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Deutscher Apothekertag 2008
Rabattverträge bekämpfen?
Die Rabattverträge – haben sie wirklich, wie ein einzelner AOK-Chef meinte, "außer Arbeit nichts gebracht"? Nichts Genaues weiß man. Jedenfalls über die effektiven Einsparungen. Jedenfalls bislang. Aber das soll ja anders werden.
Die Vertretungen der Apotheker haben dem Instrument der Rabattverträge grundsätzlich ihr Plazet gegeben. Die Preisverhandlungen seien auf der richtigen Ebene angesiedelt – zwischen Herstellern und Krankenkassen. Das stimmt. Im Übrigen seien negative Auswirkungen auf die pharmazeutische Versorgung in der Apotheke nicht zu erwarten. Das ist Theorie, sagen Kritiker. Die Praxis sehe doch ganz anders aus. Sie lasse vielleicht noch zu, dem Instrument der Rabattverträge grundsätzlich zuzustimmen – allerdings, bis jetzt, nur mit dem expliziten Zusatz: So wie sie bisher zu praktizieren sind, kann es nicht weiter gehen.
In der Tat: In vielen Apotheken hat sich Frust breit gemacht. Nicht nur wegen der erheblichen Lieferschwierigkeiten zu Beginn – davon waren vor allem AOK-Patienten betroffen. Auch der erhebliche Erklärungsaufwand gegenüber den Patienten wird beklagt. Und auch die Angst vor ungerechtfertigten Regressen und vor dem bürokratischen Aufwand, nachweisen zu müssen, dass alles korrekt gelaufen ist.
Aber Hand aufs Herz: Wer, wenn nicht wir, kann den Patienten erklären, warum ein Präparatewechsel in einem Fall wirklich ganz unproblematisch ist, im anderen Fall aber auch nicht? Wer, wenn nicht wir, soll entscheiden und erklären, wenn wir im konkreten Fall wegen begründbarer pharmazeutischer Bedenken darauf verzichten müssen, ein Rabattarzneimittel abzugeben?
Unser Rahmenvertrag mit den Kassen gibt uns Spielräume. Sie reichen aber nicht. Denn wegen pharmazeutischer Bedenken darf ich zwar vom Rabattvertrag abweichen. Ich muss dann aber, den allgemeinen Substitutionsregeln folgend, auf eine der drei preiswertesten Alternativen substituieren. Pharmazeutischen Bedenken, die auch dabei auftreten können, darf ich dann, dem Rahmenvertrag folgend, nicht mehr Rechnung tragen.
Die einfachste Lösung, mit diesem Problem fertig zu werden, wäre eine Joker- oder Quotenregelung. Danach dürfte eine Apotheke z. B. in 20% der Fälle, in denen Rabattarzneimittel eigentlich bevorzugt abzugeben wären, davon absehen. So könnte man vermeiden, gegen die Spielregeln einer guten Substitutionspraxis zu verstoßen, die in der GSP-Leitlinie der Deutschen Apotheker Zeitung (Heft 10/2002) beschrieben sind.
Völlig berechtigt ist auch die vom DAV-Vorsitzenden Keller auf dem Apothekertag aus aktuellem Anlass erneut vorgetragene Forderung, dass eine Kasse Rabattverträge über einen bestimmten Wirkstoff immer mit mindestens drei hinreichend potenten Herstellern abschließen muss. So bleibt das Mindestmaß an Flexibilität erhalten, das für ein reibungsloses Umsetzen der Rabattverträge unerlässlich ist. Das sollte die AOK im Sinne ihrer Versicherten beherzigen. Sie ist dabei, die Fehler der ersten Verträge zu wiederholen. Den Ausschreibungsbedingungen ist zu entnehmen, dass in den Verträgen für 2009 je Wirkstoff und Gebietslos wieder nur ein Anbieter zum Zuge kommen soll.
Unerträglich ist auch die teils schon praktizierte Drohung der Kassen, bei angenommenem Verstoß gegen eine Rabattvertragsregelung das abgegebene Arzneimittel gar nicht mehr zu bezahlen (100%-Retaxation). Es ist zu begrüßen, dass der Deutsche Apothekerverband dagegen einen Musterprozess führen will.
Sicher wäre es töricht, den Rabattverträgen pauschal zuzujubeln. Aber immerhin: Aus der Sicht der Patienten ist es nun der Apotheker, der in der Regel das konkrete Arzneimittel aussucht – unter Beachtung der vertraglichen, aber auch unter Berücksichtigung der fachlichen Aspekte. Das ist sachgerecht. Das sollten wir positiv aufnehmen und umsetzen. Voraussetzung ist freilich, dass wir uns den nötigen Entscheidungsspielraum erkämpfen können. Vernünftig nachjustierte Rabattverträge sind allemal besser als das, was die Politik als Alternative im Blick hatte (und hat?): Individualvereinbarungen und Preisverhandlungen zwischen Krankenkassen und einzelnen Apotheken, Versandapotheken oder Apothekengruppen.
Klaus G. Brauer
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