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Nahrungsergänzung
Vitamin D (Calciferole, Vitamin-D-Hormon)
Die stoffwechselaktive Verbindung 1,25-(OH)2 -Vitamin D3 (Calcitriol) ist ein Steroidhormon, das seine physiologischen Effekte überwiegend über die Wechselwirkung mit Vitamin-D-Rezeptoren (VDR) ausübt. Ein unzureichender Vitamin-D-Status (25-OH-Vitamin D3 = Calcidiol im Serum < 70 nmol/l) spielt wahrscheinlich eine wichtige Rolle in der Pathogenese zahlreicher chronischer Erkrankungen wie Autoimmunerkrankungen, Diabetes mellitus Typ 1 und 2, kardiovaskulärer Erkrankungen und Krebserkrankungen.
Ein guter Vitamin-D3 -Status (Calcidiol im Serum 80 –160 nmol/l) scheint dem Risiko für die Entwicklung altersassoziierter Erkrankungen und Störungen des Immunsystems vorzubeugen, indem er den Alterungsprozess der Leukozyten verlangsamt. Vitamin D3 ist ein potenter Inhibitor der proinflammatorischen Immunantwort und vermindert die Zellteilungsrate der Leukozyten, wie an der Länge ihrer Telomere zu erkennen ist.
Telomere bilden die Enden unserer Chromosomen und sind essenziell für deren Stabilität. Mit jeder Zellteilung werden sie etwas kürzer. Unterschreitet die Telomerlänge ein kritisches Minimum, kann sich die Zelle nicht mehr weiter teilen. Es tritt dann der programmierte Zelltod oder ein permanenter Wachstumsstopp ein. Telomere fungieren sozusagen als in die Zelle eingebaute "Lebenszeituhr", die jede Zellteilung mitzählt.
Vitamin-D3 -Serumspiegel und Telomerlänge
In einer kürzlich publizierten, in England durchgeführten Studie wurden die Vitamin-D3 -Serumspiegel von 2160 Frauen zwischen 18 und 79 Jahren gemessen und anschließend mit der Länge der Telomere in den Leukozyten verglichen [1]. Nach der Anpassung der Ergebnisse an das jeweilige Alter der Frau und Korrektur störender Faktoren zeigte sich, dass Frauen mit höherem Vitamin-D3 -Serumspiegel längere Telomere haben. Der Abstand bei der Telomerlänge zwischen dem oberen und unteren Tertil (Unterteilung der Datenverteilung in drei gleich große Teile) der Vitamin-D3 -Serumspiegel betrug 107 Basenpaare. Das entspricht einer Lebenszeit von etwa zwei Jahren. Der Abstand wurde mit steigenden Werten für das C-reaktive Protein – einen Parameter für systemische Entzündungen – noch größer.
Der Leiter der Studie, Brent Richards, kommentierte diese Ergebnisse wie folgt: "Damit ist möglicherweise zum ersten Mal nachgewiesen worden, dass Menschen mit höheren Vitamin-D-Werten langsamer altern […] und warum Vitamin D bei mit der Alterung zusammenhängenden Krankheiten (z. B. Krebs) einen schützenden Effekt hat."
Vitamin D (Calciferole, Vitamin-D-Hormon)
Vitamin D (Calciferole), ist der Oberbegriff für eine Gruppe von Seco-Steroiden mit Vitamin-D-Aktivität. Man unterscheidet zwischen dem synthetischen Ergocalciferol (Vitamin D2) und dem in tierischen Lebensmitteln vorkommenden Colecalciferol (Vitamin D3). Von besonderer Bedeutung sind Vitamin D3 (Calciferol), 25-OH-Vitamin D3 (Calcidiol) und 1,25-(OH)2 -Vitamin D3 (Calcitriol: wichtigste metabolisch aktive Form).
- Calcitriol (Steroidhormon) fungiert als Ligand nukleärer Rezeptoren (VDR), die mit Retinol-X-Rezeptoren (RXR) Dimere (VDR/RXR) bilden und die Genexpression in zahlreichen Geweben steuern (z. B. Darm, Knochen).
- Knochenstoffwechsel: Aufrechterhaltung der Calcium- (Ca-Absorption im Darm, Ca-Reabsorption in Nierentubuli) und Phosphathomöostase mit Parathormon (PTH) und Calcitonin, Mineralisation, Suppression der Nebenschilddrüsenfunktion.
- Immunmodulation (siehe Tab. 1).
- Haut: Vitamin D hemmt Wachstum und fördert Ausreifung menschlicher Keratinozyten, wirkt antiproliferativ (→ Psoriasis).
- Herz-/Skelettmuskulatur: Stärkung der Muskelfunktion, neuromuskuläre Koordination, Verstärkung der ventrikulären Kontraktilität.
- Endokrine Regulation: Transkription hormonsensitiver Gene, negative endokrine Regulation des Renin-Angiotensin-Systems (→ Blutdruck↓).
- Pankreas: Aufrechterhaltung der Insulinsekretion der β-Zellen des Pankreas (Vitamin-D-Mangel vermindert Insulinsekretion).
- Antikanzerogene Eigenschaften: Förderung der Zellreifung und -differenzierung, Induktion der Apoptose, Down-Regulation der Telomerase.
Vitamin D3 (Colecalciferol) 1 I. E. = 0,025 µg 1 µg = 40 I. E.√ ok auf raster
Empfohlene Zufuhr (laut D-A-CH): Kinder, Jugendliche, Erwachsene, Schwangere und Stillende je 5 µg (200 I. E.), ab dem 65. Lebensjahr und älter 10 µg (400 I. E.) Vitamin D. Säuglinge ab dem Ende der 1. Lebenswoche bis zum Ende des 1. Lebensjahres 10 –12,5 µg (400 –500 I. E.) Vitamin D/d (Deutsche Gesellschaft für Kinderheilkunde).
Vitamin-D-Status: 25-OH-Vitamin-D3 (Calcidiol) im Serum:
a) defizitär: < 70 nmol/l; b) gute Versorgung: 80–160 nmol/l;
c) Osteoporose-Therapie: 100–200 nmol/l.
Umrechnung der Calcidiol-Konzentration: 2,5 ng/ml = 1 nmol/l√ ok auf Raster
Ein Grenzwert von 50 nmol/l sollte zu keiner Jahreszeit unterschritten werden. In den Wintermonaten werden die notwendigen Wellenlängen (280–310 nm) für die Vitamin-D-Synthese in der Haut durch die schräge Sonneneinstrahlung in der Atmosphäre herausgefiltert, sodass die Bioverfügbarkeit von Oktober bis März sehr gering ist. Eine Hyperkalzämie durch Vitamin-D-Intoxikation ist begleitet von Calcidiol-Serumspiegeln > 220 nmol/l.
Interaktionen mit Arzneimitteln/Nährstoffen: Beeinträchtigung der Resorption/Utilisation: Antazida (z. B. Mg-hydroxid-haltige Antazida), Colchicin, Colestyramin, Colestipol (Bindung von Gallensäuren), Corticoide, Laxanzien, Neomycin, Orlistat, Paraffinöl (bindet fettlösliche Vitamine), Zytostatika, Alkohol. Beschleunigung des Vitamin-D-Abbaus durch Enzyminduktion (CYP): Antiepileptika (Carbamazepin, Phenytoin, Phenobarbital, Primidon, Valproinsäure), Isoniazid, Protease-Inhibitoren, Rifampicin, Calciummangel, Alkohol.
Mangel/erhöhter Bedarf: Erhöhter Bedarf: Alter, Säuglinge, Kleinkinder, Schwangerschaft/Stillzeit, dunkle Hautfarbe, Körperverhüllung, Übergewicht. Erkrankungen: Arthrose, Herzinsuffizienz, Hypoparathyreoidismus, schwere Lebererkrankungen, Myopathien, multiple Sklerose, fortgeschrittene Niereninsuffizienz (verringerte Aktivität der 1α-Hydroxylase), Osteopathien, Psoriasis, Rachitis, Rheuma, Typ-2-Diabetes, Tuberkulose. Ernährung/Lebensstil: Geringe Vitamin-D-Aufnahme (fetter Seefisch), Calciummangel, rein vegetarische Kost, geringe Sonnenlichtexposition, Luftverunreinigungen. Genetische Defekte: Mutationen der 1α-Hydroxylase, des Vitamin-D-Rezeptors. Malabsorption: Chronisch-entzündliche Erkrankungen (z. B. Morbus Crohn), Kurzdarmsyndrom, Leber-, Gallenblasenerkrankung, Mukoviszidose, exokrine Pankreasinsuffizienz. Alter: Abnahme der Nierenfunktion, geringe Sonnenlichtexposition, reduzierte Eigensynthese der Haut, Heimbewohner. Winter (Regionen diesseits des 40. Breitengrades): Wellenlängen (280–310 nm) werden durch schräge Sonnenlichteinstrahlung in Atmosphäre herausgefiltert.
Mangelsymptome: Allgemein: erhöhte Infektanfälligkeit, depressive Verstimmungen, Müdigkeit, Schwäche, Schlafstörungen. Blut: Abfall der Calcidiol-Spiegel, Anstieg der alkalischen Phosphatase. Herz: Herzmuskelschwäche, Stauungsinsuffizienz. Knochen: Erhöhte Knochenresorption (erhöhte Pyridinium-Crosslinks Exkretion), Skelettdeformierungen (Rachitis, Osteomalazie), erhöhtes Frakturrisiko, Wachstums-, Entwicklungsstörungen (Kinder). Parathormon: Sekundärer Hyperparathyreoidismus (PTH-Anstieg). Muskulatur: Muskelschwäche, erhöhte Sturzrate im Alter, Myopathien, Spasmophilie, Tetanie. Erhöhtes Risiko für: Typ-1-Diabetes, Darm-, Mamma-, Prostatakarzinom, Non-Hodgkin-Lymphom, Herzinsuffizienz, Hypertonie (Stimulierung der Reninexpression), Influenza, multiple Sklerose.
Einnahme: Zu oder nach den Mahlzeiten. Voraussetzung für die optimale Wirksamkeit von Calcitriol ist eine ausreichende Calciumzufuhr. Bei Niereninsuffizienz sollte 1-α-OH-Vitamin D3 eingesetzt werden.
Gegenanzeigen:
absolut: Hyperkalzämie (Ca-Serumspiegel > 2,7 mmol/l), relativ: Nierensteinanamnese, Sarkoidose, Immobilisation.
Nebenwirkungen: Hypervitaminose D: Eine Hypervitaminose ist generell gekennzeichnet durch einen Anstieg der Calcidiol-Serumspiegel auf Werte von 400 bis 1250 nmol/l (160–500 ng/ml), wobei jedoch auch geringere Anstiege mit einer toxischen Wirkung verbunden sein können. Im Anfangsstadium verläuft die Intoxikation häufig symptomfrei. Zu den Symptomen einer Vitamin-D-Intoxikation gehören in Abhängigkeit von der Dosis und Behandlungsdauer als Folge der schweren und andauernden Hyperkalzämie und Hyperkalziurie akute Herzrhythmusstörungen, Schwäche, Müdigkeit, Kopfschmerzen sowie Übelkeit, Erbrechen und Bewusstseinsstörungen. Frühe renale Symptome einer Hyperkalzämie sind Polyurie und Polydipsie aufgrund verminderter Konzentrierungsfähigkeit der Nieren. Hyperkalzämie: Eine Hyperkalzämie durch Vitamin-D-Intoxikation ist begleitet von Calcidiol-Serumspiegeln über 220 nmol/l. Das Risiko einer Hyperkalzämie steigt ab einer regelmäßigen täglichen Zufuhr von etwa 100 µg (4000 I.E.) Vitamin D3 •
Hinweis: Für gesunde Erwachsene ist dauerhaft eine Zufuhr von bis zu 2000 I. E. (50 µg) Vitamin D3 /d unbedenklich.
Literatur[1] Richards JB, et al. Higher serum vitamin D concentrations are associated with longer leukocyte telomere length in women. Am J Clin Nutr 2007;86(5):1420-1425.[2] Vieth R. Vitamin D supplementation, 25-hydroxyvitamin D concentrations, and safety. Am J Clin Nutr 1999;69:842-856.Verfasser: Apotheker Uwe Gröber, Essen info@vitalstoffmedizin.de
Anwendungsgebiete |
Empfohlene Dosierung |
Applikation |
Allgemeine Prävention |
500–1000 I. E. Colecalciferol/d (in Wintermonaten: 1000–2000 I. E./d) |
p. o. |
Alter (> 60 Jahre) |
1000–2000 I. E./d |
p. o. |
Chronisch-entzündliche Darmerkrankungen |
1000–4000 I. E./d |
p. o. |
Depressive Verstimmungen, Winterdepression |
1000–2000 I. E. |
p. o. |
Diabetes mellitus |
1000–2000 I. E. |
p. o. |
Hypertonie |
1000–2000 I. E./d (plus Calcium) |
p. o. |
Hypo- und Pseudohypoparathyreoidismus |
10.000–200.000 I. E./d
CAVE: Serum-Calciumkontrolle, Dosisanpassung!
|
p. o. |
Langzeitmedikation mit Antiepileptika, Glucocorticoiden, MTX, Warfarin |
1000–2000 (4000) I. E./d |
p. o. |
Malabsorption, Vitamin-D-Mangel, -Prophylaxe (Gallen-, Pankreas-, Dünndarmerkrankungen) |
3000–5000 I. E./d oder 50.000–100.000 I. E. als Einzeldosis (i.m.) in individuellen Abständen (i. d. R. alle 3 Mo.) |
p. o., i. m. |
Multiple Sklerose |
2000–5000 I. E./d (50–125 µg/d) zusammen mit Calcium, Magnesium, Omega-3-FS;
alternativ:
alle 3 Monate 200.000 I. E. (i. m.) unter Kontrolle der Calcidiol-Spiegel!
|
p. o.
i. m.
|
Niereninsuffizienz, chronische (→ renale Osteopathie) |
0,5–1 µg Alfacalcidol (1α-OH-Vitamin D3) oder Calcitriol (1,25-(OH)2
-Vitamin D3), einschleichende Dosierung (z. B. 0,25 µg/2d) nach Calcium- und PTH-Spiegel! |
p. o. |
Osteoarthritis |
500–2000 I. E./d zusammen mit Glucosamin, Chondroitin |
p. o. |
Osteoporose |
Prophylaxe: 500–1000 I. E./d
Therapie: 1000–4000 I. E./d
|
p. o. |
Psoriasis |
0,25–1 µg Calcitriol/d einschleichend nach Calcium-Spiegel (auch topisch als Salbe) |
p. o. |
Rachitis |
Prophylaxe: 400–500 I. E. (10–12,5 µg)/d, 2. Lebenswoche bis Ende 1. Lebensj., im 2. Lebensj. v. a. während der Wintermonate!
Therapie: 1000–5000 I. E. Vitamin D/d über ein Jahr;
evtl. initial: 1 × 200.000 I. E. |
p. o. p. o. |
Schwangerschaft |
200–1000 I. E./d |
p. o. |
Stillzeit |
400–1000 I. E./d |
p. o. |
Tuberkulose |
2000–5000 I. E./d |
p. o. |
Weitere Anwendungsgebiete: Herzinsuffizienz, Krebs (z. B. Prostata), Mukoviszidose, Osteomalazie, hypophosphatämische Rachitis, Osteomalazie bei Ca-Plasmaspiegeln < 2,2 mmol/l, Polyarthritis, Psoriasis, Tuberkulose, Übergewicht. |
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