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- AZ 49/2008
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Mehr Verbraucherschutz beim Versandhandel
Während die beiden Freistaaten Bayern und Sachsen mit ihrem in den Bundesrat und derzeit auf Eis liegenden Antrag den Weg verfolgen, den Versandhandel mit verschreibungspflichtigen Arzneimitteln "auf das europarechtlich gebotene Maß zurückzuführen" – sprich: sich dafür einsetzen, den Versandhandel nur von OTC zuzulassen –, versucht Schleswig-Holstein einen anderen Weg zu gehen, der jedoch möglicherweise leichter zum Ziel führen könnte. Man möchte mehr Qualität und mehr Beratung verwirklicht sehen, mithin dieselben Qualitätsstandards wie bei der Abgabe der Präsenzapotheken. Positives Signal aus dem nördlichen Bundesland: CDU und SPD konnten sich beide auf diesen Antrag einigen.
Wir stellten vier Fragen an Ursula Saasen von der CDU-Fraktion, welche Ziele die Koalition in Schleswig-Holstein konkret mit diesem Antrag verfolgt. Frau Sassen ist Mitglied im schleswig-holsteinischen Landtag und u. a. stellvertretende Vorsitzende des Eingabenausschusses.
z Frau Sassen, mit dem vorliegenden Antrag gehen Sie einen anderen Weg als die beiden Freistaaten Bayern und Sachsen, den Versandhandel mit verschreibungspflichtigen Arzneimitteln einzudämmen. Sie wollen den Versandhandel nicht verbieten, aber mehr Qualitätsstandards und mehr Beratung verwirklicht sehen. Sie fordern gesetzliche Klarstellungen. Welche Klarstellungen könnten Sie sich hier konkret vorstellen?
Sassen: Ich habe im Juni und erneut im August dieses Jahres die schleswig-holsteinische Sozialministerin Dr. Gitta Trauernicht aufgefordert, die Bundesratsinitiative von Sachsen und Bayern zu unterstützen. Ausschlaggebend waren für mich zum einen die besorgniserregenden Zahlen des europäischen Zolls über Arzneimittelfälschungen und die Studie der European Alliance for Access to Safe Medicines, nach der neun von zehn Internethändlern die Rezeptpflicht völlig ignorieren. Unser Koalitionspartner SPD, dem auch die Sozialministerin angehört, tut sich schwer, entsprechende Anträge mitzutragen. Deswegen gehen wir jetzt diesen Weg. Die Schwächen des Versandhandels sind in den letzten Jahren eindeutig zu Tage getreten. Ich füge hinzu: viele Mahnungen der Apotheker, die vormals von höchster Stelle als "Lobbyistengeschrei" abgetan wurden, haben sich bestätigt. Wir brauchen eine Anpassung der Vorschriften. Es gilt, die zunehmenden Fälschungswellen und den unkontrollierten Versand einzudämmen.
zKernstück des Antrags ist, eine qualifizierte pharmazeutische Beratung bei jeder Form der Abgabe von Arzneimitteln auch im Rahmen des Versandhandels sicherzustellen. Können Sie hier Ihre Vorstellungen ein wenig näher erläutern, was Sie sich vom Versandhandel erwarten?
Sassen: Ich spitze hier sehr bewusst zu: Eine automatische Ansage nach dem Motto "wenn Sie nach der Einnahme Ihres Arzneimittels Herzrasen bekommen haben, drücken Sie die Sieben" darf es niemals geben. Der Apotheker übt einen Heilberuf aus, das Arzneimittel und die pharmazeutische Beratung sind für die Genesung des Patienten eine Einheit. Deswegen ist im Arzneimittelpreis die Beratung enthalten. Das muss auch für Versandapotheken gelten. Ich halte es schlicht für wettbewerbswidrig, wenn für pharmazeutische Beratung kostenpflichtige oder "shared-cost" Telefonnummern angeboten werden. Oder wenn außerhalb der Öffnungszeiten an die Notdienstapotheke verwiesen wird, an deren Kosten sich der Versandhändler nicht beteiligt. Um es klar zu sagen: Die Branche darf sich nicht weiter "callcenterisieren".
z Deutlich wendet sich der Antrag gegen die gewerbliche Sammlung und Weiterleitung von Rezepten, also beispielsweise gegen Pick-up-Stellen im Drogeriemarkt. "dm" baut unterdessen seine Pick-up-Stellen bundesweit aus. Kommt dieser Antrag möglicherweise zu spät? Welche Chancen geben Sie ihm?
Sassen: Für mich ist das eine Einheit. Die gewerbliche Sammlung von Rezepten schaltet noch eine zusätzliche Stelle zwischen Patient und Medikament. Ich drücke das ganz bewusst so technisch aus, weil es sich um eine logistische Anlaufstelle ohne jede Beratung handelt. Das kann theoretisch eine Lottoannahmestelle genau so machen, wie ein Drogeriemarkt. Wir dürfen Arzneimittel nicht zu einer Massenware verkommen lassen. Das ist auch eine ethische Frage. Inwieweit dieser Antrag eine Chance hat, vermag ich nicht zu sagen.
z Der Antrag spricht darüber hinaus den illegalen Versandhandel mit Arzneimitteln an. Die Bekämpfung soll durch ein geeignetes Qualitätssicherungssystem gewährleistet werden. Haben Sie hierzu bereits konkrete Vorstellungen, wie dies geschehen könnte?
Sassen: Offen gestanden: Nein! Und das ist das eigentliche Problem. Selbst wenn wir den Versand von Arzneimitteln verbieten würden, fände er trotzdem statt. In meinem E-Mail-Postfach steht die Werbung für Arzneimittel – billig, einfach, ohne Rezept – ganz vorne in der Häufigkeit. Das ist in Verbindung mit Arzneimittelfälschungen ein Milliardenmarkt mit Wachstumszahlen jenseits der Vorstellungskraft. Vielleicht ist deshalb auf lange Sicht unser Weg sogar der Richtigere: Ich hoffe, er führt aus der Schwarz/weiß-Debatte der letzten Jahre heraus. Der Streit zwischen "Teufelszeug Versandhandel" und "Einsparpotenzial Versandhandel" könnte so beendet werden. Wenn es gelingt, gemeinsam Kriterien zu entwickeln und öffentlich zu vertreten, nach denen der Patient die Guten von den Schlechten unterscheiden kann, haben wir die Chance, dem illegalen Versandhandel und den Fälschungen wirksam den Kampf anzusagen. Dazu will ich mit diesem Antrag beitragen..
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