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Qualitätskontrolle
Kava-Präparate im Internethandel
Im Internet tummeln sich diverse Anbieter, die mit Produkten unterschiedlichster Art um die Gunst der oft verunsicherten Verbraucher und Patienten buhlen. Neben homöopathischen Zubereitungen, die ab der Potenz D5 nicht von dem Widerruf betroffen sind, werden trotz fehlender Zulassung auch klassische Phytopharmaka (meist ausländischer Herkunft) zum Kauf angeboten. Dass hier Vorsicht geboten ist, zeigt das folgende Beispiel:
Ein Patient, der seit vielen Jahren unter Angststörungen leidet, machte in der Vergangenheit gute Erfahrungen mit den am deutschen Markt befindlichen Kava-Präparaten. Auf der Suche nach Alternativen stieß er im Internet auf ein Produkt, das als "dietary supplement" auf dem internationalen Markt erhältlich ist. In Deutschland ist es online zu beziehen: Für ca. 20 Euro erhält man ein Schraubgefäß aus braunem Kunststoff mit 50 hellbraunen Kapseln. Die Deklaration verspricht 250 mg "Kava (root)" pro Kapsel mit einem Gehalt von 30% Kavalactonen, was einem absoluten Gehalt von 75 mg Kavalactonen pro Kapsel entspricht. Diese Dosierung erscheint durchaus sinnvoll, legt man die gültigen Empfehlungen der Kommission E zugrunde [4]. Trotz der soliden Deklaration war der Kunde misstrauisch, da ihm niemand befriedigende Angaben zu Qualität, Unbedenklichkeit und Wirksamkeit machen konnte. Um zumindest über die Qualität eine Auskunft zu erhalten, sandte er drei Kapseln an das Institut für Pharmazeutische Biologie und Phytochemie (IPBP) der Universität Münster, die wir darauf mit den im Institut entwickelten Methoden untersucht haben [5, 6].
Untersuchungen mit CE und GC/MS
Der Inhalt einer Kapsel (575,7 mg) wurde per Kapillarelektrophorese (CE) mit mizellarer elektrokinetischer Chromatographie (MEKC) [5] untersucht. Abbildung 1 zeigt das Elektropherogramm dieser Probe im Vergleich zu einem im IPBP hergestellten Referenzextrakt.
Außer dem internen Standard (IS) sind in der Probe keine Signale in nennenswerter Intensität erkennbar. Die Vergleichslösung enthält hingegen die Kavalactone in typischer Intensitätsverteilung; der Gesamtgehalt an Kavalactonen beträgt ca. 5%, was bei der gewählten Einwaage einer absoluten Menge von ca. 15 mg Kavalactonen entspricht. Bei korrekter Deklaration der Probe (75 mg Kavalactone) hätten deren Signale also deutlich intensiver als bei dem Referenzextrakt ausfallen müssen.
Der Inhalt einer anderen Kapsel (563,5 mg) und die unter identischen Bedingungen aufgearbeitete Referenzdroge wurden gaschromatographisch gemäß [6] untersucht. Abbildung 2 zeigt die beiden übereinander projizierten Chromatogramme.
Wie schon bei der MEKC konnte auch bei der GC/MS-Untersuchung die typische Verteilung der Kavalactone nur bei der Referenzdroge beobachtet werden. Die drei schwachen Signale der Probe bei 11,0, 13,9 und 14,2 min sind nicht Kava-spezifisch; ihre Identität konnte nicht geklärt werden.
Die dritte Kapsel wurde als Rückstellmuster unter der Nummer PB-MS-223 im IPBP hinterlegt.
Internethandel mit Kava-Präparaten ist illegal
Dieser Befund mag einen Einzelfall darstellen, dennoch erscheint – was die Qualität (und damit auch die Wirksamkeit) der angebotenen Präparate angeht – auf jeden Fall ein gesundes Misstrauen beim Kauf von Kava-Präparaten im Internet angebracht.
Weiterhin ist aus juristischer Sicht zu bemerken, dass ein Import von Kava-Präparaten nach § 73 Abs. 3 AMG nicht zulässig ist. Da die arzneimittelrechtliche Zulassung von Kava-Präparaten widerrufen wurde, herrscht ein eindeutiges Verbringungsverbot in die Bundesrepublik Deutschland, und zwar auch dann, wenn das Präparat als "dietary supplement" (Nahrungsergänzungsmittel) deklariert ist. Somit ist von einem Kauf von Kava-Präparaten im Internet sowohl aus Qualitätsaspekten als auch aus juristischen Gründen abzuraten.
Auf der anderen Seite soll auch klargestellt werden, dass der sehr umstrittene und aus Sicht vieler Wissenschaftler nicht gerechtfertigte Widerruf der Arzneimittelzulassung für Kava-Präparate [2, 3] dazu geführt hat, dass Patienten anstelle der qualitativ hochwertigen Arzneimittel minderwertige und illegale Kava-Präparate kaufen. Ob hierdurch nicht eine größere Gefahr für den Verbraucher besteht als bei der Anwendung von Kava-Präparaten, die als Arzneimittel zugelassen und entsprechend gut kontrolliert sind, bleibt zu diskutieren.
Literatur
[1] Abwehr von Gefahren durch Arzneimittel, Stufe II, Kava-Kava (Piper methysticum)- und Kavain-haltige Arzneimittel einschließlich homöopathischer Zubereitungen mit einer Endkonzentration bis einschließlich D4, Bescheid des BfArM vom 21.12.2007; Dtsch. Apoth. Ztg. 148, 44-45 (2008).
[2] M. Schmidt, A. Nahrstedt, N. P. Lüpke: Piper methysticum (Kava) in der Diskussion: Betrachtungen zu Qualität, Wirksamkeit und Unbedenklichkeit. Wien. Med. Wochenschr. 152, 382-388 (2002).
[3] Mathias Schmidt: Is kava really hepatotoxic? An analysis of the known data on adverse effects of kava preparations on the liver. 28.05.2003; www.uni-muenster.de/Chemie.pb/forschen/Kava.html.
[4] Kommission E: Monographie "Piperis methystici rhizoma". BAnz. vom 1.6.1990, Nr. 101.
[5] M. Lechtenberg, B. Quandt, F.-J. Kohlenberg, A. Nahrstedt: Qualitative and quantitative micellar electrokinetic chromatography (MEKC) of kavalactones from dry extracts of Piper methysticum Forst. and commercial drugs. J. Chromatogr. A 848, 457-464 (1999).
[6] M. Lechtenberg, B. Quandt, M. Schmidt, A. Nahrstedt: Is the alkaloid pipermethystine connected with the claimed liver toxicity of kava products? Pharmazie 63 (1), 71-74 (2008).
Anschrift der Verfasser:
Matthias Lechtenberg, Bettina Quandt, Adolf Nahrstedt, Andreas Hensel
Institut für Pharmazeutische Biologie und Phytochemie
Westfälische Wilhelms-Universität Münster
Hittorfstraße 56, 48149 Münster
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