- DAZ.online
- DAZ / AZ
- AZ 23/2008
- DAX: Kein Silberstreif am...
DAX: Kein Silberstreif am Horizont
Der hohe Ölpreis hat an der New Yorker Börse eine Konsolidierung ausgelöst. Diese schlechte Botschaft ist nun mit der üblichen Verspätung auch in Frankfurt angekommen. Zuletzt hatte sich unter vielen Akteuren die Ansicht durchgesetzt, dass an der Börse eine leichte Rezession bereits eingepreist sei. Da man das Schlimmste für die Wirtschaft bereits hinter sich sah, wähnten einige die Aktionskurse in einem stabilen Aufwärtstrend. Etwas voreilig, wie es scheint. Durch den neuerlichen Anstieg bei den Rohstoffpreisen werden nicht wenige Unternehmen ihre Gewinne nach unten revidieren müssen. Dem rasanten Anstieg der Ölnotierungen dürften wohl auch bald deftige Inflationsdaten dies- und jenseits des Atlantiks folgen. Kommt unterdessen die US-Wirtschaft auch weiterhin nicht vom Fleck, dürfte dies zu einer weiteren Korrektur an den Börsen führen.
Die Hoffnung mag nun nach dem leichten Kursrückgang auf 127 Dollar auf einer nachhaltigen Trendwende beim Öl liegen. Aber nur weil sich ein paar Amerikaner dazu durchringen konnten, ihr Auto jetzt stehen zu lassen, heißt das nicht, dass die weltweite Nachfrage bereits kippt. Julian Lee, Analyst im Zentrum für weltweite Energiestudien, brachte es in einem Interview mit der Nachrichtenagentur Bloomberg auf den Punkt: "Da gibt es Abwärtsdruck bei der Nachfrage in den USA und Europa. Aber wir haben keinen Hinweis auf einen Rückgang in Asien".
Ebenso hoffnungsfroh blicken viele auf den US-Immobilienmarkt. Aber da dort im April der Bestand an zum Verkauf stehenden Häusern um 10% geklettert ist, dürfte von dieser Front indes ebenfalls keine Erleichterung zu erwarten sein.
Dennoch ist die Mehrheit der privaten und institutionellen Anleger in Deutschland von ihrer optimistischen Haltung derzeit kaum abzubringen. Das hat eine eigene Logik, denn die Profis haben ja erst jüngst begonnen, ihre Aktienquoten wieder nach oben zu fahren. Der DWS Fonds spricht sogar von Vollinvestition. Devise: Augen zu und durch. Dieser Zweckoptimismus ist jedoch fehl am Platze. Die Börse unterliegt derzeit zu vielen Störfaktoren. Kreditkrise, schwacher Dollar und jetzt die Inflation und der hohe Ölpreis. Jeder für sich betrachtet, stellen diese Parameter für die Börse an sich kein unlösbares Problem dar. In der Summe jedoch wird man fürchten müssen, dass die Konsumenten damit einen deutlichen Kaufkraftverlust erleiden und einige Branchen massive Absatzprobleme bekommen werden. Die Notenbanken wurden dabei als Retter in der Not von der Inflation bereits kalt gestellt.
Zwar könnten schwächere Tage beim Rohöl die Börsianer dazu verleiten, das vermeintliche Platzen der Spekulationsblase am Ölmarkt voreilig mit einem Kursplus zu belohnen. Aber an diesem Punkt ist Vorsicht angebracht. "Stagflation" ist durchaus keine leere Worthülse mehr. Größeres Potenzial nach oben ist derzeit jedenfalls nicht auszumachen. Die Konsolidierung sollte den DAX auf mindestens 6800 Punkte zurücksetzen.
Ölpreis: Spekulanten im Sinneswandel?
Ist der heutige Ölpreis maßlos übertrieben oder eher noch zu billig? Die Meinungen darüber gehen weit auseinander. Während die einen an eine Spekulationsblase glauben, sehen die anderen die Ölpreis-Hausse als fundamental gerechtfertigt an. Lange Zeit sind die Spekulanten der Linie der Internationalen Energieagentur (IEA) gefolgt. Diese Institution ist der Überzeugung, dass steigende Ölpreise letztlich auch wieder zur wirtschaftlichen Erschließung von immer neuen Ressourcen führen. Ein Versorgungs-engpass werde daher selbst bei stetig steigender Nachfrage nicht eintreten. Die aktuelle Preisentwicklung sei primär ein Ergebnis übertriebener Rohstoffspekulationen. Seitdem sich allerdings selbst bei der IEA die pessimistischen Stimmen mehren, gewinnen die Vertreter der "Peak-Oil-Theorie" immer mehr Anhänger. Dazu gehört die Energy Watch Group, die sich aus internationalen Experten aus Wirtschaft, Wissenschaft und Politik zusammensetzt. Sie vertritt die Ansicht, dass das weltweite Fördermaximum wahrscheinlich schon im Jahre 2006 mit einem Volumen von 81 Milliarden Barrel pro Tag erreicht worden sei. Anders als die IEA geht die Energie Watch Group bei ihrer Einschätzung nur von den bekannten Ölreserven aus und lässt angeblich noch verfügbare Lagerstätten außer Betracht. Sie verweist dabei darauf, dass seit den Explorationen der riesigen Ölfelder in den 60er und 70er Jahren Zahl und Größe der Neufunde tendenziell immer weiter abgenommen haben. Dies meint auch Goldman Sachs, einer der "Big Players" an den Rohstoffmärkten. Das Handelshaus sieht das Barrel auf Sicht von sechs Monaten, spätestens aber in zwei Jahren, auf 200 Dollar steigen. Andere wiederum sehen bei 150 Dollar die ersten Gewinnmitnahmen. Typisch für die Phase der Rohstoff-Hausse ist jedenfalls, dass sich momentan nur noch die Pessimisten zu Wort melden. Das spricht zumindest für eine anstehende Konsolidierungsphase beim Öl. Die Preise dürften sich danach jedoch dauerhaft deutlich über der 100 Dollar-Marke je Barrel etablieren.
Strategie
Unter den oben genannten Vorzeichen sollte man sich als Anleger nicht durch einen vorübergehenden Schwächeanfall beim Öl zu Aktienkäufen hinreißen lassen. Die Rahmenbedingungen am Parkett bleiben bescheiden, so dass ein weiterer Nachschlag der Pessimisten kaum zu vermeiden sein wird. Dabei sind insbesondere bei den energieabhängigen Titeln der Luftfahrt- und Automobilindustrie Abschläge zu befürchten. Die sehr zögerliche Erholung an der Wall Street und am Frankfurter Parkett lässt vermuten, dass der DAX noch Potenzial nach unten hat. Ein Rückfall bis auf 6800 Punkte ist das Minimalziel, aber auch ein weitergehender Rückschlag bis auf 6500 Punkte ist nicht auszuschließen. Pulver trocken halten. DAX vom 28. Mai: 7033 Punkte. .
0 Kommentare
Das Kommentieren ist aktuell nicht möglich.