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DAZ aktuell
Sanicare darf nicht auf die Zuzahlung verzichten
Nachdem es dem Sanicare-Inhaber Johannes Mönter gerichtlich untersagt worden war, seinen Kunden Einkaufsgutscheine in Höhe von fünf Euro bei der Bestellung bestimmter rezeptpflichtiger Arzneimittel zu gewähren, ging die Versandapotheke im Juni 2006 dazu über, in Kooperation mit gesetzlichen Krankenkassen "Zuzahlungsgutscheine" zu bewerben. Die Apothekerkammer Niedersachsen untersagte Mönter dieses Vorgehen mit Bescheid vom 29. November 2007 und ordnete zugleich an, dass die Einlegung eines Rechtsbehelfs keine aufschiebende Wirkung hat. Mönter erhob gegen den Bescheid Klage und begehrte zudem vorläufigen Rechtsschutz. Das Verwaltungsgericht Osnabrück lehnte es jedoch ab, die aufschiebende Wirkung seiner Klage gegen den Bescheid wiederherzustellen.
Verstoß gegen Preisbindung
Aus Sicht des VG bestehen an der Rechtmäßigkeit des Bescheides der Apothekerkammer "keine durchgreifenden Bedenken". Die Kammer sei nach § 69 Arzneimittelgesetz (AMG) für den Erlass der Verfügung zuständig gewesen. Aufsichtsbehördliche Maßnahmen können danach nicht nur ergehen, wenn Verstöße gegen das AMG selbst festgestellt werden, sondern auch bei Verstößen gegen Rechtsverordnungen, die auf Grundlage des AMG erlassen wurden – etwa die Arzneimittelpreisverordnung (AMPreisV). Nach der AMPreisV gelten in Apotheken für verschreibungspflichtige Arzneimittel verbindliche Abgabepreise, die einer abweichenden Vereinbarung mit den Krankenkassen grundsätzlich entzogen sind. Der Kläger habe dadurch, dass er auf die nach dem SGB V vorgeschriebene Zuzahlung verzichtet habe, gegen die gesetzliche Preisbindung bei rezeptpflichtigen Arzneimitteln verstoßen, so das Gericht. Mangels eines zivilrechtlichen Kaufvertrages werde dem Versicherten damit zwar kein Kaufpreisnachlass gewährt – der Versicherte unterliege jedoch seinerseits einer sozialversicherungsrechtlichen Zuzahlungspflicht gegenüber der gesetzlichen Kasse. Dieser Pflicht komme er dadurch nach, dass die Apotheke von ihm den Zuzahlungsbetrag für die Krankenkasse einzieht und mit ihrem auf den vollen Abgabepreis gerichteten Vergütungsanspruch gegenüber dem Kostenträger verrechnet. Indem es der Kläger unterlasse, vom Versicherten die Zuzahlung einzuziehen, verzichte er auf einen Teil des ihm zustehenden Apothekenabgabepreises und verstoße damit gegen die Preisbindung nach § 78 AMG i.V.m. § 3 AMPreisV.
Kein unzulässiger Eingriff in sozialrechtliche Beziehungen
Dem Einschreiten der Apothekerkammer steht dem Beschluss zufolge auch § 69 Satz 1 SGB V nicht entgegen. Nach dieser Vorschrift regelt das vierte Kapitel des SGB V sowie die §§ 63 und 64 SGB V die Rechtsbeziehungen zwischen Leistungserbringern und Krankenkassen abschließend. Der Sanicare-Chef hatte vorgetragen, dass die Apothekerkammer mit ihrer Untersagungsverfügung in eine Vereinbarung zwischen ihm und den Krankenkassen und damit in den Regelungsbereich des SGB V eingreife. Das Gericht führt jedoch aus, dass es dem Gesetzgeber beim Erlass dieser Vorschrift allein darum gegangen sei, die sozialleistungsrechtlichen Beziehungen zwischen Leistungserbringern und Kassen einer zivilrechtlichen – insbesondere wettbewerbsrechtlichen – Beurteilung zu entziehen. Die allgemeinen Berufspflichten der Leistungserbringer, zu denen auch die Einhaltung der arzneimittelrechtlichen Vorschriften gehöre, lasse § 69 Satz 1 SGB V hingegen unberührt. Diese seien nicht in die Rechtsbeziehungen zwischen Kassen und Leistungserbringern eingebunden, sondern bestünden unabhängig davon, so das VG.
Mönter hat gegen den Beschluss Beschwerde eingelegt – daneben läuft auch das ordentliche Klageverfahren weiter. Eine endgültige Entscheidung über die Zulässigkeit von Zuzahlungsgutscheinen steht mithin noch aus.
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