren-Gruppe wurde im Vergleich zur Placebo-Gruppe eine 20%ige Abnahme des Albumin-Kreatinin-Quotienten beobachtet. 24,7% der Patienten in der Aliskiren-Gruppe erreichten eine 50%ige Reduktion gegenüber 12,5% in der Placebo-Gruppe. Die erreichte Blutdrucksenkung war in der Aliskiren-Gruppe um 2 mmHg systolisch und 1 mmHg diastolisch niedriger als in der Placebo-Gruppe. Nach Adjustierung auf diesen Unterschied bei der Blutdrucksenkung ergab sich eine 18%ige Abnahme.
Fazit
Auf der Suche nach einer klaren therapeutischen Berechtigung für den Renininhibitor Aliskiren ergaben sich bei einem stark selektierten Patientenkollektiv (Typ-2-Diabetiker mit erhöhtem Risiko für Nierenversagen, die aber eine glomeruläre Filtrationsrate über 30 ml/min aufweisen mussten und deren Serumkaliumspiegel nicht über 5,1 mmol/l liegen durften) deutliche Hinweise auf ein renoprotektives Potenzial dieses Wirkstoffs. Ob eine zweifache Blockade des RAAS durch einen ACE-Hemmer, dessen Langzeitverträglichkeit besser beurteilt werden kann, plus Losartan vielleicht ebenso wirksam gewesen wäre, wurde nicht untersucht. Grundsätzlich muss bedacht werden, dass bei einer zweifachen Blockade des Renin-Angiotensin-Aldosteron-Systems bei längerer Therapie das Risiko des Auftretens von Hyperkaliämien, die zu lebensgefährlichen Herzrhythmusstörungen führen können, ansteigt.
Quelle Parving H-H; et al.: Aliskiren combined with losartan in type 2 diabetes and nephropathy. N Engl J Med 2008; 358: 2433 – 2446. Ingelfinger JR: Aliskiren and dual therapy in type 2 diabetes mellitus. N Engl J Med 2008; 358: 2503 – 2505.
Apothekerin Dr. Birgit Schindler
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