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DAZ aktuell
"Die Liberalisierung des Arzneimittelmarkts kommt"
Der Wandel im Gesundheitswesen und seine Dynamik sind mittlerweile für alle spürbar. Die Gesundheitsbranche muss sich europaweit mit Liberalisierungsaktivitäten der Europäischen Kommission auseinandersetzen. Auch Deutschland ist davon betroffen. Oesterle nannte in diesem Zusammenhang den von der Europäischen Kommission an die Bundesrepublik übersandten "Letter of Formal Notice", den ersten Schritt in einem Vertragsverletzungsverfahren. In diesem Abmahnschreiben beanstandet die Kommission tradierte Strukturen des deutschen Apothekenmarktes, insbesondere das Fremd- und Mehrbesitzverbot, sowie weitere spezifische deutsche Regelungen zur Niederlassungsfreiheit. In einigen anderen europäischen Ländern wurden bereits Vertragsverletzungsverfahren wegen angeblich EU-widriger Restriktionen eingeleitet. Oesterle: "Der Pharmamarkt, die Apotheken, der deutsche Großhandel, Politik und Kassen, wir alle haben uns also mit neuen Realitäten auseinanderzusetzen." Celesio stelle sich diesen Herausforderungen, die eine Liberalisierung mit sich bringen, fügte er hinzu.
Gespräche verweigert
Ausgehend vom Optikerurteil (April 2005) des Europäischen Gerichtshofs gegen das Fremd- und Mehrbesitzverbot bei griechischen Optikern entwickelte Celesio ein Thesenpapier, wie sich aus der Sicht des Großhändlers eine geregelte EU-konforme Liberalisierung gestalten ließe. Celesio habe bereits mit allen Beteiligten Gespräche über dieses Thema geführt, "doch bedauerlicherweise haben die Apothekerverbände uns jegliches Gespräch dazu verweigert", so Oesterle enttäuscht. Eine Verweigerung des Dialogs aber werde dazu führen, dass die Liberalisierungschancen nicht genutzt würden. Oesterle bot der ABDA erneut seine Gesprächsbereitschaft an: "Herr Wolf, beteiligen Sie sich am Dialog – und gestalten Sie mit! Im Interesse Ihrer Mitglieder! Im Interesse der Verbraucher und Patienten! Im Interesse der deutschen Apotheke!"
Vor allem mehr Wettbewerb
Für den Vorstandsvorsitzenden des Pharmahandelunternehmens Celesio bedeutet Liberalisierung vor allem mehr Wettbewerb, also nicht nur Kostenreduktion und Preisdumping, sondern eine größere Angebotsvielfalt – "nicht nur Aldi, sondern auch Feinkostläden und Lebensmittel frei Haus". Der Staat sollte sich aus der Steuerung des Gesundheitsmarkts zurückziehen und sich auf die Gestaltung der Rahmenbedingungen konzentrieren. Im Wettbewerb gebe es Chancen für alle, "auch für den einzelnen Apotheker, der die Zeichen der Zeit erkannt hat", ergänzte der Celesio-Chef, zu dessen Unternehmen seit knapp einem Jahr auch die Franchisekooperation DocMorris gehört.
Nach den Worten Oesterles muss das wichtigste Ziel eines liberalisierten Marktes eine sichere, qualitativ hochstehende Arzneimittelversorgung sein, auch in ländlichen Gebieten. Sein Unternehmen habe es in vielen europäischen Ländern bereits vorgemacht, "wie Liberalisierung, wie mehr Wettbewerb, wie eine größere Angebotsvielfalt zu einer besseren Versorgung der Bevölkerung führt". Oesterles Credo: "Was in Norwegen, einem Land mit 4,7 Millionen Einwohnern und einer Ausdehnung von mehr als 2000 km möglich ist, sollte in Deutschland und anderen kontinentaleuropäischen Märkten allemal möglich sein. Man muss es nur wollen." Bei aller Liberalisierung gehörten Arzneimittel, so Oesterle, nur in die Hände von Apothekern. Sie sollten nicht an Tankstellen oder Kiosken vertrieben werden. Apotheker müssten zudem stärker in das Gesundheitssystem einbezogen und dort mit erweiterten Kompetenzen verankert werden.
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