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Therapieleitlinien
Asthma bei Kindern: Progredienz unbedingt verhindern
Eine Mutter kommt mit ihrer achtjährigen Tochter Eva in die Apotheke. Die beiden lösen ein Rezept vom Kinderarzt über ein Salbutamol-Spray und einen Fluticason-Turbohaler ein. Mit den Arzneimitteln in der Hand wenden Sie sich an die Achtjährige und fragen sie, ob sie beide Sprays schon kennt oder ob Sie ihr noch etwas erklären dürfen. Die Mutter unterbricht Ihre Frage: "Ich weiß ja noch gar nicht, ob wir diese Arzneimittel überhaupt nehmen wollen. Eigentlich hat meine Tochter Eva nur einen lästigen Husten. Was hat der Arzt uns denn da aufgeschrieben?"
Auf Nachfrage erzählt die Mutter, dass Eva seit über drei Wochen vor allem abends und nachts an einem starken Husten leidet. Beim Atmen würde sie auffällig pfeifen. Eva meldet sich zu Wort: "Beim Atmen kitzelt es ganz fürchterlich in der Brust und ich versuche, das Kitzeln auszuhusten. Manchmal werde ich sogar nachts davon wach." Bei diesem wechselhaften Frühlingswetter sei eine Erkältung ja auch nichts Ungewöhnliches, wirft ihre Mutter ein. Aber der Husten halte jetzt schon so lange an, dass sie sich Sorgen gemacht habe und deshalb zum Kinderarzt gegangen sei. Irgendwann müsse Eva ja auch mal wieder durchschlafen. Außerdem bekomme sie bei körperlicher Belastung, z. B. beim Schulsport, schlecht Luft und musste die letzte Sportstunde, die auf dem Sportplatz draußen stattfinden sollte, ausfallen lassen.
Der Arzt habe Evas Lunge abgehorcht, einige weitere Untersuchungen mit ihr angestellt und gesagt, dass es sich um Asthma handelt. Diese Arzneimittel würden ihr helfen, sie solle in drei Wochen zu einer Kontrolluntersuchung vorbeikommen.
Das Symptom "Husten" wird in fast jeder Jahreszeit mit einer Erkältung in Verbindung gebracht. Auffällig in unserem Fall ist als erstes, dass der Husten bei Eva schon so lange anhält. In zwei bis drei Wochen ist eine einfache Erkältung meist ausgeheilt. Als zweites macht das "Kitzeln" in der Brust aufmerksam. Eine Nachfrage ergibt, dass sie an anderen Tageszeiten häufig hintereinander niesen muss und ihre Nase läuft.
Ein trockener Husten, pfeifende Atmung, ein Engegefühl in der Brust und/oder Luftnot sind typische Anzeichen für ein Asthma bronchiale. Die Erklärung dafür findet sich in einer vermehrten Bildung von zähem Bronchialschleim, einer Anschwellung der Bronchialschleimhaut und krampfartig verengten Atemwegen (Bronchospasmus).
Asthma – eine klinische Diagnose
Asthma bronchiale ist definiert als eine Krankheit mit einer erhöhten Empfindlichkeit (Hyperreagibilität) der Atemwege gegenüber verschiedenen Reizen. Auslöser für nicht-allergisches Asthma sind z. B. ein Bronchialinfekt, körperliche Anstrengung oder eine inhalative Belastung durch physikalische Reize (wie Hitze, Kälte, Nebel und Staub) oder chemische Reizstoffe (wie Schwefeldioxid oder Ozon). Exogen-allergisches Asthma wird ausgelöst durch z. B. Pollen, Hausstaubmilben, Tierhaare, Schimmelpilze oder Mehlstaub. Die Überempfindlichkeit beruht auf einer chronischen Entzündung der Bronchialschleimhaut, insbesondere im Bereich der kleinen Atemwege.
Ein Facharzt stellt die Diagnose häufig schon nach einer kurzen Anamnese. Art, Häufigkeit und Zeitpunkt der Beschwerden lassen schnell auf allergische Auslöser schließen. Andere atopische Erkrankungen oder Allergien in der Eigenanamnese oder eine familiäre Asthma- oder Atopiebelastung bestärken den Verdacht. In einer körperlichen Untersuchung und schließlich mithilfe einer Lungenfunktionsprüfung (s. Tab. 1) kann die Diagnose dann bestätigt werden.
Tab. 1: Spirometrische Werte in der Lungenfunktionsdiagnostik | ||
statische Lungenvolumina |
Definition |
Normalwerte für Erwachsene |
Vitalkapazität (VK oder VC) |
Differenz zwischen maximaler In- und Expiration |
Männer > 4,0 l, Frauen > 3,0 l. |
Residualvolumen (RV) |
nicht ventilierbares Volumen, das nach maximaler Expiration in der Lunge verbleibt |
1 bis 2 l |
Totalkapazität (TK oder TC) |
Summe aus VK und RV |
Männer: 6 bis 7 l, Frauen 5 bis 6 l |
Atemzugsvolumen (AZV) |
Volumen, das in Ruhe ein- und ausgeatmet wird |
ca. 0,5 l |
dynamische Lungenvolumina |
Definition |
Normalwert |
forciertes expiratorisches Volumen in 1 Sekunde (FEV1) |
Luftvolumen, das der Patient in einer Sekunde ausatmen kann |
2 l/sec |
Tiffeneau-Wert |
FEV1
/VC × 100 |
ca. 70% |
Bei der Beurteilung der Lungenfunktion sind bei Kindern einige Besonderheiten zu berücksichtigen. Die Erwachsenenkriterien, die der derzeitigen Einteilung zur Festlegung des Asthmaschweregrades zugrunde liegen, werden der speziellen Gegebenheit im Kindesalter nicht in allen Situationen gerecht. Ein Teil der Kinder mit persistierendem Asthma bronchiale hat auch bei klinischem Schweregrad III eine nach Werten normale Ruhe-Lungenfunktion. Eine eindeutige und behandlungsbedürftige Obstruktion kann auch bei nach gängigen Kriterien normalen Lungenfunktionswerten mit FEV1 > 80% vorliegen. Die Ergebnisse des Bronchospasmolysetests werden hier zur Beurteilung zusätzlich herangezogen.
Säuglinge und Kleinkinder haben im Vergleich zum Lungenvolumen relativ große Atemwege. Sie können deshalb ihre Lungen in schnellerer Zeit entleeren. Der FEV1 ist somit kein sinnvoller Parameter, stattdessen wird empfohlen Werte für FEV0,5 bzw. FEV0,75 zu berechnen und zur Bewertung heranzuziehen.
Etwa 10% aller Kinder und 5% aller Erwachsenen leiden in Deutschland unter Asthma. Für beide Patientengruppen wird der Asthmaschweregrad anhand der Stärke und Häufigkeit der bestehenden Beschwerden klassifiziert. Für Kinder gilt bereits ein zeitweise auftretender Husten mit begleitender Atemnot als behandlungsbedürftige Bronchialobstruktion (s. Tab. 2). Auch bei langen anfallsfreien Intervallen über zwei Monate wird die Obstruktion bereits als Asthmaschweregrad I klassifiziert. Bei häufigeren Beschwerden wird das Asthma den Schweregradklassen II bis IV zugeordnet.
Tab. 2: Klassifikation der Asthmaschweregrade bei Kindern und Jugendlichen im Vergleich zu Erwachsenen | ||
Schweregrad |
Symptome vor der Behandlung |
|
bei Kindern und Jugendlichen |
bei Erwachsenen |
|
I
intermittierend
(intermittierende, rezidivierende, bronchiale Obstruktion) |
intermittierend Husten,
leichte Atemnot
symptomfreies Intervall > 2 Monate |
gelegentliche Beschwerden
< 1 × pro Woche, nächtliche Beschwerden
< 2 × pro Monat |
II geringgradig persistierend (episodisch symptomatisches Asthma) |
Intervall zwischen Episoden < 2 Monate |
Beschwerden tagsüber zwischen 1 × pro Woche und 1 × pro Tag und/oder nächtliche Beschwerden mehr als 2 × im Monat und/oder Beeinträchtigung der körperlichen Aktivität und Schlaf infolge Beschwerdezunahme |
III mittelgradig persistierend |
an mehreren Tagen/Woche und auch nächtliche Symptome |
tägliche Beschwerden und/oder nächtliche Beschwerden mehr als 1 × pro Woche |
IV schwergradig persistierend |
anhaltende tägliche Symptome, häufig auch nächtlich |
anhaltende tägliche Beschwerden und/oder häufige nächtliche Beschwerden und/oder Einschränkung der körperlichen Aktivität |
Asthmatherapie – so viel wie nötig, so wenig wie möglich
Viele asthmakranke Kinder (und Erwachsene) husten oder bekommen Luftnot, wenn sie sich körperlich belasten oder Sport treiben. All diese Krankheitszeichen und Beschwerden sind vor allem für Kinder eine große Belastung, denn sie engen sie in ihren Spiel- und Entwicklungsmöglichkeiten und in der Leistungsfähigkeit in der Schule ein. Das kann bei Kindern zu Entwicklungsverzögerungen und psychischen Auffälligkeiten wie Angst und Unruhe führen. Um das zu vermeiden und um gut damit leben zu können, ist es wichtig, dass Eltern und Kinder lernen, die Krankheit und ihre Behandlung zu verstehen und damit umzugehen.
Ziel der Asthmatherapie im Kindes- und Jugendalter ist die uneingeschränkte Teilhabe am normalen Leben. Kinder sollten durch ihre Krankheit in ihren Aktivitäten im Alltag nicht eingeschränkt werden. Sie müssen sich trotz ihrer Krankheit körperlich, psychisch und geistig optimal entwickeln können. Akute und chronische Krankheitssymptome sollten vermieden werden, sodass die Krankheit nicht weiter fortschreitet und sich die Lunge normal entwickeln und wachsen kann.
Diese Therapieziele sind durch eine Kombination medikamentöser und nicht-medikamentöser Maßnahmen zu erreichen.
Die medikamentöse Behandlung von Kindern und Jugendlichen entspricht im Großen und Ganzen der Behandlung von Erwachsenen. Als Bedarfsmedikament werden kurzwirksame β2-Sympathomimetika eingesetzt, sogenannte Reliever. Sie bewirken in wenigen Minuten eine Erweiterung der Atemwege und ein Nachlassen der Beschwerden. Diese Bedarfsmedikation wird in allen Stufen beibehalten (s. Tab. 3). Für Kinder können auch inhalative Anticholinergika wie Ipratropiumbromid (z. B. Atrovent®), Theophyllin als Lösung zum Einnehmen (z. B. Solosin®-Tropfen) allein oder in Kombination mit β2-Sympathomimetika eingesetzt werden.
Tab. 3: Medikamentöse Stufentherapie | ||
Bedarfstherapie |
Dauertherapie |
|
Stufe I |
inhalatives rasch wirksames β2 -Sympathomimetikum |
keine |
Stufe II |
inhalatives rasch wirksames β2 -Sympathomimetikum |
Therapie der 1. Wahl: niedrig dosiertes inhalatives Corticosteroid oder Leukotrienantagonist (Montelukast).
Alternativtherapien:
Cromoglicinsäure oder Nedocromil Versuch über vier bis acht Wochen möglich |
Stufe III |
inhalatives rasch wirksames β2 -Sympathomimetikum |
inhalative Corticosteroide in mittlerer Dosis in Kombination mit Leukotrienantagonisten (Montelukast), wenn nicht ausreichend plus eine der folgenden Optionen:
|
Stufe IV |
inhalatives raschwirksames β2 -Sympathomimetikum |
inhalative Corticosteroide in hoher Dosis, wenn nicht ausreichend plus eine oder mehrere der folgenden Optionen:
|
Eva bekommt ein Salbutamol-Dosieraerosol. Sie soll dieses Dosieraerosol mit zweimal täglich je einem Hub morgens und abends vor der Anwendung des Fluticason-Turbohalers benutzen. Die genaue Anwendung des Dosieraerosols muss ihr gezeigt und mit ihr geübt werden. Sie kann das Salbutamol-Spray auch vor körperlich belastenden Situationen sprühen, z. B. vor dem Schulsport oder vor dem Spielen auf der Wiese. Die Maximaldosierung für Kinder liegt bei sechs Hüben pro Tag. Falls sie mehr als diese Dosierung benötigt, um beschwerdefrei zu bleiben, wird der Arzt eine Eskalationstherapie einleiten, d. h. einen Wechsel der Dosierung und eine Kombination der Controller verordnen.
Controller werden ab der Stufe II in steigender Dosierung bzw. in Kombination eingesetzt.
Für die Therapie der chronischen Entzündung der Atemwege sind Glucocorticoide bislang Mittel der ersten Wahl. Mit ihrer Hilfe kann der Entzündungsprozess im Bronchialsystem reduziert werden. Ein Schleimhautödem wird unterdrückt oder verhindert, die Bronchialkonstruktion wird gehemmt, die Schleimproduktion wird positiv beeinflusst. Die Lungenfunktion verbessert sich in wenigen Tagen und die Beschwerden lassen nach. Die Anwendung erfolgt möglichst inhalativ, um ausreichend wirksame Konzentrationen des Wirkstoffs in den Bronchien zu erreichen und systemische Wirkungen bzw. Nebenwirkungen zu vermeiden. Dafür verwendet werden möglichst niedrige Dosierungen. Bei Exazerbationen werden bedarfsgerecht die Dosen kurzfristig erhöht, nach Stabilisierung jedoch auch so bald wie möglich wieder reduziert. Je nach Krankheitsaktivität erfolgen alle vier bis acht Wochen eine Kontrolle beim Arzt und eine Anpassung (Eskalation oder Deeskalation) der Therapie.
Eva bekommt vom Arzt den Fluticason-Turbohaler in einer Dosierung von 200 μg. Das entspricht einer niedrigen Dosis. Bei Nichtansprechen auf die Therapie kann die Dosis nach ärztlicher Verordnung noch auf 400 bzw. über 400 μg erhöht werden. Eva soll zweimal täglich je einen Hub fünf Minuten nach der Anwendung des Salbutamol-Sprays inhalieren. Auch die Anwendung des Turbohalers ist Eva zu erklären und die Anwendung mit ihr Einzuüben. Nach der Anwendung muss Eva sich ihren Mund mit Wasser ausspülen oder etwas nachessen, damit Nebenwirkungen des Wirkstoffs auf die Mundschleimhaut vermieden werden.
Die Sorge um Nebenwirkungen bei einer Corticoidtherapie ist bei kurzzeitiger Anwendung und korrekter Applikation unbegründet. Bei langfristiger systemischer Anwendung ist jedoch mit den bekannten unerwünschten Wirkungen zu rechnen. Neben Osteoporose, Glaukom, Katarakt zeigen sich bei Kindern auch Wachstumsretardierungen.
Bei der Entzündungsreaktion bei Asthma spielen neben vielen Entzündungsmediatoren vor allem Leukotriene eine wichtige Rolle. So stehen für die kontrollierende Therapie auch Leukotrienantagonisten wie Montelukast (Singulair®) zur Verfügung. Nach einer neuen Leitlinie ("Practall-Leitlinie") kann die Therapie entweder mit einem inhalativen Steroid (200 μg Beclomethasonäquivalent) oder einem Leukotrienantagonisten in altersentsprechender Dosierung begonnen werden. Lässt sich das Asthma damit nicht ausreichend kontrollieren, sollten Leukotrienantagonisten und inhalative Steroide kombiniert oder die Dosis des inhalativen Steroids verdoppelt werden. Reicht auch das nicht aus, wird die hohe Dosierung des Steroids mit dem Leukotrienantagonisten kombiniert oder zusätzlich ein langwirksames Betamimetikum hinzugenommen werden.
Diese Empfehlung gilt auch für belastungsinduziertes Asthma. Eine antientzündliche Basistherapie ist zur Vermeidung von Spätschäden erforderlich. Eine Therapie allein mit kurzwirksamen β2-Mimetika ist nicht indiziert ausreichend.
Als weitere Behandlungsoptionen stehen auf dieser Stufe Dinatriumcromoglicat (DNCG, Intal®) und Nedocromil (Tilade®) zur Verfügung. Eine Beurteilung der Therapie erfolgt hier nach vier bis acht Wochen.
In der Stufe IV werden hohe Dosen von inhalativen Glucosteroiden eingesetzt. Zusätzlich werden langwirksame β2-Sympathomimetika und/oder Retard-Theophyllin eingesetzt. Leukotrienantagonisten sind für diese Stufe in Deutschland nicht zugelassen. Orale Glucocorticosteroide sind meist nur im Intervall notwendig, ganz selten gibt es noch Patienten, die sie dauerhaft benötigen. Nach Überprüfung der Therapiecompliance müssen gerade diese Patienten einer erweiterten Diagnostik unterzogen werden.
Anwendung – ein Kinderspiel?
Üblicherweise wird der Arzt versuchen, sich bei der Verordnung auf ein Inhalationssystem zu beschränken, um die Patienten nicht zu überfordern, also entweder zwei Dosieraerosole oder zwei Turbohaler verordnen. Auf dem Markt stehen jedoch nicht alle Wirkstoffe in allen Anwendungssystemen zur Verfügung.
Vor der ersten Verordnung wird dem Patienten bereits in der Arztpraxis die Anwendung der Inhalatoren erklärt. Dieses Vorgehen beinhaltet, dass der Patient dem Arzt bzw. der medizinischen Fachangestellten zeigt, dass er die Inhalationstechnik beherrscht. Es hat sich jedoch bewährt, die Erklärung in der Apotheke zu wiederholen, um das Wissen zur Anwendung zu sichern. Alle beteiligten Hersteller stellen hierfür placebogefüllte Inhalatoren und Informationsmaterial zur Verfügung.
Die Inhalation mithilfe eines Dosieraerosols mit Spacer oder eines Verneblers ist am effektivsten bei einer langsamen, intensiven Einatmung und einem kurzen Anhalten der Atmung im Anschluss. Bei einem Pulverinhalator ist eine rasche, tiefe Inspiration erforderlich.
Für Kinder bis fünf Jahren sind Treibgasdosieraerosole mit Spacer für die Inhalation von β2-Sympathomimetika oder Corticoiden zu bevorzugen. Eine Gesichtsmaske ist so lange notwendig, bis ein Kind nachweislich durch Mundstück eines Spacers atmen kann. Wenn diese Anwendungsformen nicht erfolgreich sind, müssen Vernebler (z. B. Pari Boy®) eingesetzt werden.
Immuntherapie
Bei leichtem bis mittelschwerem allergischem Asthma bronchiale sollte die Indikation zu einer spezifischen Immuntherapie, einer Hyposensibilisierung geprüft werden. Ein dauerhaft symptomatisches bzw. unzureichend behandeltes Asthma mit einem FEV1 < 70% des Sollwerts stellt eine Kontraindikation dar.
Ein neuer Therapieansatz mit einem rekombinanten, humanen monoklonalen Antikörper gegen IgE wurde u. a. bei Kindern mit allergischem Asthma bronchiale überprüft. Diese Anti-IgE-Antikörper werden bisher in Einzelfällen als Zusatztherapie zur verbesserten Kontrolle des persistierenden, schweren, allergischen Asthma bronchiale bei Kindern und Jugendlichen ab dem zwölften Lebensjahr eingesetzt und sind auch nur dafür zugelassen.
Nicht-medikamentöse Therapie
Einen wichtigen Stellenwert in der Behandlung stellen die nichtmedikamentösen Maßnahmen dar.
Die beste Wirkung bei einem allergischen Asthma hat die Vermeidung der Allergene, die Allergenkarenz. Bei nachgewiesener Sensibilisierung gegen Hausstaubmilbenallergen hilft das sogenannte "Encasing". Dafür werden typische Milbennistplätze wie z. B. Matratzen, Bettzeug und Kopfkissen in milbendichte Bezüge gesteckt, um die Konzentration an Hausstaubmilben zu reduzieren und Symptome zu reduzieren. Außerdem zeigt das regelmäßige, am besten wöchentliche Waschen von Bettzeug bei mindestens 60 °C einen schützenden Effekt. Da Feuchtigkeit und Schimmelpilzbefall in der Wohnung das Risiko für allergische und atopische Erkrankungen erhöhen, sollen Räume regelmäßig durchlüftet werden, um die Luftfeuchtigkeit zu reduzieren. Besteht eine Allergie gegen Tierhaare, ist der Kontakt mit Tieren insbesondere Haustieren zu vermeiden.
Körperliche Aktivität ist für die Entwicklung von Kindern unverzichtbar. Die optimale medikamentöse Therapie soll eine uneingeschränkte Teilnahme an Schul- und Freizeitsport ermöglichen. Gegebenenfalls ist die Inhalation von kurzwirksamen β2-Sympathomimetika notwendig. Die Befreiung vom Schulsport ist zu vermeiden. Die Auswahl der Sportart soll sich den individuellen Bedürfnissen anpassen.
Die Atemphysiotherapie bei Asthma ist ein Part des Patientenschulungsprogramms. Bei Kindern und Jugendlichen mit schwerem Asthma sind Selbsthilfetechniken in Kombination mit verbesserter Symptom- und Körperwahrnehmung wesentliche Voraussetzungen für alltägliche und sportliche Aktivitäten. Atemerleichternde Körperstellungen sowie bewusstes Vertiefen der Bauchatmung helfen, die Atemnot im Asthmaanfall zu lindern.
Wichtig: Eigenkontrolle!
Bei allen Verlaufsformen des Asthmas spielt die Eigenkontrolle eine wichtige Rolle im Krankheitsgeschehen. Sie erfolgt mittels Peak-flow-Messung. Die maximale Atemstoßstärke kann durch Hineinblasen in ein Messgerät einfach selbst bestimmt werden. Die Werte werden in einem Asthmatagebuch festgehalten. Sie dienen der kurzfristigen Therapieanpassung durch den Patienten selbst und der langfristigen Therapieanpassung im Rahmen eines vom Arzt festgelegten Behandlungsplans.
Der Patient bekommt vom behandelnden Arzt einen schriftlichen Behandlungs- und Notfallplan. Darin aufgeführt sind Anweisungen zur korrekten Verwendung der Arzneimittel in der jeweiligen Anwendungsform und Dosisanpassungen im Notfall. Die Dosisanpassung wird meist in einem Ampelschema verdeutlicht. Ein guter Peak-flow-Wert (> 80% des Bestwerts, Ampelfarbe Grün) spricht für eine gute Behandlung, die bis zum nächsten Arztbesuch fortgesetzt werden sollte. Ein Peak-flow-Wert zwischen 50 und 80% des Bestwerts ist mit der Ampelfarbe Gelb verknüpft. Für diesen Zustand verordnet der Arzt meist eine Erhöhung der Controller-Dosis. Wenn die Werte über mehrere Tage in diesem Bereich bleiben, ist kurzfristig ein Arzttermin zu vereinbaren. Bei Peak-flow-Werten unter 50% des Bestwerts signalisiert die Ampelfarbe Rot, dass ein "Notfallplan" in Kraft tritt. Im Notfall verwendet der betroffene Patient vorher eingeübte Atemtechniken ("Kutschersitz" oder "Torwartstellung"), die ihm zur Überwindung der Luftnot verhelfen, und zwei bis drei Hübe des vom Arzt verordneten Notfallsprays (Reliever, z. B. Salbutamol-Spray). Wenn diese einfachen Maßnahmen nicht ausreichen, können Cortisontabletten eingesetzt werden oder schließlich doch ein Notarzt notwendig sein.
Informationen für ElternObwohl Asthma bronchiale nicht heilbar ist, muss die Krankheit keineswegs einen schwerwiegenden Verlauf mit lebensbedrohlichen Komplikationen nehmen. Kinder mit Asthma können heutzutage ein ganz normales Leben führen, ohne allzu große Einschränkungen und Grenzen, die die Eltern oft viel zu eng ziehen. Wichtig ist vor allem das frühzeitige Erkennen des Asthma bronchiale, damit sich kein chronischer Zustand entwickeln kann. Krankheitszeichen, auf die geachtet werden sollten, ergeben sich durch die anfallsartig auftretenden Verengung der Atemwege: Die Kinder leiden unter Luftknappheit und Brustenge, wobei es dem Asthmatiker besonders schwer fällt, die in den Lungen befindliche Luft auszuatmen. Daraus resultieren die typischen pfeifenden Geräusche. Gleichzeitig bildet sich zäher Schleim, der schwer abzuhusten ist. Typischerweise treten die Asthmaanfälle nachts und in den frühen Morgenstunden auf. Da es oft schwer fällt, ausreichend Luft zu holen, haben die Betroffenen während der Anfälle große Angst zu ersticken. Die natürlichen Reaktionen unseres Körpers auf Angst verstärkt die Atemnot zusätzlich. Deshalb ist es mit am wichtigsten, dass Eltern Ruhe bewahren, damit dieser Teufelskreis durchbrochen werden kann. |
Quelle
Leitlinie der Deutschen Gesellschaft für Pädiatrische Pneumologie "Asthma bronchial im Kindes- und Jugendalter", 2006.www.uni-duesseldorf.de/awmf/ll/026-010.htm
Nationale Versorgungsleitlinie zum Thema Asthma, 2007. www.versorgungsleitlinien.de/themen/asthma/langfasung/index_html
Übersicht über Checklisten und Beratungshilfen für das Arzt-(bzw. Apotheker-)Patientengespräch, z. B. Informationen zum Thema Asthma, Anwendungstechniken von Dosieraerosolen und Pulverinhalatoren, Peak-Flow-Messung. www.versorgungsleitlinien.de/theman/asthma/index_html
Bacharier, L.B.; et al.: Diagnosis and treatment of asthma in childhood: a Practall consensus report. Allergy 2008; 63: 5 – 34.
Lennecke, K. et al.: Therapie-Profile für die Kitteltasche. Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft, Stuttgart (2006).
Mangiapane, S.; Schulz, M.; Verheyen, F.: Manuale der Pharmazeutischen Betreuung, Band 2, Asthma, Govi-Verlag, (2005).
Rebhandl, E.; et al.: Evidence based Medicine-Guidelines für Allgemeinmedizin. Deutscher Ärzte-Verlag, Köln, (2006).
Anschrift der Verfasserin
Dr. Kirsten Lennecke
Im Osterhöfgen 8
45549 Sprockhövel
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