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- DAZ 45/2008
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Mikronährstoff-Interaktionen
Antiepileptika und Vitamin D
Unter der Langzeitmedikation mit Antiepileptika sind Störungen des Knochen- und Mineralstoffwechsels häufig. So hatten über 40% der Epileptiker in der Heidelberger Antiepileptika-Studie ein erhöhtes Risiko für einen Vitamin-D-Mangel (Hypovitaminose D).
Vitamin-D-Mangel durch AntiepileptikaMechanismus:
Carbamazepin, Phenytoin, Phenobarbital und Primidon (Enzyminduktoren) steigern die Metabolisierung und den Abbau von Vitamin D durch Induktion mikrosomaler P450-Enzyme in der Leber (→ Verkürzung der biologischen Halbwertszeit) und erhöhen die biliäre Vitamin-D-Ausscheidung. Weitere Antiepileptika-induzierte Störungen:
Intestinale Calciumresorption und renale Calciumrückresorption ↓; Calcitoninsekretion ↓ (z. B. Phenytoin); direkte toxische Effekte auf Osteoblasten (z. B. Carbamazepin, Phenytoin); Störungen der Knochenmineralisation (Osteocalcin↓). Folgen:
25-(OH)-D3 -Plasmaspiegels↓(< 80 nmol/l), 1,25-(OH)2 -D3 -Plasmaspiegel ↓; erhöhte renale und intestinale Calciumverluste; Hypokalzämie (→ Anstieg des Parathormonspiegels: Osteolyse); erhöhte Ausscheidung von Pyridinol-Crosslinks im Urin (Marker für die Knochenresorption); Osteocalcinkonzentration im Serum ↓; alkalische Serumphosphatase ↑; Hypophosphatämie (Carbamazepin); Knochendichte und -zellproliferation ↓; Frakturrisiko ↑, antiepileptische Osteopathie (Osteopathia antiepileptica). Hinweise:
Prophylaktisch wird eine regelmäßige Supplementierung von täglich 500 bis 2000 I.E. Vitamin D (p.o.) empfohlen. Da Antiepileptika auch mit dem Haushalt anderer knochenwirksamer Mikronährstoffe (Vitamin K, Calcium, Zink) interferieren, empfiehlt sich als Basis ein Kombinationspräparat von Vitamin D mit z. B. Calcium (600–1000 mg/d), Vitamin K (600–200 µg/d), Vitamin C (200–500 mg/d, p.o.) und Zink (10–15 mg/d). Bei Störungen des Knochenstoffwechsels werden 2000 bis 4000 I.E. Vitamin D, bei schweren Antiepileptika-induzierten Osteopathien 10.000 Vitamin D pro Tag für zwei bis drei Monate empfohlen. Unter der Therapie mit Antiepileptika (auch neuere Antiepileptika wie Lamotrigin) sollte regelmäßig die Knochendichte (DXA-Messmethode) und alle sechs Monate der 25-(OH)-D3 -Serumspiegel (optimal: 100–170 nmol/l) kontrolliert werden. (Eine Hyperkalzämie kann bei Werten > 220 nmol/l auftreten.) Neben Mangel an Vitamin D und Calcium sind auch erhöhte Homocysteinspiegel ein Risikofaktor für Osteoporose (Rotterdam-Studie). Valproinsäure führt ebenfalls zu Störungen der Knochenmineralisation. Im Unterschied zu anderen Antiepileptika weist Valproinsäure jedoch keine enzyminduzierenden Eigenschaften auf. Die Serumspiegel von Carbamazepin, Primidon, Phenytoin und Phenobarbital können bei Kombination mit Valproinsäure ansteigen (z. T. Abbauhemmung infolge Inhibition metabolisierender Enzyme). |
Störungen des Knochenstoffwechsels
Antiepileptika führen zu multiplen Störungen des Knochenstoffwechsels mit dem Risiko der Entwicklung einer antiepileptischen Osteopathie (Osteopathia antiepileptica). So können Enzyminduktoren wie Carbamazepin oder Primidon die Aktivität mikrosomaler Enzymsysteme in der Leber stimulieren. Die chronisch erhöhte Cytochrom-P450-Aktivität führt zu einem gesteigerten Abbau und einer vermehrten biliären Ausscheidung von Vitamin D. Es kommt zu einem signifikanten Abfall der 25-(OH)- und 1,25-(OH)2 -Vitamin-D3 -Spiegel im Serum (siehe Tab. 1) und als Folge der Hypokalzämie zu einem Anstieg des Parathormonspiegels (sekundärer Hyperparathyreoidimus). Die Exkretion von Pyridinolin-Crosslinks steigt als Zeichen der erhöhten Knochenresorption an. Abnehmende Knochendichte (Lendenwirbelsäule L2 bis L4) und Knochenzellproliferation sind mit einem signifikant erhöhten Frakturrisiko verbunden.
Tab. 1: Durch Antiepileptika ausgelöste Störungen des Knochenstoffwechsels | |
Antiepileptikum (Beispiel) |
Mechanismus der Störung/Symptome |
Phenobarbital, Phenytoin, Primidon, Carbamazepin |
Aktivierung (Induktion) Cytochrom-P-450-haltiger Monooxygenasen in der Leber, die den Stoffwechsel und den Abbau von Vitamin D beschleunigen |
Phenobarbital |
Gesteigerte biliäre Vitamin-D-Exkretion (Ausscheidung mit Gallensäuren) |
Phenytoin |
Verringerung der intestinalen und renalen Calciumresorption bzw. -rückresorption |
Carbamazepin, Oxcarbazepin |
Sekundärer Hyperparathyreoidismus: Gesteigerte Parathormonausschüttung durch Abfall der Calcium- und 25-OH-Vitamin-D3
-(Calcidiol-)Spiegel im Serum |
Valproinsäure |
Hypophosphatämie |
Carbamazepin, Phenobarbital, Valproinsäure |
Anstieg des Knochen-Isoenzyms der alkalischen Phosphatase (Knochen-AP) im Serum |
Carbamazepin, Phenytoin |
Direkte toxische Effekte auf die Osteoblasten |
Phenytoin |
Hemmung der Calcitoninsekretion |
Lamotrigin + Valproinsäure |
Abfall der Osteocalcin-Plasmaspiegel |
Vitamin-D-Substitution
Ohne eine adäquate Vitamin-D-Substitution führt eine Langzeitmedikation mit Antiepileptika häufig zu einem Vitamin-D-Mangel. Insbesondere Heranwachsende mit geringer körperlicher Aktivität sowie Patienten mit geringer UV-Licht-Exposition sind gefährdet. Nicht selten konsumieren Epileptiker aufgrund der medikamentösen Nebenwirkungen (Müdigkeit) reichlich coffeinhaltige Getränke, die den Verlust knochenwirksamer Mikronährstoffe zusätzlich steigern.
Dosierung
Unter einer Langzeitmedikation mit Antiepileptika sind eine regelmäßige Knochendichtemessung (DXA-Messmethode) und grundsätzlich eine prophylaktische Gabe von täglich 500 bis 2000 I.E. Vitamin D (auch andere knochenwirksamen Mikronährstoffe wie Calcium, Vitamin K und Zink) angezeigt. Bei schweren Antiepileptika-induzierten Osteopathien werden 10.000 I.E. Vitamin D pro Tag für zwei bis drei Monate empfohlen. 25-(OH)-Vitamin-D3 - (Calcidiol-)Serumspiegel von < 70 nmol/l sind ein Hinweis auf eine inadäquate Vitamin-D-Versorgung.
Anschrift des Verfassers: Uwe Gröber Akademie & Zentrum für Mikronährstoffmedizin Zweigertstraße 55 45130 Essen
LiteraturtippUwe Gröber
Interaktionen –
Arzneimittel und Mikronährstoffe
XVI, 184 S., flex. 22,– Euro
Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft, Stuttgart 2008
ISBN 978-3-8047-2375-7
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