Prisma

Geborene Zuckerschnuten

Eine tröstliche Nachricht für all jene, die einer süßen Verführung nur schwer widerstehen können. Dahinter steckt weniger Willensschwäche als vielmehr eine bestimmte Genausstattung, wie kanadische Forscher nun herausfanden. So konsumieren Träger einer bestimmten Variante des Gens GLUT2 messbar mehr Zucker als Menschen, die die herkömmliche Genvariante in sich tragen.

Bekannt war zunächst, dass das Gen des GLUT2 (Glucosetransporter Typ 2) den Bauplan für einen Transporter enthält, der Glucose aus dem Blut in die Zellen schleust. Insbesondere im Gehirn ist wichtig, dass es weder zu einer Glucoseunter- noch zu einer -überversorgung kommt. Daher wird schon seit Langem vermutet, dass GLUT2 dort auch als Sensor für die Glucoseverfügbarkeit agiert, zumal der Transporter im Sitz der Kontroll- und Regulationszentren für die Nahrungsaufnahme produziert wird. Um die Vermutung zu überprüfen, untersuchte ein Forscherteam um Karen Eny von der Universität Toronto Essverhalten und GLUT2-Varianten zweier Probandengruppen. Während die eine Gruppe aus älteren Teilnehmern mit hohem Body-Mass-Index und beginnendem Diabetes bestand, setzte sich die zweite aus jungen Teilnehmern mit niedrigerem Körpergewicht zusammen. Dabei waren jeweils ca. 20 Prozent der Probanden Träger der veränderten GLUT2-Variante. In Ernährungstagebüchern dokumentierten die Studienteilnehmer ihr Essverhalten. Die Auswertung ergab, dass die Träger der Genvariante in beiden Gruppen, also unabhängig von Alter und Gewicht, deutlich mehr Zucker in Form von Süßigkeiten und süßen Getränken zu sich nahmen. Das Team um Eny vermutet, dass der Austausch eines Bausteins des GLUT2 bei den Variantenträgern dafür verantwortlich sein könnte, dass der Glucosetransporter im Gehirn weniger effizient arbeitet und somit auch weniger sensibel auf die Verfügbarkeit von Zucker reagiert. Daher müssen Träger dieser Genvariante vergleichsweise mehr Süßes zu sich nehmen, bis ihr Kontrollzentrum mit einem Stoppsignal auf den Zuckerkonsum reagiert. Gelänge es, bei ihnen ein künstliches Stoppsignal zu setzen, könnte dies möglicherweise bei der Therapie von Übergewicht helfen, resümieren die Wissenschaftler.


ka


Quelle: Eny, K. et al.: Physiol. Genom., Online-Vorabpublikation, DOI: 10.1152/ physiolgenomics.00148.2007

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